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Der Sog - Thriller

Titel: Der Sog - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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Spinnenbisse, wie er sich erinnerte) pochten schmerzhaft, und er überlegte zum hundertsten Mal, ob er zur Notaufnahme fahren sollte. Und zum hundertsten Mal sagte er sich, dass die unvermeidlichen Fragen zu keinem guten Ergebnis führen würden. Eine Riesenspinne, sagen Sie? Ja sicher, so etwas haben wir hier ständig. Entschuldigen Sie mich bitte einen Moment, ich muss nur kurz telefonieren. Und wenn er andeutete, die Bisse stammten von einer Schlange, würde das nur zu weiteren Tests, weiteren Fragen führen. Die Einstiche waren nicht entzündet, und es ging ihm zunehmend besser. Er würde hierbleiben.
    Er war so müde. Doch sobald er wegzudösen begann, kehrte das Alptraumbild der alten Frau, die ihn streichelte, während ihr haariges Schoßtier auf seiner Brust saß, in furchtbarer Lebendigkeit zurück. Es kostete ihn alle Kraft, die Tür vor dieser Vision zu schließen und sich dagegen zu lehnen, damit sie zublieb. Sie offen zu lassen und jene Augenblicke als auf dem Rücken liegender Gefangener im Wald noch einmal zu durchleben, würde ihn jedoch in den Wahnsinn treiben.
    Woher weißt du, dass du nicht schon verrückt bist?
    Er sprang zur nächsten Rille in der zerkratzten Schallplatte seiner Gedanken: Geh zur Polizei.
    Aber was sollte er ihnen erzählen? Dass die Männer, die die Morde an Tristram Boye und Dylan Thomas gestanden hatten, logen? » Vergessen Sie ihre Geständnisse, ihre Fingerabdrücke, ihre Reifenspuren, Sergeant! Die wahre Täterin ist eine alte Frau, die in einer komischen kleinen Hütte im Wald wohnt. Ja, ganz recht, nur ein Stück die Straße entlang von meiner Wohnung. Zu ihren Hobbys gehören Spinnenzucht und ihren Geiseln einen herunterholen.«
    » Das sind ja erstaunliche Neuigkeiten, Mr. Close. Genau der Durchbruch, den wir brauchten, um diese wasserdicht abgeschlossenen Fälle neu aufzurollen. Wie haben Sie das übrigens herausgefunden?«
    » Tja, das ist das Raffinierte dabei: Ein Geist hat mich hingeführt.«
    Das Miststück wusste Bescheid.
    Die alte Frau wusste, dass es in einer normalen Welt keinen Platz für Geschichten über riesige Spinnen und Gebrüder-Grimm-Erdbeeren gab. Wenn er erzählte, was passiert war, würde man es als das Gefasel eines Verrückten einstufen. Nein, sie wusste, Polizei war keine Gefahr.
    Geh weg. Zieh nach Melbourne.
    Und wenn du liest, dass in Tallong ein weiteres Kind verschwunden ist? Wie wirst du dich dann fühlen?
    Scheiß drauf. Ich bin ja nicht der Mörder.
    Ach. Aber sie hat dein Sperma in einem Glas.
    Nicholas war plötzlich hellwach. Eine vollständige Szenerie tauchte in seinem Kopf auf: ein Autopsietisch, ein kleiner Junge mit dem Gesicht nach unten auf dem Edelstahl, ein Mann im Labormantel, der mit einer Spritze eine milchig weiße Substanz aus dem Anus des toten Jungen zieht und in ein Glas mit der Aufschrift » Beweismittel« spritzt.
    Großer Gott! Er musste auf jeden Fall umziehen. Sich ein Alibi schaffen. Ein sichtbares Leben führen und sich mit Leuten umgeben, die bezeugen konnten, dass er nie wieder in diese Stadt zurückgekehrt war.
    Aber Mum lebt hier.
    Katharine war ohnehin nur einen Schritt davon entfernt, ihren Sohn für einen Mörder zu halten. Vergiss sie!
    Er lief auf und ab.
    Nein. Seine Mutter und er mochten sich nicht allzu gut verstehen, aber sie hierzulassen, an diesem verfluchten Ort, in dieser mörderischen Stadt, wäre falsch.
    Dann bewege sie ebenfalls zum Umzug nach Süden!
    Du weißt, dass sie nicht gehen würde.
    Seine Möglichkeiten gingen zur Neige.
    Du könntest dich umbringen.
    Selbstmord. Er wälzte den Gedanken in seinem Kopf hin und her wie einen Eiswürfel auf der Zunge, kostete ihn, fühlte seine glatte Kühle. Tod. Er hatte unmittelbar nach Cates Unfall viel darüber nachgedacht. Er hatte sich überlegt, wie er es anstellen könnte (Tabletten? Ein Schnitt in die Halsschlagader? Sich aufs Dach des Leadenhall Buildings schleichen und springen?) – bis zu dem Nachmittag, an dem er seine letzten Habseligkeiten aus der Wohnung in Ealing getragen hatte und auf der Treppe ausgerutscht war, um kaum aufgestanden von dem wildäugigen Keith Yerwood durchbohrt zu werden. Danach hatten ihn seine Visionen von Toten – insbesondere seine Vision von Cates letzten Augenblicken – davon überzeugt, dass ihn nichts Gutes erwartete, wenn sein Herz zu schlagen aufgehört hatte. Sicher, er würde endlich keine toten Kinder mehr sehen, wenn er sich selbst umbrachte, aber würde es verhindern, dass weitere starben?

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