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Der Skorpion

Der Skorpion

Titel: Der Skorpion Kostenlos Bücher Online Lesen
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hörte nicht auf, den Hund zu kraulen, während er zu Jillian aufblickte.
    »Ich?«
    Er zuckte die Achseln.
    »Es ist einsam hier oben.«
    »Das ist keine Antwort auf meine Frage.«
    Sie lehnte sich mit der Schulter an den Türpfosten und sagte: »Wahrscheinlich so sehr wie Sie mich.«
    Ein Mundwinkel zuckte leicht, und seine Augen glitzerten. »So sehr, hm?«
    »Ja. So sehr.« Sie trat weiter ins Zimmer und bemühte sich zu übersehen, wie sein Kinn sich anspannte und seine Augen dunkler wurden und dass sein Haar lang genug war, um sich über Kragen und Ohren zu kräuseln. Sie ließ das Gefühl nicht zu, dass die Hütte mit ihrem knisternden Feuer und den Kerosinlaternen irgendwie kuschelig war. Daran durfte sie nicht einmal denken. Wollte es auch nicht.
    Es war blanker Wahnsinn, ihre Lage auch nur andeutungsweise romantisch zu finden. Sie hatte von Frauen gehört, die sich mit einem nahezu Unbekannten eingelassen hatten, den rätselhaften Fremden sogar mit zu sich nach Hause genommen und mit ihm geschlafen hatten. In diese Falle war Jillian nie getappt, war nie neugierig genug gewesen, um sich einem Fremden in die Arme zu werfen, oder so fasziniert von der möglichen Gefahr, dass sie alle Vorsicht in den Wind schlug. Sie war tapferer und mutiger als manche andere Frau, aber nicht tollkühn.
    Oder war es bis zu diesem Moment nie gewesen.
    Die einzige Erklärung war die, dass das tagelange Alleinsein mit einem Mann ihr Denken benebelt hatte. So war es wohl.
    Sie konnte sich doch unmöglich zu Zane MacGregor hingezogen fühlen.
    »Also«, sagte sie und ärgerte sich über ihre belegte Stimme. Sie räusperte sich und trat hinter das Sofa, während MacGregor Handschuhe und Skimütze zum Trocknen auf das Kaminsims legte. »Wie wär’s mit einer auf Sachkenntnis gestützten Einschätzung? Was glauben Sie, wann kommen wir hier raus?«
    »Wenn ich das voraussagen könnte, würde ich mich dem Wetterdienst verkaufen und ein Vermögen machen.«
    »Großartig«, sagte sie leise, humpelte zurück zu ihrem Sessel und setzte sich. »Nun ja, wenn Sie schon nicht die Zukunft voraussagen können, erzählen Sie mir vielleicht etwas von Ihrer Vergangenheit.«
    »Vielleicht«, sagte er, doch sie sah das Zaudern in seinem Blick, das kaum merkliche Zucken in seinen Augenwinkeln.
    »Als Sie draußen waren, haben Sie sich da hinter der Hütte aufgehalten oder … ich weiß nicht …« Die Sache war ihr überaus peinlich. »Ich hatte so ein ›Gefühl‹ oder wie immer man es nennen will, als ob jemand von draußen die Hütte beobachtete.«
    Seine Züge wurden hart, und Angst griff nach ihrem Herzen.
    »Hat der Hund reagiert?«
    »Nein … Ich dachte, Sie wären es vielleicht gewesen. Der da draußen gestanden und zur Hütte herübergesehen hat.«
    »Ich sehe nach.«
    »Nein, vermutlich war da gar nichts. Ich will nicht, dass Sie …«
    »Dass ich was, Jillian?«
    »Ich weiß nicht. Vielleicht leide ich wirklich unter Verfolgungswahn.«
    »Tja, das werden wir bald wissen.«
    Er zog sein Wetterzeug wieder an und griff nach seinen Stiefeln. »Du hattest einen Autounfall, weil jemand auf deinen Reifen geschossen hat. Das glauben wir zumindest.« Seine Gesichtszüge wirkten plötzlich sehr hart. »Ich gehe raus und sehe nach, was hier los ist.« Er pfiff nach seinem Hund. »Harley, komm.« Dann überlegte er kurz, griff in seine Tasche und warf Jillian einen kleinen Schlüsselring zu. »Kannst du mit einem Gewehr umgehen?«
    »Ja.«
    »Gut. Munition liegt im Schrank. Schließ die Tür hinter mir ab.« Und schon waren er und der Hund zur Tür hinaus.
    Jillian zögerte nicht eine Sekunde. Sie verriegelte das Bolzenschloss, dann ging sie geradewegs zum Gewehrschrank, nahm ein. 22 -Kaliber heraus, suchte nach der passenden Munition und lud das Gewehr. Dann wartete sie angespannt im Dunkeln, den Gewehrlauf auf die Eingangstür gerichtet.
    Sie lauschte angestrengt, rechnete halb damit, einen Schuss zu hören, vernahm jedoch nichts als das allgegenwärtige Rauschen des Windes, das Knacken der Holzbalken und das Ticken der Uhr.
     
    Pescoli deckte auf dem Computermonitor eine Karte über die andere – zuerst lud sie die topografische, dann zog sie die Straßenkarte darüber, auf der die Hütten der ihnen bekannten Winterbewohner markiert waren, dann eine weitere mit den Orten, an denen die Opfer und ihre Fahrzeuge gefunden worden waren. Die so entstandene neue Karte speicherte und druckte sie, in der Hoffnung, neue Einblicke in die Vorgehensweise

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