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Der Sohn der Schatten

Der Sohn der Schatten

Titel: Der Sohn der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Marillier
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Angelegenheiten, um die er sich kümmern musste. Ich war daher überrascht, als er in meinen Garten kam, kurz nachdem ich mit der Morgenarbeit begonnen hatte, als wäre die Verabredung, die wir Wochen zuvor getroffen hatten, nur verschoben worden.
    »Guten Morgen, Liadan«, sagte er höflich.
    »Guten Morgen«, erwiderte ich und machte mich daran, weiter die verblühten Blüten der alten Heckenrose zu schneiden. Wenn ich sie jetzt zurückschnitt, würden sie im Spätsommer viele weitere Blüten treiben. Die Hagebutten konnten später als kraftvolles Heilmittel verwendet oder zu einem wohlschmeckenden Gelee gekocht werden.
    »Du hast zu tun – ich will dich nicht von der Arbeit abhalten. Aber wir brechen bald auf, und ich wollte vorher mit dir sprechen.«
    Ich wagte einen Blick. Er sah tatsächlich recht blass und ausgesprochen ernst aus. Der Krieg hatte ihn weit über seine Jahre hinaus altern lassen.
    »Ich nehme an, du ahnst, worüber ich mit dir sprechen möchte.«
    »Nun ja«, sagte ich und begriff, dass ich keine andere Wahl hatte, als aufzuhören, so zu tun, als wäre ich beschäftigt, und ihm zuzuhören. Es wäre hilfreich gewesen, wenn ich auch nur die geringste Ahnung gehabt hätte, wie ich antworten sollte. »Möchtest du dich eine Weile hinsetzen?« Wir gingen zu der Steinbank, und ich setzte mich hin, den Korb auf den Knien, das Messer immer noch in der Hand, aber Eamonn setzte sich nicht. Stattdessen ging er auf und ab und ballte dabei die Fäuste. Wie konnte er nach allem, was er durchgemacht hatte, wegen dieser Sache so unruhig sein? Aber das war er tatsächlich, daran bestand kein Zweifel.
    »Du hast gestern Abend gehört, was ich erzählt habe«, sagte er. »Diese Verluste haben bewirkt, dass ich lange und intensiv über vieles nachgedacht habe. Tod, Rache, Blut. Finstere Angelegenheiten. Ich hätte nicht geglaubt, dass ich so hassen könnte; es ist kein angenehmes Gefühl.«
    »Dieser Mann hat dir ganz sicher Unrecht getan«, sagte ich bedächtig, »aber vielleicht solltest du es hinter dir lassen und dich weiterbewegen. Hass kann dich verschlingen, wenn du es zulässt. Er kann dein ganzes Leben beherrschen.«
    »Das werde ich nicht zulassen«, sagte er und wandte sich zu mir. »Mein Vater hat sich Männer, die eigentlich seine Verbündeten hätten sein sollen, zu bitteren Feinden gemacht; auf diese Weise hat er zu seinem eigenen Untergang beigetragen. Ich möchte mich von dieser Sache nicht verschlingen lassen. Aber ich kann es auch nicht einfach geschehen lassen. Ich hoffte, dass … vielleicht sollte ich noch einmal von vorne anfangen.«
    Ich blickte zu ihm auf.
    »Ich muss heiraten«, meinte er schlicht. »Nach dieser Sache erscheint es mir nur noch wichtiger. Ich brauche … ich brauche einen Ausgleich zu diesen finsteren Dingen. Ich habe genug davon, zu einer kalten Feuerstelle und leeren Hallen nach Hause zurückzukehren. Ich will ein Kind, das die Zukunft meines Namens sichert. Meine Ländereien sind, wie du weißt, nicht unbedeutend, und sie sind sicher, wenn man von diesem Emporkömmling und seiner Bande von Halsabschneidern absieht, und um die werde ich mich bald schon kümmern. Ich habe viel zu bieten. Ich habe … ich habe dich nun schon bewundert, seit du noch zu jung warst, auch nur an so etwas zu denken. Deinen Fleiß, deine Hingabe an deine Aufgaben, deine Freundlichkeit, deine Treue gegenüber deiner Familie. Wir würden gut zueinander passen. Und die Entfernung ist nicht so groß; du könntest deine Verwandten oft sehen.« Er entsetzte mich, indem er näher kam und neben mir auf die Knie sank. »Willst du mich heiraten, Liadan?«
    Für einen Heiratsantrag war es recht … geschäftsmäßig gewesen. Vermutlich hatte er alle wichtigen Dinge ausgesprochen. Aber ich fand, dass irgendetwas fehlte. Vielleicht hatte ich zu viele alte Geschichten gehört.
    »Ich werde dich etwas fragen«, sagte ich ruhig. »Wenn du antwortest, vergiss nicht, dass ich nicht die Art Frau bin, die nach Schmeicheleien oder falschen Komplimenten verlangt. Ich erwarte immer die Wahrheit von dir.«
    »Du wirst die Wahrheit hören.«
    »Sag mir«, meinte ich, »warum hast du nicht um meine Schwester Niamh geworben statt um mich? Das ist es, was alle erwarteten.«
    Eamonn nahm meine Hände in seine und hob sie an die Lippen.
    »Deine Schwester ist tatsächlich sehr schön«, sagte er mit einer Spur von einem Lächeln. »Ein Mann könnte von einer solchen Frau träumen. Aber es ist dein Gesicht, das er beim

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