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Der Skorpion

Der Skorpion

Titel: Der Skorpion Kostenlos Bücher Online Lesen
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Auto gerettet hatte. All seine Mühe war umsonst. Mit einem Kloß im Hals dachte Jillian an ihn. Und wie hatte sie ihm misstraut! Warum war sie nicht ihrem Instinkt gefolgt und ihm nähergekommen? Warum hatte sie ihn nicht berührt, geküsst? Jetzt erhielt sie diese Chance nie wieder. Jetzt würde sie, abgesehen von dem zarten Streicheln seiner Lippen über ihre Wange, seine Zärtlichkeit nie kennenlernen.
    Idiotin!
Beinahe hätte sie aufgeschluchzt. Tränen rannen ihr aus den Augen und gefroren auf den Wangen zu Eis.
    Um Himmels willen, Jillian, wieso weinst du und gibst dich auf? Erspar dir gefälligst dein Selbstmitleid. Tu was! Rette dich, Schätzchen. Zeig, aus welchem Holz du geschnitzt bist!
Grandpa Jims Stimme hallte durch ihren Kopf, obwohl er seit Jahren tot war und sie zu sehr Realistin war, um zu glauben, dass sein Geist durch die verschneiten Wälder dieser Berge streifte.
    »Hilfe!«, schrie sie lauter und senkte den Blick auf die Seile, die sie fesselten. Eines lag um ihre Taille und fixierte sie an die Zeder; ihre Hände waren vor ihrem Leib gefesselt. Dann war sie an Schultern und Beinen so fest an den Baumstamm gezurrt worden, dass die rauhen Fasern des Seils tief in ihre Haut schnitten, wodurch jede noch so kleine Bewegung Schmerzen verursachte. Außerdem taten die Rippen immer noch weh, und in dem verflixten Knöchel pochte es.
    Aber das wird dich nicht mehr lange stören, wenn dein Körper erst taub wird.
    Ihr Verstand klärte sich, der Äther verflog, der Drang, zu husten und zu spucken, ließ nach.
    Los, Jillian. Irgendwie musst du dich von diesen Fesseln befreien. Fang mit den Handgelenken an. Sieh zu, dass du die Hände frei bekommst.
    Doch ihre Finger reagierten nicht, konnten die verknoteten Seilenden nicht greifen. Mit dem Mund konnte sie sie auch nicht erreichen, da ihre Schultern fest an den Baumstamm gebunden waren. Sie dachte an den Mann, der sie hergebracht hatte, ein starker, entschlossener Typ, versessen darauf, sie zu vernichten.
    Warum?
    Und warum hatte er auf den Hund geschossen?
    Jillians Magen rebellierte bei dem Gedanken, dass Harley, der arme unschuldige Hund, sein Leben für sie gelassen hatte. Warum um alles in der Welt wollte jemand MacGregors Hund etwas antun? Wut kochte in ihr, und wenn sie je die Chance bekäme, würde sie diesem Kerl die Seele aus dem Leib prügeln. Dieser perverse, abartige Irre!
    Noch wütender, bei immer klarerem Verstand, schüttelte sich Jillian in dem Versuch, die Schulterfesseln tiefer rutschen zu lassen, so dass sie den Kopf beugen konnte, doch sosehr sie sich auch bemühte, sie erreichte nur, dass sie sich ihre ohnehin wunde Haut noch stärker abschürfte.
    Es war sinnlos!
    Du willst also aufgeben? Dich kampflos dem Erfrierungstod überlassen?
Die Stimme ihres Großvaters verhöhnte sie, und sie dachte an den harten alten Mann, der so freundlich und liebevoll gewesen war. Sie vermisste ihn so! Und jetzt, im Angesicht des Todes, vermisste sie auch ihre verrückte wichtigtuerische Mutter und sogar ihre oberflächliche Schwester. Dusti konnte eine solche Nervensäge sein, aber sie blieb doch ihre Schwester.
    Und dann war da Mason, ihr Ex-Mann. Hatte er sie in diesen Teil von Montana gelockt, sie mit Informationen über Aaron, mit Fotos von ihrem ersten Mann angefüttert? Fotos, die irgendwie eine dunkle Erinnerung wachriefen? Mason hatte ihr vorgeworfen, sie würde ihren ersten Mann immer noch lieben, sogar noch, nachdem sie schon lange verheiratet waren. Ihre »geistige Untreue«, wie Mason es nannte, hatte den Grundmauern ihrer Ehe einen großen Riss zugefügt, und sie hatte Mason nie davon überzeugen können, dass sie Aaron und die Erinnerung an ihn längst begraben hatte, obwohl seine Leiche nie gefunden worden war.
    War es eine Lüge gewesen?
    Jillian zitterte vor Kälte. Die Frage nach ihren Gefühlen für ihren angeblich toten Mann konnte sie sich nicht beantworten, doch sie sah auch keinen Grund dafür, dass Mason das alles jetzt wieder aufwärmte. Er hatte wieder geheiratet, behauptete, glücklich zu sein, »sein Leben im Griff zu haben«. Warum sollte er dann jetzt, lange nach der Scheidung, versuchen, sie nach Montana zu locken, auf ihren Reifen schießen und sie hier zum Sterben zurücklassen? Das ergab einfach keinen Sinn.
    Aber im Grunde ergab ja überhaupt nichts einen Sinn. Jillian biss die Zähne zusammen, wand und krümmte sich, doch dann hörte sie schwere, eilige Schritte. Sie hob den Blick, rechnete halb damit, dass ihr

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