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Der Skorpion

Der Skorpion

Titel: Der Skorpion Kostenlos Bücher Online Lesen
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hatte Seattle verlassen, ohne eine Menschenseele zu informieren außer ihrer neunzehn Jahre alten Nachbarin, Emily Hardy, die sie gebeten hatte, Marilyn ein paar Tage zu versorgen. Und jetzt befand sie sich mitten in der Wildnis Montanas, wo sich ein Schneesturm zusammenbraute. »Kehr um«, ermahnte sie sich in der Einsicht, dass sie derselben fixen Idee nachjagte wie schon seit Jahren.
    Hatte Mason, ihr zweiter Mann, ihr nicht genau das zum Vorwurf gemacht? »Und wenn schon.« Die Reifen des Subaru gerieten leicht ins Rutschen, und sie schaltete herunter. »Komm schon, komm schon.« Der Kleinwagen schoss vorwärts, der Motor heulte empört auf.
    Spruce Creek lag noch nicht so weit hinter ihr. Wenn sie eine Wendemöglichkeit auf der Straße fand, könnte sie umkehren und fürs Erste aufgeben.
    Der Gedanke an ein Bett und ein warmes Zimmer in einem Motel entlockte ihr einen Seufzer. Sie könnte sich einschließen, ihre Karte ausbreiten und die beste Route von hier nach Missoula suchen, wo sie Mason überraschen wollte.
    Aber Umkehren schmeckte zu sehr nach Aufgeben, und sie gab nie auf. Schon seit der dritten Klasse nicht, als ein Pferd sie abgeworfen und sie daraufhin beschlossen hatte, das Reiten endgültig an den Nagel zu hängen. Bis ihr Großvater sie mit seinen freundlichen blauen Augen fest angesehen und gesagt hatte: »Hey, Jillie, weißt du denn nicht, dass Aufgeben nur etwas für Zimperliesen ist? Ich hätte nie gedacht, dass du so eine bist, die wegläuft und sich versteckt, wenn es ein bisschen brenzlig wird.« Er hatte ihr wieder auf das augenrollende Pferd geholfen und es stundenlang am Zügel geführt, bis Jillians Selbstvertrauen wiedererwacht war. Also gab sie auch jetzt nicht auf. Grandpa Jim war zwar seit fünfzehn Jahren tot und begraben, doch sie hatte immer noch das Gefühl, er würde sie jedes Mal, wenn sie das Handtuch warf, beobachten.
    Sie biss die Zähne zusammen und sah die nächste Straßenbiegung auf diesem weißen, schneebedeckten Gebirgskamm vor sich. Vielleicht hatte sie endlich den Gipfel erreicht, wo die Straße sich zur nächsten Stadt herabschlängelte und sie ein Hotel oder eine Pension fand, wo sie die Nacht verbringen, eine ausgedehnte heiße Dusche nehmen konnte und …
    KRRRAAAACH !
    Jillian fuhr zusammen.
    Der scharfe Knall eines Gewehrs hallte durch die Schlucht.
    BAMM !
    Ein Vorderreifen platzte.
    »O nein!« Das Herz klopfte ihr bis zum Hals. »Nein!«
    Das Auto geriet völlig außer Kontrolle, schleuderte wild von einer Seite der vereisten Straße zur anderen.
    Nur nicht überreagieren!
    Nicht gegenlenken.
    Grandpa Jims Stimme füllte ihr Denken, und all die Ratschläge, die sie über das Autofahren bei Eis und Schnee gehört hatte, schossen ihr durch den Kopf.
    Mit blockierten Rädern rutschend, prallte der Subaru gegen die Eismauer am bergseitigen Straßenrand, schabte an Schnee und Eis entlang, um dann wieder auf die andere Seite dieses schmalen Bergrückens zu schleudern, auf den gähnenden Abgrund der Felswand zu, während Jillian versuchte, den Wagen wieder unter Kontrolle zu bekommen.
    »Bitte, o bitte …« Sie trat das Bremspedal durch und umklammerte das Steuer.
    Immer näher zum Rand des Bergrückens hin, wo nur Baumwipfel darauf hinwiesen, dass die steile Schlucht nicht bodenlos war, rüttelte und rutschte das Fahrzeug. »Nein, nein, nein!«, schrie sie. Schluss mit den guten Ratschlägen. Sie konnte nicht mit der Schleuderbewegung hin zum Abgrund lenken. Verzweifelt riss sie das Steuer herum, fort von dem gähnenden Schlund, wild entschlossen, den Wagen auf der Straße zu halten.
    Sie trat die Bremse bis zum Boden durch. Die Reifen ruckten unter ihr, das Antiblockiersystem versuchte, Halt auf dem eisigen Untergrund zu finden.
    »Nein«, zischte sie durch die Zähne mit hämmerndem Herzen und rotierenden Gedanken. Sie stand nahezu auf der Bremse, um das Tempo des unseligen Wagens zu drosseln!
    Sie stützte sich am Steuer ab, den Fuß fest auf der Bremse.
    Stopp! Stopp den Wagen jetzt, auf der Stelle!
    Ein Rad rutschte über den Rand der Schlucht.
    Der Wagen schaukelte wie verrückt.
    Wieder riss sie das Steuer herum. Mit aller Macht. Zu spät!
    Der Schwung trieb den Subaru über den Rand hinweg. Und dann stürzte das Fahrzeug, tauchte ein in die heraufziehende Nacht.
    Durch die Windschutzscheibe sah Jillian die Wipfel schneebedeckter Bäume, hörte das Scharren von Ästen an Unterboden und Seiten des Wagens.
    Glas splitterte.
    Metall verbog sich und

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