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Der Sog - Thriller

Titel: Der Sog - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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gesegelt war, hatte die schmerzhafte Landung seine Zähne aufeinander schlagen lassen (und ihn ein hübsches Stück Innenhaut der Wange gekostet) und sein Hirn durchgerüttelt wie geschälte Tomaten in einer Dose, die gegen eine Ziegelwand geworfen wird. Seine zunehmende Panik, weil Cate nicht ans Telefon ging, hatte das grelle Kopfweh an den Rand gedrängt. Die maßlose Verzweiflung und das elende Geschäft der Beerdigungsvorbereitungen hatten den bohrenden Schmerz weiter im Hintergrund gehalten, aber als aus traurigen Tagen traurige Wochen wurden, musste er sich eingestehen, dass sich Kopfschmerzen auf Dauer im dunklen Dachgesims seines Schädels eingenistet hatten.
    Die Entscheidung, die Wohnung in Ealing zu verkaufen, war die einzige in jenen bleiernen Wochen, die ihm leicht fiel. Er bot sie über einen hochgewachsenen und jovialen Makler an, mietete sich ein Zimmer im nahen Greenford und begann, sein Leben aus jenen Räumen zu lösen, die er auf Jahre mit Cate hatte bewohnen wollen.
    Ein Glück war nur, dass Cates Bruder und dessen Freundin sich freiwillig bereit erklärten, Cates und Nicholas’ Habseligkeiten einzupacken. Nicholas wusste, sie taten es nicht, um ihm weiteres Leid zu ersparen, sondern vielmehr damit fast alle Sachen von Cate an den Familiensitz in Winchmore Hill zurückgingen, ohne dass eine Szene nötig war. Er ließ es ohne Widerstand geschehen. Die Vorstellung, Make-up-Pinsel einzupacken, die nie wieder Cates Haut berühren würden, Kleider, die er nie wieder von ihren Schultern streifen würde, hatte seine Brust wie mit einem kalten Kleister zugepappt, und er war dankbar, als er schließlich einen kleinen Stapel Kisten, die mit » N« markiert waren, in der Diele vorfand.
    Er hatte soeben ein paar letzte unhandliche Kartons mit einem gerahmten Bild von ihm und Cate in den Flitterwochen auf den Orkneys obendrauf die Eingangstreppe hinuntergetragen, als er auf einer weggeworfenen Plastiktüte ausgerutscht war. Nach einer kurzen und durchaus angenehmen Empfindung von Schwerelosigkeit schienen ihm die Betonstufen entgegenzufliegen und trafen ihn mit brutaler Heftigkeit im Kreuz und am Hinterkopf. Seine Wahrnehmung der Welt setzte für ein paar Sekunden aus – es war, als hätte ein negativer, dunkler Blitz eingeschlagen.
    Als er die Augen wieder öffnete, war das Kopfweh verschwunden.
    Sicher, es war von einem heftigen Schmerz zwischen den Hüften und einem brennenden, kieselrauen Pochen auf der Kopfhaut ersetzt worden, aber die schwarzen Würmer im Innern seines Schädels waren plötzlich weg. Er lag reglos da, blickte zum schiefergrauen Himmel hinauf und genoss – zumindest für einen Moment – das Gefühl, dass der Schmerz vollständig von außen kam. Der Himmel hatte die Farbe eines alten Grabsteins, und ein Schwarm Stare zog schnell über ihn.
    Dann trat ein junger Mann in einer fleckigen Cordjacke in sein Blickfeld.
    Nicholas kam zu Bewusstsein, dass er wie ein Betrunkener wirken musste, und er hoffte, dies würde ihm das Recht einräumen, noch ein wenig liegen zu bleiben. » Alles in Ordnung«, sagte er.
    Der Junge sah ungerührt auf ihn hinunter. Er hatte schwere Tränensäcke unter den Augen, und seine Haut war blass wie Heringsschuppen. Die Hände huschten wie Wühlmäuse in den Taschen umher.
    Mist, dachte Nicholas. Vielleicht mache ich mich nicht verständlich genug. Er stand widerwillig auf und krümmte sich innerlich bereits in Erwartung der schwarzen Krallen, die sich in sein Gehirn bohren würden. Doch die Kopfschmerzen blieben aus.
    » Ich bin ausgerutscht«, sagte er.
    Der Junge zog die Hand aus der Tasche. Sie hielt einen Schraubenzieher. Nicholas registrierte gerade noch, dass es ein Phillips war, ehe ihm der Junge den verchromten Schaft mit Wucht in die Brust stieß. Nicholas zuckte reflexartig und wartete auf den überwältigenden Schmerz, der fraglos kommen musste. Der Junge zog den Schraubendreher heraus und stieß ihn dann von unten in Nicholas’ Magen.
    Nicholas wappnete sich. Aber kein Schmerz setzte ein.
    Der Junge beobachtete ihn, er hatte die Kiefer zusammengepresst, in seinen roten Augen glänzten Tränen. Er machte einen Schritt zurück, dann noch einen …
    Nicholas sah an sich hinab. Sein T-Shirt war noch ganz. Keine Stichwunden. Kein Blut. Kein Schmerz.
    Der Junge trat rückwärts vom Bordstein auf die Straße. Ein blauer Opel raste auf ihn zu, er war nur noch zwanzig, fünfzehn, zehn Meter entfernt.
    » He, du wirst gleich …«
    Der Wagen raste genau in

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