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Der Sog - Thriller

Titel: Der Sog - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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Mädchen malte quälend langsam sein Buch aus. Sein Gesicht lag im Schatten. Der Passagier neben ihr drehte sich im Schlaf um und streckte seinen Arm mitten durch ihren Kopf.
    Die Stewardess strich ihren Rock glatt. » Ich habe keine Ahnung, Sir. Die Fluggesellschaft behält solche Informationen für sich. Ich muss Sie bitten, während des Flugs nicht über … solche Dinge zu sprechen.«
    Sie warf einen Blick auf den leeren Sitz gegenüber von Nicholas, dann entfernte sie sich, gespenstisch lautlos und eine Spur zu schnell.
    Nicholas schaute ebenfalls hinüber. Die Hände des Mädchens hatten aufgehört zu malen. Sein Blick war auf ihn gerichtet, als es erneut zu zittern und blau anzulaufen begann.
    Er wandte den Kopf ab und schloss die Augen.

2
    Die Luft war kalt. Doch es war eine leichte, flüchtige Kühle, völlig anders als die eingewurzelte und bleierne Kälte eines britischen Winters.
    Nicholas überquerte den Parkplatz zu der Reihe der weißen und silbernen Mietautos und las die Stellplatznummern vom Asphalt ab. Er hatte nur einen kleinen Koffer bei sich. Er fand seinen Wagen, drückte auf die Fernbedienung und ließ den Kofferraumdeckel aufspringen.
    Über ihm funkelten winzige Lichter am Himmel.
    Sterne. Ich bin in eine Stadt zurückgekehrt, wo man die Sterne noch sehen kann.
    Er drehte sich langsam im Kreis und ließ den Blick über die Sternbilder wandern. Da war es: das Kreuz des Südens. Er hatte erwartet, dass ihn dessen Anblick nach so vielen Jahren mit tequilawarmer Nostalgie durchströmen oder der Hoffnung einen Stoß versetzen würde wie ein Defibrillator. Stattdessen: nichts.
    Der kühle Juliwind fuhr in sein Haar. Die fünf Sterne des Kreuzes blieben unbeeindruckt. Wir haben Camper geleitet, Liebende gewärmt, die Zeigefinger von Vätern und die Augen nickender Kinder auf uns gezogen. Was hast du getan? Deine Frau ums Leben gebracht. Klasse. Willkommen zu Hause.
    Nicholas stieg ein und ließ den Wagen an.
    Das Knochengerüst einer Stadt verändert sich nicht. Vielleicht wird ihre Haut straffer oder schwabbelig, wenn Vorstädte in Mode kommen oder verfallen; an manchen Stellen mögen sich Krähenfüße ausbreiten – neue Straßen, neue Adern in den frisch gemästeten Wanst. Aber das Skelett ihrer Gründerstraßen, das Blut seines Flusses, das Schädeldach des niedrigen Bergs, der wie ein blinkender Kalvarienberg über ihr thronte mit seiner Dornenkrone aus Sendetürmen … das alles hatte sich nicht verändert.
    Es ging auf 23.00 Uhr zu. Nicholas fuhr durch die fast leeren Straßen und wunderte sich, wie schnell er vorankam. Er war so auf das Verkehrsgewühl Londons programmiert, dass ihm derart ruhige Innenstadtstraßen einen Schauder über den Rücken jagten und er sich fragte, ob alle andern vielleicht um eine geheime Apokalypse wüssten, die unmittelbar bevorstand und von der einzig er ausgeschlossen war.
    In den siebzehn Jahren, seit er den Coronation Drive zuletzt gesehen hatte, waren dem Verkehrsweg ein paar zusätzliche Spuren und in Welle geschaltete Ampeln gewachsen. Doch als er über den breiten, schwarzen Fluss blickte, waren ihm die gespiegelten Lichter der Fabriken und Wohnhäuser, die auf der vom Wind aufgewühlten Oberfläche blinkten, noch tief vertraut; er hätte wieder ein Kind auf dem Rücksitz des Wagens seiner Mutter sein können, während die kleine Suzette inmitten eines Bergs bunter Probetüten von der Landwirtschaftsmesse leise neben ihm schnarchte.
    Parallel zu der Schnellstraße am Fluss lief die Eisenbahnlinie, ihre Pfeiler kamen gelegentlich zwischen neuen gläsernen Bürotürmen und als Anwaltskanzleien und Restaurants wiederauferstandenen Stadthäusern aus dem 19. Jahrhundert zum Vorschein. Während er an ihnen vorbeifuhr, sagte er laut die Namen der Bahnhöfe auf, es waren dieselben, durch die er jeden Tag auf dem Heimweg von der Kunstakademie gerattert war. Jede Station hatte ihn seinem Zuhause und einer raschen Mahlzeit näher gebracht, und dann waren Stunden in der Garage gefolgt, wo er einen Stuhl aus Kaffeedosen zusammennietete oder eine Gewebewand aus Lautsprecherdraht flocht – ehrgeizig, voller Begeisterung, schon damals von einer Designertätigkeit in London träumend.
    London hatte sich jedoch als wenig begeisternd herausgestellt. Ende der Achtziger kam es ihm wie eine Wüste aus mürrischen Gesichtern vor, die abgehärmt über farbenfrohen, breitschultrigen Jacketts saßen, und es herrschte eine laute und aufgesetzt fröhliche Geschäftigkeit auf

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