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Der Sog - Thriller

Titel: Der Sog - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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freudig.
    » Wir sehen uns bald wieder, mein Hübscher.« Ihre uralte Stimme war jetzt trocken wie Asche. » Garnock-lob?«
    Zwei heiße Spieße drangen in das Fleisch von Nicholas’ nacktem Oberschenkel, und das Feuer rauschte zu seinem Schädel hinauf. Die Welt versank in Dunkelheit.
    Er träumte, er sei ein Vogel.
    Seine Beine waren taub, denn sie waren fort. Sein Kopf war ebenfalls fort, schmerzlos und verschwunden. Doch sein Körper – obschon tot und aufgedunsen durch Verwesung – hatte noch Empfindungen. Er war durchnässt und kalt. Ameisen krochen darüber und forschten nach Stellen, wo sie nisten und fressen konnten. Er war ganz zufrieden damit, hier zu liegen und zu verwesen, bis er spürte, wie ihn etwas in die Seite stieß. Ohne Augen konnte er nichts sehen, aber er wusste, es war ein Junge mit einem Stock in der Hand, der ihn anstieß, seinen Tod störte, ihn auf den Weg hinauszuzerren versuchte. Er war der Vogel, aber er war auch der Junge. Alles war jedoch gut.
    Denn das ist der Plan. Das müssen wir ihm bringen. So schließt sich der Kreis.
    Aber der stochernde Stock?
    Fleisch, nicht Stock. Fleisch und Blut. Denn Blut ist das einzige Opfer, das den Herrn zufrieden stellt …
    Nicholas’ Augen öffneten sich verschlafen.
    Eine umfangreiche Frau stand über ihm und stieß ihn mit der Spitze eines leuchtend bunten Regenschirms. Nicholas schrie. Die Frau schrie ebenfalls und taumelte rückwärts. Trotz ihrer Größe bewegte sie sich erstaunlich schnell.
    » Er lebt!«, rief sie ihrem Mann im Wagen auf der Straße zu. Sie eilte auf den Beifahrersitz, und der Wagen brummte vorbei.
    » Dreckiger Junkie! Eine Schande!«, brüllte der Mann, ehe er rasch das Fenster nach oben fuhr und davonraste.
    Nicholas lag in dem trockenen Schwertgras vor dem Wald. Alles tat ihm weh. Seine Hände und Füße fühlten sich an, als wären sie nicht aus Fleisch, sondern nasser Staub, schwer und leblos. Seine Kleidung war feucht. Sein Herz hämmerte dumpf, und sein Kopf fühlte sich an, als wäre er voll säurehaltigem Sand. Er konnte sich jedoch bewegen. Er drehte sich zur Seite, zog die Knie an und richtete sich langsam auf allen vieren auf. Speichelfäden hingen ihm von den schlaffen Lippen. Die Minute, die es dauerte, bis er sich auf die Fersen kauern konnte, erschien ihm wie eine Ewigkeit.
    Er saß schwer atmend von der Anstrengung auf dem Weg und schielte auf seine Armbanduhr. Es war 16.30 Uhr. Die Sonne küsste die Dächer im Westen. Eine Armlänge entfernt lag der tote Würgervogel auf dem Weg, der geflochtene Kopf war wieder am Körper befestigt, und die abgetrennten Beine ragten daraus hervor wie Geweihe. Neben Nicholas lag eine saubere Plastiktüte von 7-Eleven. Er streckte unter Schmerzen die Hand aus und hob sie auf. Sie enthielt eine nagelneue Taschenlampe und ein Dose Insektenvernichtungsspray, unbenutzt und mit intaktem Deckel.
    Nicholas sah auf seine Knie hinab. Keine Spur von dem giftigen Schlamm zerquetschter Spinnenleiber – doch seine gesamte Kleidung war klatschnass.
    War alles nur ein Traum gewesen?
    Er blickte auf seine Hand. Zwischen Zeigefinger und Daumen waren zwei rot geränderte und schmerzende Einstiche. Der Schmerz in seinem Oberschenkel verriet ihm, dass er dort zwei weitere Wunden finden würde.
    Sie war das, dachte er. Sie hat meine Sachen gewaschen. Eine neue Lampe und ein Spray gekauft. Sie hat es getan, damit mir niemand glaubt, wenn ich die Geschichte erzähle. Damit ich sie selbst nicht glaube.
    Aber er konnte es beweisen! Er konnte jetzt sofort in den Wald laufen, zu den Tunneln unter dem Wasserrohr, und der linke würde voller zerrissener Spinnennetze und toter Spinnen sein. Doch er wusste mit kalter Klarheit, dass er den Tunnel von den toten Spinnen gesäubert vorfinden würde, und voller neuer, lebender, die fleißig neue Netze spannen. Und die leere Dose war sicherlich nirgendwo zu sehen.
    Er blickte zum Wald. Im Licht des späten Nachmittags brütete er düster und geduldig vor sich hin. Heute würde er auf keinen Fall mehr da hineingehen.
    Sie hat erreicht, was sie wollte.
    Dann fiel ihm die runzlige Hand ein, die ihn gestreichelt hatte, seine Ejakulation, der Schrecken des katzenartigen Gewichts auf seiner Brust, als sie beim Orgasmus auf und ab ging. Er fühlte sich aufs Äußerste erschöpft. Vergewaltigt. Leer.
    Er rappelte sich auf und begann langsam in Richtung Bymar Street zu taumeln.

12
    Nicholas saß auf seinem Sofa. Seine Kehle war wund vom Würgen. Die Bisse (

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