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Der Sohn der Schatten

Der Sohn der Schatten

Titel: Der Sohn der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Marillier
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nicht Fionns Sohn oder seine Tochter trüge.
    »Ich wollte ein Kind von Ciarán«, sagte sie leise. »Mehr als alles andere auf der Welt. Aber die Göttin hat mir diesen Wunsch nicht gewährt.«
    »Und das ist gut so«, entgegnete ich, und es fiel mir schwer, nicht die Geduld zu verlieren. »Das hätte den Uí Néill wirklich nicht gefallen.«
    »Scherze nicht darüber, Liadan. Du kannst nicht einmal hoffen zu verstehen, wie es sich anfühlt, einen Mann mehr als alles andere auf der Welt zu lieben, mehr als das Leben selbst. Wie wunderbar es wäre, das Kind dieses Mannes in deinem Körper zu tragen, selbst wenn der Mann selbst … für dich verloren ist.« Sie begann leise zu weinen. »Woher solltest du auch von solchen Dingen wissen?«
    »Ja, wirklich, woher«, murmelte ich und reichte ihr ein sauberes Taschentuch.
    »Liadan?«, fragte sie nach einer Weile.
    »Hm?«
    »Du sagst immer wieder, ich muss nicht zu Fionn zurückkehren, ich muss nicht zurück nach Tirconnell. Aber wohin gehe ich?«
    »Das weiß ich noch nicht. Aber mir fällt etwas ein, das verspreche ich dir. Vertrau mir.«
    »Ja, Liadan.« Sie war so demütig und fügsam, dass es mich erschreckte. Denn die Zeit wurde knapp. Die Männer würden nicht allzu lange im Süden bleiben, da der Winter vor der Tür stand und sie sich um ihr eigenes Land kümmern mussten. Wenn der Mond wieder halb voll war, würden sie hier sein, und tatsächlich hatte ich noch kaum einen Plan. Niamh konnte nicht einfach nach Hause kommen, zumindest nicht ohne Erklärung. Sie musste irgendwo anders hingehen, an einen Ort, an den ich sie bringen konnte, bevor Fionn zurückkam. Sie musste versteckt bleiben, zumindest für einige Zeit. Später vielleicht konnte man die Wahrheit sagen, und sie könnte nach Sevenwaters zurückkehren. Ein christlicher Konvent wäre der beste Ort, vielleicht irgendwo im Südwesten, fern von der Küste, fern von den Überfällen der Nordmänner. Ein Ort, wo man nicht einmal den Namen Sevenwaters kannte. Es gab keinen Ort, wo die Uí Néill nicht bekannt waren, aber diesen Teil konnte man vielleicht verschweigen. Wenn jemand ihr nur eine Weile Zuflucht gewähren würde, wenn Fionn irgendwie davon überzeugt werden könnte, dass sie gegangen war und für immer, wenn … ich verlor schnell die Geduld mit mir selbst, wenn ich wusste, dass ich nirgendwohin gelangte, und begriff, wenn ich nicht sehr bald einen durchführbaren Plan fand, würden wir keine Zeit mehr haben. Es wurde immer offensichtlicher, dass ich allein nicht weiterkam.
    Ein Versprechen war ein Versprechen, und es konnte nicht gebrochen werden. Ich war der Ansicht, dass Niamh sich irrte. Wie konnte die Allianz Liam oder Conor oder meinem Vater wichtiger sein als Niamhs Glück? Ihr geschlagener Körper und der Schatten in ihrem Blick wären doch sicher ein zu hoher Preis für die zukünftige Unterstützung des Uí Néill, trotz all seinem Wohlstand und seiner großen Truppe von Kriegern. Aber ich hatte Niamh mein Wort gegeben. Außerdem ging es um mehr als um die Allianz. Es gab ein Geheimnis, das sie alle vor uns wahrten. Es stand etwas Größeres hinter dieser Geschichte – etwas, das wir nicht verstanden; etwas so Schreckliches, dass ich den Eindruck hatte, mit der größten Vorsicht vorgehen zu müssen, um nicht das Böse zu erwecken, von dem sie nur mit leisen Stimmen und gehetzten Blicken sprachen.
    Eines war mir allerdings klar. Ich musste Niamh hier wegbringen, bevor die Männer zurückkehrten, und es gab niemanden im Haushalt, auf den ich mich verlassen konnte. Sie waren alle Eamonns und Aislings Leute und würden keine Geheimnisse vor ihrem jungen Herrn und der Herrin haben. Und wurde nicht jeder Wagen durchsucht? Ich dachte an Verkleidungen und tat die Idee sofort wieder ab, denn ich wusste, dass die sorgfältige Überwachung aller, die hinein- und hinausgingen, dazu führte, dass wir sofort entdeckt würden. In meinem Kopf drehten sich die Pläne, und jeder war unwahrscheinlicher als der vorherige.
    In der Neumondnacht konnte ich meine besondere Kerze nicht anzünden, denn sie stand immer noch in meinem Zimmer in Sevenwaters. Aber nachdem Niamh schlief, entzündete ich eine andere und stellte sie nahe dem Fenster auf und saß während der dunkelsten Stunden daneben. Und nun, als ich Brans Bild in meinen Kopf rief, saß er nicht mehr unter fremden Bäumen, sondern ging unruhig in einer vertrauteren Umgebung auf und ab. Eine Laterne warf Schatten auf die kunstfertig gebauten Wände,

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