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Der Sohn der Schatten

Der Sohn der Schatten

Titel: Der Sohn der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Marillier
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recht schwierig. Zu klein, zu dünn, zu blass, zu still. Das alles hätte man über mich sagen können. Ich war allerdings nicht unzufrieden mit dem Gesicht und dem Körper, die ich von meiner Mutter geerbt hatte. Ich war glücklich mit dem, was Niamh verächtlich als meine ›kleine Runde durch die Dörfer‹ bezeichnet hatte. Ich wünschte mir keine Abenteuer. Ein Bauer wäre genau richtig für mich.
    »Worüber lächelst du?« Wütend sah mich meine Schwester an. Die Kerze ließ ihren Schatten riesig und bedrohlich wirken, als sie sich nun aufsetzte und die Tränen aus den Augen wischte. Noch jetzt, wo ihr Gesicht vom Weinen geschwollen war, war es von blendender Schönheit.
    »Nichts Besonderes.«
    »Wie kannst du lächeln, Liadan? Es ist dir gleich, oder? Wie kannst du dir vorstellen, dass ich dir je etwas sagen könnte? Sobald du es weißt, weiß Sean es auch, und dann wissen es alle.«
    »Das ist ungerecht. Einiges verrate ich Sean nicht, und es gibt auch Dinge, die er mir nicht erzählt.«
    »Ach ja?«
    Ich antwortete nicht, und Niamh legte sich wieder hin, mit dem Gesicht zur Wand. Als sie schließlich sprach, war es in einem anderen Ton, zitternd und tränenreich.
    »Liadan?«
    »Hhm?«
    »Es tut mir Leid.«
    »Was?«
    »Was ich gesagt habe. Über dich. Ich habe es nicht ernst gemeint.«
    Ich seufzte. »Schon gut.« Immer, wenn sie wütend war, sagte sie verletzende Dinge und nahm sie später zurück. Niamh war wie ein Herbsttag, voller Überraschungen, Regen und Sonnenschein, Schatten und Helligkeit. Selbst wenn sie grausame Worte sprach, war es schwer, wütend auf sie zu sein, denn sie meinte es nicht böse. »Ich suche ohnehin nicht nach einem Mann«, sagte ich ihr, »also zählt es wohl kaum.«
    Sie schnaubte und zog die Decke über den Kopf, und weiter kamen wir nicht.
    ***
    Die Jahreszeit ging weiter auf Beltaine zu, die Arbeit auf dem Hof nahm ihren Lauf, und Niamh zog sich tiefer und tiefer in sich selbst zurück. Hinter verschlossenen Türen gab es hitzige Wortwechsel. Der Haushalt war ganz anders als üblich. Als Eamonn schließlich zurückkehrte, wurde er ganz besonders herzlich willkommen geheißen, denn ich glaube, wir waren alle froh über ein wenig Abwechslung, die die Spannung zwischen uns lindern würde. Und die Geschichte, die er zu erzählen hatte, war tatsächlich so seltsam, wie die Gerüchte nahe gelegt hatten.
    Wir hörten sie am Abend seiner Ankunft, als wir nach dem Abendessen in der Halle saßen. Trotz der Jahreszeit war es kalt, und Aisling und ich hatten Janis geholfen, Glühwein zu machen. Unser Haushalt war in Sicherheit, und wir trauten jedem hier, also erzählte Eamonn seine Geschichte ganz offen, denn er wusste, wie sehr sich alle dafür interessierten, was mit ihm und Seamus und seinen Männern geschehen war. Von den dreißig, die Liam geschickt hatte, waren nur siebenundzwanzig zurückgekehrt. Eamonns eigene Verluste waren viel größer gewesen, ebenso wie die von Seamus Rotbart. In drei Haushalten weinten nun Frauen. Dennoch war Eamonn als Sieger zurückgekehrt, wenn auch nicht ganz auf die Weise, wie er sich das vorgestellt hatte. Ich beobachtete ihn, wie er seine Geschichte erzählte, hier und da etwas mit einer Geste unterstrich, und manchmal fiel ihm eine Strähne braunen Haars in die Stirn, die er automatisch zurückstrich. Ich glaubte, dass sein Gesicht mehr Linien hatte als früher; er trug für einen so jungen Mann eine schwere Verantwortung. Kein Wunder, dass einige ihn für humorlos hielten.
    »Ihr wisst bereits«, sagte er, »dass wir mehr gute Männer verloren haben, als wir uns bei diesem Unternehmen leisten konnten. Ich kann euch versichern, dass ihr Leben nicht leichtfertig weggeworfen wurde. Wir haben es hier mit einem ganz anderen Feind zu tun als denen, die wir kennen, den Briten, den Nordmännern, den feindlichen Häuptlingen in unserem eigenen Land. Von den einundzwanzig Kriegern, die in meinem Dienst gestorben sind, wurden nicht zwei auf dieselbe Art getötet.«
    Alle begannen aufgeregt zu murmeln.
    »Ihr habt die Geschichten sicher gehört«, fuhr Eamonn fort. »Es mag gut sein, dass sie sie selbst verbreitet haben, um die Angst zu vergrößern. Aber diese Gerüchte beruhen auf Tatsachen, wie wir selbst entdecken konnten, als wir schließlich diesem Feind gegenüberstanden.« Er erzählte weiter von einem nördlichen Nachbarn, mit dem er einen lange währenden Disput geführt hatte, der schließlich zu Taten führte, zu Überfällen und

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