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Der Skorpion

Der Skorpion

Titel: Der Skorpion Kostenlos Bücher Online Lesen
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aufzugeben.
    »Irgendetwas mit ›Skandal‹«, sagte Watershed.
    »Was?« Pescoli sah ihn verständnislos an.
    »Die Botschaft.«
    »Die nehmen wir uns später vor«, fuhr sie ihn an. Die dummen Hinweise, die der Täter ihnen hinterlegte, interessierten sie im Augenblick nicht. Jetzt hatten sie ein Opfer, das sie vielleicht noch retten konnten und das ihnen womöglich den Namen des Mörders nennen würde.
    »Hat der Helikopter zufällig den Wagen entdeckt?«, fragte Chandler. Ein Korb wurde heruntergelassen. »Uns fehlen noch zwei Fahrzeuge, wenn wir davon ausgehen, dass diese Frau nicht Jillian Rivers ist.«
    »Sie ist es nicht«, erklärte Pescoli mit einem Blick auf die kleine Nase und den breiten Mund des Opfers. Das Haar war kurz und blond gesträhnt mit unverkennbarem spitzen Haaransatz, und ihre Augen hatten ein intensives, fast schwarzes Braun. Sie war groß und dünn, wahrscheinlich eins achtundsiebzig, neunundsiebzig, so mager, dass die Rippen hervorstachen, und trug mindestens Schuhgröße neun. Pescoli hatte die Fotos von Jillian Rivers noch im Kopf. Selbst wenn Rivers abgenommen, ihr Haar geschnitten und gefärbt und sich dunkle Kontaktlinsen eingesetzt haben sollte, hätte sie doch keine Ähnlichkeit mit den beiden Frauen gehabt, die sie an diesem Tag gefunden hatten.
    »Wo um Himmels willen ist sie dann? Warum haben wir ihren Wagen gefunden und nicht den von dieser Frau oder der Unbekannten vom Cougar-Pass?«, fragte Agentin Chandler und zog ratlos die Brauen zusammen. Ihr Atem stand wie eine Nebelwolke vor ihrem Mund.
    »Wir finden sie«, versicherte Halden, ihr Partner. Er war der Besonnenere von den beiden, wenngleich er im Augenblick gereizt wirkte, die Lippen zusammenpresste und mit Blicken die Umgebung absuchte, wo die zerfallenen Mauern einer einstmals einträglichen Jagdhütte teilweise von schneebedeckten Bäumen und Felsen verborgen wurden. Es war einsam hier oben, die gesamte Gegend wirkte heruntergekommen und vergessen.
    Das Opfer wurde in den Rettungskorb geschnallt und hochgezogen, und der Hubschrauber setzte zum Heimflug nach Grizzly Falls an, als die Kriminaltechniker eintrafen.
    »Wie um alles in der Welt hat er die Opfer an zwei verschiedene Stellen verfrachtet, meilenweit voneinander entfernt?«, knurrte Chandler wütend.
    »Eine nach der anderen. Zuerst das Opfer am Cougar-Pass, dann diese Unbekannte«, kommentierte Pescoli trocken. »Und ihre Initialen sind DE oder ED , wenn das Muster das gleiche geblieben ist.«
    »Ist es«, sagte Chandler. »Aber er steigert sich offensichtlich.«
    »Nicht nur das«, äußerte sich Pescoli. »Bis jetzt verdoppelt er. Er verringert nicht etwa die Zeitabstände zwischen seinen Morden, nein, er bietet uns etwas wie ›zwei zum Preis von einem‹. Zwei Frauen an einem Tag.« Voller Sorge betrachtete sie den Zettel und den Baum, an den das Opfer gebunden worden war. Die Rinde wies Blutspuren auf, rote Tropfen befleckten den Schnee. Wer immer die Frau auch war, sie hatte sich gewehrt und gekämpft.
    »Was hat das zu bedeuten?«, fragte Grayson.
    »Ich weiß es nicht.« Stephanie Chandler schüttelte den Kopf. »Wir müssen wissen, wer diese Frauen sind.«
    »Ich habe die Initialen beider Frauen schon über Funk an die Abteilung für Vermisstenfälle durchgegeben«, meldete Alvarez. Sie stand immer noch am Zugangsweg zum Tatort und achtete streng darauf, dass jeder neu Hinzugekommene sich in die Liste eintrug, als die Forensiker eintrafen.
    »Rufen Sie die Zentrale an. Sie sollen alle verfügbaren Detectives mobilisieren«, verlangte Sheriff Grayson. »Und ich möchte keine Klagen hören, weil doch Sonntag und in ein paar Tagen Weihnachten ist oder ein Kind die Grippe hat. Ich möchte jeden einzelnen Detective vorfinden, wenn wir in die Stadt zurückkommen. Überstunden sind kein Problem, und das Budget spielt auch keine Rolle. Haben die Funktürme den Betrieb wieder aufgenommen?«
    »Nicht alle, noch nicht«, antwortete Watershed. »Mit dem Strom verhält es sich genauso. Stellenweise ist er immer noch ausgefallen.«
    Ein Muskel zuckte in der Wange des Sheriffs, seine Lippen unter dem Schnauzbart waren schmal. Er setzte seinen Hut ab, musterte die Zypresse, den Beinahe-Mordschauplatz, und fuhr sich mit steifen behandschuhten Fingern durchs Haar. »Ich hasse diesen Killer«, knurrte er leise.
    Pescoli pflichtete ihm im Stillen bei. Sie betete, dass sie dieses Opfer rechtzeitig genug gefunden haben mochten. Dass DE oder ED , oder wie immer sie hieß,

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