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Der Sog - Thriller

Titel: Der Sog - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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er die kalte, feuchte, köstliche Luft ein.
    » … den Notarzt rufen!«
    » Beweg ihn nicht!«
    Er atmete pfeifend aus und versuchte, sich aufzusetzen, aber durch die Bewegung bohrten sich neue Eiszapfen aus Schmerz in ihn.
    » Er lebt noch!«
    Nicholas wollte seinen Beitrag zu der optimistischen Stimmung leisten und versuchte zu flüstern, dass er in Ordnung sei, aber er brachte nur ein kraftloses Hauchen heraus.
    Eine Frau und ein Mann standen über ihm, er konnte sie durch die vor Schmerz tränenden Augen nur undeutlich erkennen.
    Aus der Frau ergossen sich Worte wie Murmeln aus einem aufgeplatzten Säckchen. » Wir wollten gerade ausparken und haben nicht geschaut, und es tut uns so wahnsinnig leid …«
    » Sag nicht, dass es uns leidtut«, zischte ihr Mann im Flüsterton.
    » Hab ich nicht gesagt.«
    » Doch!«
    » Handy?«, röchelte Nicholas.
    Das Paar nahm Konturen an: zwei pferdegesichtige Menschen in aufeinander abgestimmtem Tweed, die auf dieses verunglückte, sprechende Wunder hinunterblickten.
    » Natürlich.« Der Mann gab ihm sein Gerät. Nicholas’ Daumen zitterte beim Wählen. Er lockerte seinen Helm, während Wird gewählt auf dem Schirm blinkte.
    » Mein Motorrad?«, flüsterte er.
    Der Mann hob den mit einer Chauffeursmütze aus Tweed bedeckten Kopf und spähte über den Rand seiner Brille hinweg.
    » Ist ziemlich im Eimer. Sie wissen, dass Sie bluten?«
    » O mein Gott! Er blutet?!«
    Nicholas hob die Hand, um die Frau zum Schweigen zu bringen. Ein Klicken, als am andern Ende abgehoben wurde.
    » Ja?«
    Cate. Nicholas’ Herzschlag verlangsamte sich. Erleichterung durchströmte ihn wie Sonnenlicht.
    » Cate.«
    » Hallo, Bärchen. Was gibt es?«
    » Cate.« Er war so glücklich, ihre Stimme zu hören. Aber warum? Er war doch erst vor einem Augenblick weggefahren …
    » Nicky? Wo bist du? Bist du unterwegs?« Besorgnis jetzt in ihrer Stimme. » Ich habe das Motorrad gehört und – oh Gott, hattest du etwa einen Unfall?«
    Ihre Stimme wurde schwächer.
    » Es ist nichts, mir geht es gut. Nur ein kleiner Blechschaden. Aber du? Geht es dir gut?«
    Er war so glücklich. Glücklich und verwundert. Sie war in Ordnung. Warum hatte er sich solche Sorgen gemacht?
    Die Welt schien sich irgendwie aufzulösen. Das pferdeartige Paar verdunkelte sich, ihre Gesichter verschmolzen mit den Schatten der Bäume. Der Regen zischte anhaltend.
    » Ich mache mir um dich Sorgen. Wo bist du? Nicky? Nicholas?« Ihre Stimme war dünn und weit entfernt, Worte wie vom Grund eines Brunnens.
    » Ich bin hier … aber dir geht es gut!«
    » Nicholas?«
    Rumms.
    Ein graues Bahrtuch fiel über die Welt und verdüsterte alles. Aus Grau wurde Schwarz. Aus Abend wurde Nacht.
    » Es geht dir gut …«, flüsterte er.
    Rumms.
    Rumms.
    Nur ein kleiner Stoß, der ein Klirren wie von Eis auslöste. Rumms. Irgendwo raschelte Papier.
    Nicholas öffnete ein Auge einen Spalt weit. Es war Nacht. Auf jeden Fall war es dunkel. Und sein Gesicht war kalt und feucht; von oben kam ein kühles Zischen. Regnete es noch? Er konnte nur verschwommen sehen.
    Rumms.
    Er öffnete das andere Auge und blinzelte.
    In der Flugzeugkabine war es dunkel wie in einem Kino. Die Jalousien aus Hartplastik waren heruntergezogen. Die kühle Luft war von Körpergeruch und Eau de Toilette durchsetzt. Passagiere lagen reglos mit bis zum Hals hinaufgezogenen Decken und offenem Mund im Schlaf. Die meisten Lichter waren aus, aber einige private Oasen aus Gelb und Blau sprenkelten den Raum, hier las eine Frau, dort schaute ein Mann mit Kopfhörern auf einen kleinen Bildschirm. Weiter vorn im Gang sah eine Stewardess nach ihren Schützlingen, sie bewegte sich lautlos wie ein guter Geist zwischen den Passagieren hindurch.
    Hinter Nicholas trank jemand: Eis klirrte im Glas. Auf der andern Seite des Gangs malte ein Mädchen von sechs oder sieben Jahren ein Bild aus.
    » Oh Gott …« Nicholas wandte den Kopf zum Klang des verzweifelten Flüsterns, ehe er merkte, dass es von ihm selbst stammte. Seine Nase war von Schleim verstopft. Er berührte sein Gesicht. Seine Wangen waren feucht und kalt unter der Luft, die aus der Lüftungsdüse an der Decke zischte.
    Er hatte im Schlaf geweint.
    Wenn ich jetzt die Augen schließe und wieder einschlafe, dachte er, kann ich zurück. Zurück zu der wundervollen Lüge, dass Cate damals am Telefon war, besorgt, aber am Leben.
    Doch es war zu spät. Die ganze Wahrheit rauschte wie durch Schleusentore in sein Bewusstsein und spritzte ihn

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