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Der Sohn der Schatten

Der Sohn der Schatten

Titel: Der Sohn der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Marillier
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Vorkehrungen getroffen werden. Dann kümmere ich mich um meinen Sohn. Er wird Hunger haben.« Und ich kümmere mich auch um die Hunde.
    Danke, Liadan. Vielleicht kannst du mir später deinen Sohn zeigen.
    ***
    Liam war überraschend verständnisvoll, obwohl ich eine Besprechung mit seinen Hauptleuten unterbrochen hatte, um ihm die Nachricht zu bringen. Sofort wurden Befehle ausgegeben, dass alle Hunde in die Zwinger oder den Stallbereich gebracht wurden, zumindest für die nächste Nacht und den nächsten Tag, und dass die Leute sich zurückhalten und die Familie in Ruhe lassen sollten. Liam kettete seine eigenen Wolfshunde noch an, während er sprach, und sie wurden in vorübergehende Gefangenschaft geführt, wobei sie ihrem Herrn tadelnde Blicke zuwarfen.
    »Du bist ein gutes Mädchen, Liadan«, sagte Liam, bevor er zu seiner Besprechung zurückkehrte. Von ihm war das seltenes Lob. Er neigte nicht sonderlich dazu, sich anerkennend auszusprechen. Ich fragte mich, wie gut er wohl von mir denken würde, wenn ich ihm die Wahrheit sagte.
    »Danke, Onkel.«
    Es wurde spät, der Abend dämmerte. Es war nur noch ein Tag übrig, und ich sehnte mich danach, an der Seite meiner Mutter zu sein und diese letzten Stunden mit ihr zu teilen. Aber wie sich das Rad dreht und das Leben davongleitet, drängt sich auch neues Leben lärmend in den Vordergrund, drängt danach, anerkannt zu werden, begierig, auf seinem Weg weiterzukommen. Mein Sohn konnte nicht warten. Er war wach und hungrig, und ich schickte das Kindermädchen zum Abendessen und setzte mich hin und stillte ihn. Die Kupferschüssel war bereits halb gefüllt mit warmem Wasser, aber das Mädchen hatte ihn noch nicht gebadet, denn sie wusste, dass ich das gern selbst tat. Ich öffnete mein Kleid und bot ihm die Brust, und er klammerte sich daran, saugte begierig und schlug mit seiner kleinen Faust dabei sanft gegen mein Fleisch, während seine ernsten grauen Augen mich forschend beobachteten. Ich summte leise vor mich hin und empfand diese seltsame Ruhe, die über einen kommt, wenn die Milch fließt, als würde einem eine innere Macht befehlen, ruhig zu bleiben, während das Kind sich satt trinkt. Später würde ich Johnny zu meiner Mutter bringen, wenn sie noch wach wäre. Nun war Finbar bei ihr, und sie waren besser miteinander allein. Sorcha hatte viele Abschiede vor sich, aber das war bis auf einen vielleicht der schwerste.
    Nach einer Weile legte ich Johnny an die andere Brust. Er begann zu protestieren, klammerte dann den Mund um die Brustwarze und trank weiter. Für ein so kleines Kind hatte er einen gewaltigen Appetit. Ich dachte an Conors Vorschlag, zu den Nemetons zu gehen. Dass sowohl ich als auch mit der Zeit mein Sohn zu den Weisen gehören könnten. Ich dachte an die Anweisungen des Feenvolks. Der Junge muss im Wald bleiben. In keiner dieser Zukunftsvorstellungen gab es einen Ort für den Vater meines Sohnes.
    Johnny schlief. Heute Abend würde er nicht baden. Janis sagte ohnehin, dass ich ihn zu oft badete, es sei unnatürlich, dass ein Kind so sauber sei oder so viel Zeit im Wasser verbrächte. Wer war er, scherzte sie, ein Sohn von Manannán mac Lir, dem Seegott? Aber ich lachte nur über ihre Bemerkungen. Denn Johnny liebte das Wasser so sehr, er trieb gern in dieser Wärme und bewegte Arme und Beine in der beweglichen, stets veränderlichen Umgebung. Ich konnte ihm dieses kleine Vergnügen nicht verweigern und versprach ihm, dass wir im Sommer im See schwimmen würden. Wenn er älter war, würde ich ihm beibringen, wie man von den Felsen springt und zum Ufer schwimmt, wie ich es vor langer Zeit zusammen mit Sean und Niamh gemacht hatte. Ich würde ihm zeigen, wie man dort liegen konnte und sich von der Sonne den Rücken wärmen ließ, wie die uralten Steine einen hielten, während man die Finger ins Wasser steckte und die silbrigen Fische vorbeischwammen. Das wird dir gefallen.
    Ich schloss mein Kleid wieder, stand auf und wollte den Jungen in die Wiege legen, aber als ich an der Schale abkühlenden Wassers vorbeikam, blitzte etwas auf der Oberfläche, flüchtig wie ein Regenbogen. Hatte ich es wirklich gesehen? Ich ging näher heran, Johnny warm und entspannt in meinen Armen, und starrte in das stille Wasser. Ich zwang mich, reglos zu bleiben wie ein stehender Stein, stiller als der tiefste Gedanke.
    Das Wasser bewegte sich, schlug kleine Wellen, ja es schien kochen zu wollen, aber es war keine Hitze darin. Ich spürte, wie die Tür sich hinter mir leise

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