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Der Sog - Thriller

Titel: Der Sog - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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seinen Neuigkeiten. Er erzählte ihr, wie er Hannah Gerlic am Waldrand gefunden hatte. Von dem Regenpfeifer mit dem Runenkopf. Von dem Treffen mit Pritam und Laine. Seiner Festnahme durch die Polizei. Von der Entdeckung, dass Pritam in alle Einzelteile zerlegt wie ein Spielzeug im Krankenhaus lag und Laine in einen fiebrigen Schlaf ganz ähnlich wie Nelson gesunken war.
    Suzette sah den Puls in ihrem Handgelenk pulsieren wie ein unter ihrer Haut verstecktes winziges Geschöpf.
    » Ein Schnitt an ihrer Wange, sagst du? Wie denkst du, ist das passiert?«
    Er erzählte ihr, was er auf Pritams Computer entdeckt hatte. Dass 1850 ein weiblicher Sträfling namens Rowena Quill vom County Meath nach Australien deportiert worden war.
    » Rowena«, sagte Nicholas leise. » So heißt das Mädchen in dem Gesundheitskostladen.«
    Suzette ließ sich schwerfällig sinken. » O Mann«, flüsterte sie.
    Beide schwiegen eine Weile.
    » Wie geht es Nelson?«, fragte Nicholas.
    » Okay, so weit. Immer noch krank, immer noch … Ich weiß nicht Nicky. Ich glaube, sie lässt nicht locker.«
    » Aber er wird wieder gesund?«
    Suzette nickte, ehe ihr klar wurde, dass er sie nicht sehen konnte. » Ich denke schon. Sag mal, trägst du das Halsband noch?«
    » Ja.«
    » Dann behalt es an. Behalt es an, nimm dir ein Taxi zum Flughafen und flieg runter zu uns. Ein taktischer Rückzug. Komm hierher, und wir denken uns einen Plan aus. Und wir überlegen, wie wir Mum ebenfalls nach Sydney holen.«
    » Ich werde darüber nachdenken«, sagte er.
    » Nicky …«
    Aber sie hörte nur noch statisches Knistern im Telefon. Er hatte aufgelegt.

27
    Der Gang zu den Läden in der Myrtle Street war der anstrengendste, den Nicholas in seinem Leben unternommen hatte. Jeder Schritt erschien ihm alptraumhaft langsam, als würde er durch Teer waten. Als er in Sichtweite der Läden war, wollte er nur noch zusammenbrechen und in einen schwarzen Schlaf sinken.
    Der Gedanke, dass sie dort war, ließ ihn weitergehen.
    Der Regen hatte nachgelassen, aber noch immer murmelte es dunkel und tief aus austernfarbenen Wolken, und die Hügel im Westen wurden von den Vorboten eines schwereren Regens verhüllt.
    Schlammige Rillen vom Motorrad des Postboten liefen durch das Gras des Fußwegs. Als Nicholas den Blick über die sich überschneidenden Spuren wandern ließ, hielten seine bleischweren Füße plötzlich an. An einer Stelle wich die Reifenspur von der tieferen Furche ab und verlief in V-Form zu einem Briefkasten und zurück. Eine Linie mit einem Pfeil an der Seite. Thurisaz.
    Schreie aus der Ferne ließen ihn zum Himmel blicken.
    Eine Schar Vögel kreiste über ihm, ihre Flügel blitzten mit schwarzen Oberseiten und grauen Unterseiten auf, so dass sie in einem Moment eine fast unsichtbare graue Wolke waren und im nächsten ein schwarzer Pfeil am Himmel. Da und weg. Sichtbar, unsichtbar. Dunkel, hell.
    Ohne nachzudenken, kniete Nicholas nieder und stieß Zeige- und Mittelfinger in den Schlamm. Er war kalt. Mit der linken Hand hob er seinen Pullover an und setzte seine weiße Brust der Kälte aus. Dann zog er mit den Schlammfingern seiner Rechten eine senkrechte Linie über seine Brust, an die er seitlich einen Halbdiamanten setzte.
    Er sah zum Himmel hinauf. Die Vögel flogen über die grünen und roten Blechdächer und entfernten sich. Er ließ sein Hemd sinken, wusch sich die Finger im gurgelnden Rinnstein und trat unter die Markise der Myrtle-Street-Läden.
    » Hi«, sagte er.
    Rowena blickte von einem Katalog für Vitaminpräparate auf. Sie trug eine schlichte Bluse und Jeans. Sie lächelte. » Selber hi.«
    Nicholas nickte, wischte sich die Füße an der Matte ab, schloss die Tür und schob den Riegel vor, der sie von innen verschloss. Er drehte sich zu Rowena um.
    Sie runzelte die Stirn, das Lächeln glühte wie ein Abendrot in ihrem Gesicht nach. » Was …?«
    » County Durham«, sagte er.
    Sie sah ihn lange an. Dann hob sie die Schultern zu einem leichten Achselzucken. Die Veränderung geschah gleitend und erschreckend schnell. Die sonnige Unschuld auf ihrem hübschen Gesicht verschwand, als wäre ein Stromkabel durchtrennt worden. Ein unsichtbarer Schleier senkte sich auf ihre angenehmen Züge und ließ sie irgendwie schärfer, katzenartiger erscheinen. Glatter, fraulicher und wissender. Sie stand auf. Ihre braunen Augen schienen größer und dunkler zu werden. Sie lächelte.
    » Das ist lange her«, sagte sie. Ein Akzent jetzt, irisch.
    Nicholas sah sich um. »

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