Der Sodomit
Schritte kamen immer näher. Nein, bitte. Mihály durfte ihn nicht so vorfinden. Auch wenn er ein freundlicher Mann war, dieser Anblick musste ihn verärgern. Ob er ihn fortscheuchte? Ob er ihn prügelte?
Augen zu.
Arme darüber.
Er konnte Mihály nicht entgegensehen.
Gott, was hatte er angerichtet?
„Josias?“ Seine Stimme war freundlich. Und nah. Er stand neben ihm, sah genau, was Josias getan hatte.
„Ich habe dir etwas zu essen mitgebracht und da ich ein wenig lesen wollte, hoffte ich auf deine Gesellschaft.“
Er blieb freundlich. Er sah seine Nacktheit, die Sauerei, die er angerichtet hatte, und blieb freundlich.
„Ich helfe dir.“ Eine Hand legte sich in sein Genick, ein Arm schob sich unter seine Schulter. Josias schluchzte vor Erleichterung.
„Ganz langsam. Wie heute Morgen.“
„Es tut mir leid.“
„Muss es nicht.“
„Doch.“ Wie er sich schämte vor diesem Mann.
*
Josias rannen die Tränen über die Wangen. Vorsichtig richtete Mihály ihn auf, legte die Arme um den mittlerweile kalten Oberkörper.
„Es ist nicht schlimm.“ Mit sanfter Gewalt drückte er Josias Kopf an seine Schulter. Der Junge seufzte dermaßen erleichtert, dass es Mihály rührte.
Langsam flossen die weißen Schlieren über Josias Bauch nach unten. Die Tücher zum Abtrocknen lagen zu weit weg, um sie zu holen. Er hätte Josias loslassen müssen, wenn auch nur für einen Moment. Das wollte er auf keinen Fall. Hätte er ihm nur mehr Zeit gelassen. Er wusste doch, dass Josias mit seinem Rücken nicht aufspringen und sich anziehen konnte. Andererseits hätte Josias vielleicht bis morgen in dieser unglücklichen Lage gesteckt. Seine Muskeln fühlten sich steinhart an. Er hatte zu lange auf dem Gestell gelegen.
Einhändig schüttelte Mihály die zusammengerollte Decke auseinander und legte sie um Josias.
„Iss etwas. Dann fühlst du dich besser.“ Mit seinem Hemdzipfel wischte er Josias Bauch trocken. Es war ohnehin reif für die Wäsche.
Josias sah an sich hinunter, probierte zu lächeln, aber auf halbem Weg zu den Augen blieb es hängen. „Es tut mir immer noch leid.“ Sein Gesicht verschwand nass an Mihálys Hals. „Aber ich freue mich trotzdem, dass du da bist.“
Diesmal schien ihn die Umarmung nicht zu stören. Er suchte sie. Blieb in ihr. Gleichmäßig strich Mihály über den kalt werdenden Rücken.
„Lass das mal“, nuschelte es aus seiner Halsbeuge. „Der Buckel ist hässlich und du sollst nicht ständig das Hässlichste von mir berühren.“
„Stell dir vor, ich streichle ihn weg.“ Wenn das möglich wäre, wäre Josias bis zum Abend ein gerader Mann.
Josias murrte, ließ es aber geschehen. Sie blieben sitzen, bis selbst Mihálys Rücken steif wurde. Josias’ war mittlerweile trotz des Streichens kalt.
„Ich ziehe mich besser wieder an.“ Er drehte sich aus der Umarmung und ging mit gesenktem Blick zu seiner Hose und dem Wams. Immer noch schniefend zog er sich an.
Mihály musste ihm nicht helfen. Aber er wollte es. Josias’ Finger zitterten, die Bänder glitten ihm aus der Hand. Mihály kniete sich vor ihn und nestelte sie in die Löcher des Wamses.
Der Moment war kostbar.
War reine Verführung.
Die Nähe zu Josias warmem Bauch. Zu seinem Duft aus Lust und Schweiß.
Mihály zog das Hemd hoch, tauchte mit seinem Kopf darunter. Seine Wange an die feuchte Wärme legen, seine Arme um die Hüfte schlingen, Josias für einen köstlichen Moment an sich drücken. „Versprich mir, dass du dich nie wieder schlecht fühlst, wenn du dir Lust bereitest.“ Sein Leben war eine einzige Qual gewesen. Jedes Quäntchen Lust, jeder Tropfen Freude der Welt stand ihm zu. Egal, was die Kirchenfürsten predigten.
Zögernd legte sich Josias Hand auf seinen Kopf, zärtlich fuhren sie über den Stoff des Hemdes. „Ich habe dabei an dich gedacht.“
„Ich weiß.“ Fremde Haut küssen. Um den Nabel. Fremd, vertraut, wieder fremd. Josias ’ Geschmack an seinen Lippen, seiner Zungenspitze. Das Seufzen des Jungen dabei hören.
Mihály rieb sein Gesicht über feste Muskeln und zarte Haut.
„Du bist mir nicht böse?“
„Nein.“ Mihály schüttelte den Kopf an Josias Wärme. Seine Nase verlor sich dabei in Düften, die ihn leicht und schwer, glücklich und traurig zur selben Zeit werden ließen. „Spätestens in meinem Bett werde ich dasselbe tun. Mit deinem Namen auf den Lippen.“ Er flüsterte diese gefährliche, unerhörte Wahrheit Josias Bauchnabel zu.
Der Junge keuchte, krallte
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