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Der Sog - Thriller

Titel: Der Sog - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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Motorrad nehmen musstest.
    » Sei still.«
    Schau doch, sagte die Stimme in seinem Kopf. Du streitest mit dir selbst. Die abschüssige Bahn in den Wahnsinn. Kein Wunder, dass du keinen Job lange behalten hast.
    Nein. Das stimmte nicht. Er wurde nie entlassen. Er war immer von sich aus gegangen.
    Und warum das?
    Weil das alte Zeug, mit dem er seinen Lebensunterhalt verdiente, vorzugsweise in alten Häusern zu finden war. Und je älter das Haus, desto größer die Chance, dass es darin …
    Er wollte das Wort nicht denken.
    Los, sag es. Es beißt nicht. Nicht mehr.
    » … spukte«, flüsterte er.
    Das Wort hing in der Luft wie Verzweiflung im Schlafzimmer eines Sterbenden. Es blieb hängen, als wäre es selbst ein Geist, bis Nicholas es mit einem leisen Aufschluchzen wieder einsaugte.
    Die Zeit war hier stehen geblieben.
    Während er sich in Gedanken durch das Dornengestrüpp seiner letzten Monate in London geschleppt hatte, hatten ihn seine Hände wie von allein auf die Carmichael Road und die Wohnstadt seiner Kindheit gelenkt.
    Tallong.
    Achtzehn Jahre lang war es sein Heimatort gewesen. Keine zwanzig Jahre nach Gründung der Stadt Mitte des 19. Jahrhunderts war hier bereits die Erde aufgebrochen worden. Dann hatte man die sanften Hügel von Tallong von ihrem dichten Urwald befreit, mit Bauernhöfen gesprenkelt und mit friesischen Kühen und Schafen besetzt. Aber aus der Stadt war eine Großstadt geworden, und je mehr sie sich aufblähte, desto mehr Kiesstraßen durchzogen die Viehweiden von Tallong. Typische Häuser, mit Nut- und Federbrettern verkleidet, und mit einem einzigen Fenster auf der Vorderseite, das unter einem Wellblechgiebel hervorblinzelte, begannen sich entlang der neuen Straßen auszubreiten – Straßen, deren Namen gelegentlich von den Aborigines stammten, die zumeist aber englisch waren und luftig wie offene Sulkys und unbekümmert optimistisch wie die Menschen, die hier bauten. Pennyworth Street. Wool Street. Harts Avenue. Princess Street.
    Trambahnschienen wurden verlegt, Gasleitungen kamen in die Erde. Asphalt bedeckte den Kies. Telefonmasten wurden zwischen gähnenden Palisanderbäumen und festlich rot überzuckerten Banksien gepflanzt.
    In den Sechzigern, als die Erinnerung an die Entbehrungen des Krieges und der Lebensmittelrationierung nicht mehr schmerzten, betrachtete man die Holz- und Blechhäuser allmählich mit Augen, die durch den Anblick von Raketenstarts in Kennedy, Baikonur und Woomera geschärft worden waren. Manche Häuser wurden abgerissen und durch monolithische Kästen aus hellem Ziegel und gelbem Glas ersetzt. Sickergruben wurden geleert und verschlossen. Kanalisationsrohre wurden verlegt. Tallong wurde grün, fett und behäbig, eine selbstzufriedene Lady, die gemütlich an einer trägen Flussschleife lagerte, die dicke Königin eines gut gebauten Bienenstocks. Das einzig verbliebene Stück Wildnis war eine ausgedehnte Ecke unberührten Urwalds am Rand der Stadt. Zwei Quadratkilometer dicht bewaldeter, welliger Hügel, die eigentlich nur darauf warten sollten, gerodet und verkauft zu werden, um mit tausend neuen Häusern zu glänzen.
    Es war der Anblick des Walds, der Nicholas veranlasste, die Luft scharf einzuziehen und auf die Bremse zu treten. Er war immer noch da, der Wald.
    Er blickte aus dem Seitenfenster. Er befand sich auf der Carmichael Road, der Straße, auf der er fast jeden Tag zur Schule und wieder nach Hause gegangen war, bis etwas passierte, als er zehn war. Etwas, das ihn seine Route ändern ließ. Aber auch dann noch war er einmal die Woche an dem Wald vorbeigekommen, in Bussen, die ihn zur Highschool brachten, oder zu Fuß auf seinem Weg zum Bahnhof, wenn er zum College fuhr.
    Siebzehn Jahre lang war er fort gewesen. In dieser Zeit musste sich der Wert der Häuser hier verdreifacht haben. Doch dieses riesige, dicht bewaldete Stück Land lag weiter unbehelligt am Rand der Siedlung. Der Mond war inzwischen aufgegangen und färbte den Pelz der Baumwipfel silbern. Die Masse des Waldes blickte finster darunter hervor, wie verdunkelte Augen unter einer strengen Stirn, beobachtend …
    Er öffnete die Wagentür und trat in die frische Nachtluft hinaus. Er ging über das knisternde Gras des Niemandslands zwischen der Carmichael Road und dem Waldrand mit seinen schwarzen Zähnen.
    Wie konnte es sein, dass der Wald immer noch da war? Irgendein Investor hätte sich den fetten Brocken doch längst schnappen müssen, ihn roden, zerteilen, neue Straßen mit

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