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Der Skorpion

Der Skorpion

Titel: Der Skorpion Kostenlos Bücher Online Lesen
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für einen »Unfall« war, für den er vermutlich die Voraussetzungen schuf, indem er einen Reifen seines nächsten Opfers zerschoss und dann zu seiner »Rettung« auftauchte. So ging er vor. Zerschoss einfach die Reifen. Regan biss die Zähne fest zusammen.
    Der Gerichtsmediziner war überzeugt, dass die Frauen, die an abgelegenen Stellen in den Bergen an Bäume gefesselt aufgefunden worden waren, mindestens eine, wenn nicht zwei Wochen zur Genesung von ihren Verletzungen durch den Autounfall gebraucht hatten. Nach seiner Theorie hatte jemand alle drei Frauen medizinisch versorgt, bevor er sie nackt zu der Stelle brachte, wo er sie dann ihrem Schicksal, dem Tod, überließ.
    Pescoli überlegte, ob es eventuell weitere Opfer gab – solche, die den herbeigeführten Unfall nicht überlebt hatten, Glückliche vielleicht, die nicht den qualvollen Tod durch die Naturgewalten erlitten hatten –, doch sie verwarf diesen Gedanken. Bisher waren keine weiteren Autowracks gefunden worden.
    Nachdem sie Cisco gefüttert und sich vergewissert hatte, dass der Hund ausreichend Wasser für den Tag hatte, suchte sie ihr beengtes Schlafzimmer auf, um eine Hose und einen roten Rollkragenpullover – schließlich war ja Weihnachtszeit –, ihr Schulterhalfter, eine Jacke und Stiefel anzuziehen. Dann sah sie noch nach, ob die Weihnachtsbeleuchtung ausgeschaltet und die Außentüren verschlossen waren, und ging in die angebaute Einzelgarage zu ihrem Jeep.
    Vielleicht hatten sie heute Glück und konnten ihn stellen.
    Doch obwohl Detective Regan Pescoli eine Spielernatur war, mochte sie nicht darauf wetten.
    Noch nicht.
     
    Jillian parkte den Wagen auf ihrem angestammten Platz unter dem Carport und rannte zur vorderen Veranda. Regen prasselte vom Himmel. Die meisten Reihenhäuser waren weihnachtlich geschmückt; die glitzernden bunten Lichter waren wie helle Leuchtfeuer im Grau des Regens – Seattle im Dezember. Jillian kämpfte am Straßenrand, wo die Briefkästen für ihren Häuserblock standen, mit ihrem kleinen Schirm, schloss den Briefkasten auf und entnahm ihm einen hineingequetschten großen braunen Umschlag, auf dem ihr Name mit schwarzem Marker in Blockbuchstaben geschrieben war, die bereits im Regen zerliefen.
    »Toll«, sagte sie leise. Ein Windstoß erfasste ihren Schirm und stülpte ihn um. Dicke Regentropfen schlugen ihr ins Gesicht. Sie zog den Kopf ein und lief, den Pfützen ausweichend, über die Rasen zweier anderer Reihenhäuser und den Weg zu ihrer Haustür hinauf. Der Regen, vom Lake Washington kommend, malträtierte sie, bis sie endlich ihre Haustür aufgeschlossen hatte und Schutz im Haus fand. »Schätzchen, ich bin wieder da!«, rief sie beim Eintreten und zog die Tür hinter sich zu. Es war eigentlich ein Witz, aber hin und wieder kam Marilyn dann doch, wie auf ein Stichwort, aus der Küche im hinteren Teil des Hauses auf sie zu, miaute und begrüßte sie erwartungsvoll. Heute hatte sie allerdings kein Glück, und nachdem sie Schlüssel und Handtasche auf einem Tischchen abgelegt hatte, begann sie, die Post zu öffnen, zuerst den Umschlag mit dem Poststempel Missoula in Montana.
    Wo Mason, ihr Ex-Mann, lebte.
    Was mochte das sein? Irgendein Gerichtsbeschluss im Zusammenhang mit der Scheidung?
    Wer weiß, Mason war manchmal ein Schwein.
    Aber warum stand dann kein Absender auf dem Umschlag? Kein Computeretikett seiner Anwaltskanzlei?
    Während vom Saum des Mantels Wasser auf den Holzfußboden tropfte, riss Jillian den nassen Umschlag ohne Hilfe eines Brieföffners auf. Mehrere grobkörnige Fotos, die aussahen, als hätte ein Amateur sie mit dem Handy aufgenommen und am Computer vergrößert ausgedruckt, glitten auf den Tisch.
    Drei Bilder.
    Alle zeigten denselben Mann.
    Alle verschwommen und unscharf, als hätte sich das ohnehin in Bewegung befundene Objekt dann schnell abgewandt und wäre weggelaufen.
    Jillians Herzschlag drohte auszusetzen.
    O Gott, das konnte doch nicht sein!
    Sie knipste die Lampe an. Goldenes Licht ergoss sich über die Bilder, die sie in einer Reihe nebeneinandergelegt hatte, als wären es Standbilder aus einem Film.
    Die ersten beiden Aufnahmen zeigten den Mann im Profil, doch auf der dritten blickte er über die Schulter zurück in die Kamera, so dass sie seine Gesichtszüge trotz Bart und Pilotenbrille erkennen konnte.
    »Aaron?«, fragte sie laut, und der Name ihres ersten Mannes schien von den Wänden widerzuhallen. »Herr im Himmel, Aaron?«
    Tränen brannten in ihren Augen. Sie

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