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Der Smaragdenregen

Der Smaragdenregen

Titel: Der Smaragdenregen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jurij Kusnezow
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Einverständnis in eine Welle verwandelt wurdest. Daß es dir aber nicht mehr möglich ist, das Land der Elme zu verlassen, haben wir dir schon erklärt.«
    Mann o Mann, dachte der Junge, da hat mich Großvaters Drachen ganz schön reingeritten! Was soll aus mir hier bloß werden?!
    Dann sagte und dachte er eine Weile gar nichts mehr. Er kam erst wieder zu sich, als er erneut ein leichtes Prickeln in seinem Innern spürte.
    »Sei nicht traurig, Kostja«, tröstete ihn dieses leise und sanfte Vibrieren. »Das Land der Elme ist nicht gar so schlimm, wie es dir im Augenblick erscheinen mag. Du mußt dich nur ein bißchen eingewöhnen, dich umschauen und Freunde finden. Du wirst sehr schnell mitbekommen, was zu tun ist.«
    Dann verstummten die Hämmerchen und Glöckchen wieder.

VIOLA
    Für einige Zeit blieb der Junge trotzdem allein. »Die haben gut reden mit ihrem ›Du mußt dich umschauen und dir Freunde suchen‹«, brummte er. »Ich komme mir hier vor wie in Großvaters stockdunklem Schuppen, wo man sich nur mit Tasten zurechtfindet.«
    Denn der alte Grigori sperrte seinen Enkel hin und wieder für eine Stunde in den Schuppen, wenn Kostja etwas ausgefressen hatte. Meist ging es dabei um Dinge, an denen er nichts besonders Schlimmes finden konnte, die den Erwachsenen jedoch aus irgendeinem Grund mißfielen. Da hatte er zum Beispiel einem Hahn ohne dessen Zustimmung ein paar Schwanzfedern ausgerissen oder sich vorübergehend die alte, fast schon durchgebissene Pfeife von Großvater ausgeliehen. Aber wie sollte er auch ohne diese unumgänglichen Utensilien Indianer spielen?
    Dennoch – liebend gern hätte er das Land der Elme jetzt gegen den finsteren, staubigen und auf seine Art trotzdem einmalig gemütlichen Schuppen eingetauscht. Wie dumm war er doch gewesen, dem Großvater deshalb zu grollen!
    Plötzlich hatte Kostja das Gefühl, neben ihm würde wieder ein Glöckchen zu klingen anfangen. Der Junge spannte sich innerlich.
    »Ich heiße Viola!« vernahm er eine sanfte, silberhelle Stimme, die eindeutig einem Mädchen gehörte. »Wenn du willst, mach ich dich mit unserem Land bekannt.«
    Kostja rümpfte erst mal die Nase: Die Jungs in seiner Schule hielten nichts davon, sich mit Mädchen abzugeben. Obwohl es unter ihnen natürlich solche und solche gab.
    Kostja selbst hatte eigentlich nichts gegen sie, und von diesem hier würde ja noch nicht einmal jemand etwas erfahren, wenn er sich nicht später selbst verplapperte…
    »Na und, was macht das schon, daß ich ein Mädchen bin?« antwortete übermütig die helle Stimme. Viola hatte die Gedanken des Jungen verstanden. »Ist noch gar nicht raus, wer beim Wettrennen wen überholen würde.«

    »Schon gut, und gib nicht so an. Das mit den Mädchen hab ich nicht so gemeint«, murmelte Kostja verlegen.
    »Na, dann los, gehn wir!«
    »Gehen? Wie denn?«
    »Entschuldige, ich habe ganz vergessen, daß du neu hier bist!« rief das Mädchen schuldbewußt aus. »Du mußt alles ganz genauso machen wie zu Hause. Wenn du laufen willst – läufst du, wenn du was sehen willst – guckst du. Laß dich nicht dadurch beirren, daß du eine Welle bist… Jetzt mach die Augen auf, ganz weit! Schau genau hin! Siehst du etwas?«
    Der Junge tat gehorsam, was Viola schon fast im Befehlston von ihm verlangte, und das Dunkel um ihn her begann sich in der Tat zu lichten. Zuerst noch ganz verschwommen, doch dann immer deutlicher erkannte er ein Gesicht mit blauen, leicht schrägstehenden Augen, umrahmt von blonden Locken. Gleich darauf sah er sich einem Mädchen in rosafarbenem Kleid gegenüber.
    »Hurra, Land in Sicht!« rief Kostja begeistert, wie ein Matrose auf einem Schiff, der nach langer Irrfahrt auf dem Meer plötzlich die Küste entdeckt.
    »Na wunderbar«, Viola lachte. »Und nun versuche, Arme und Beine zu bewegen. Schaffst du das?«
    »Aber ja, es geht! Möchte bloß wissen, weshalb ich das vorher nicht konnte?«
    »Du hast dich vorher auch bewegt, hast es nur nicht gemerkt. Und was das Sehen betrifft, hast du einfach die Augen nicht aufgemacht. Hast es mal kurz versucht, und als es nicht gleich klappte, die Flinte ins Korn geworfen! Hier aber muß man sich unheimlich anstrengen, wenn man etwas tun will, muß es ganz stark wünschen! Denn im Elmenland ist es in dieser Hinsicht kaum anders als bei euch: Es gibt Menschen und Tiere, Himmel und Erde. Dabei macht es nur wenig Unterschied, daß es sich hier um Wellen handelt! Du kannst alles um dich her sehen, berühren, spüren und

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