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Der Sohn der Schatten

Der Sohn der Schatten

Titel: Der Sohn der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Marillier
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ungeheuerlich ist? Böse? Ohne Skrupel und für Geld zu töten? Wie könnt ihr das ein Handwerk nennen, als wäre es nichts anderes als … Schweine zu züchten oder Schiffe zu bauen?«
    »Ihr züchtet Schweine, um sie zu essen«, warf Otter ein. »Das ist nicht sonderlich anders.«
    »Oh!« Es war, als stritte man sich mit einer Wand. »Wir reden hier von Menschen, nicht von Tieren, die für den Kochtopf gezüchtet werden. Macht es euch denn nichts aus, dass ihr vom Töten lebt? Ihr tötet, wo und wie euer Hauptmann entscheidet, und für jeden, der den Preis zahlen kann. Heute erhaltet ihr eure Befehle vielleicht von einem Briten, morgen von einem Herrn aus Connacht oder einem Piktenhäuptling. Es ist alles vollkommen wahllos.«
    »Ich könnte mich nicht auf die eine oder andere Seite schlagen«, meinte Spinne, offensichtlich überrascht. »Jedenfalls nicht dauernd. Wir kommen aus allen möglichen Völkern. Sachsen, Pikten, Leute aus dem Süden und einige, wie Möwe, von Orten, von denen wir vorher nicht einmal den Namen wussten. Wir sind ein gemischter Haufen.«
    »Aber das bedeutet doch nicht, dass ihr – oh!« Ich gab auf.
    »Wie war das mit Cú Chulainn?«, fragte Schlange. Das kam unerwartet. »Er hat den Vater seiner zukünftigen Frau getötet. Ich frage mich, was sie wohl davon hielt? Seine Männer haben die Armee ihres Vaters besiegt. Wozu? Damit er eine Frau haben und seine Lust befriedigen konnte. Damit er zeigen konnte, dass er der Stärkste ist. Wie sehr unterscheidet sich das davon, für Geld zu töten? Nicht sonderlich, würde ich sagen.«
    Im Augenblick waren mir die Antworten ausgegangen. Außerdem war es Zeit zurückzukehren. Ich konnte Hund mit seinen beschränkten Fähigkeiten bei der Krankenpflege nicht zu lange mit dem Schmied allein lassen.
    Aber als wir näher zum Unterschlupf kamen, war die ruhige Stimme nicht die von Hund. Ich bedeutete Schlange mit einer Geste zu schweigen.
    »… ein Mann, du brauchst seinen Namen nicht zu wissen … von der Küste von Wessex gegenüber Gallien … er kann dafür sorgen, dass du weiterreist nach … nein, keine Ursache, wir kümmern uns darum …«
    »Hauptmann.« Evans Antwort war schwach, aber er klang, als ob er verstand. Also war er wohl wach, und sein Geist war wieder klar, zumindest im Augenblick. Schlange hatte sich weiter zurückgezogen und sich mit irgendetwas beschäftigt. Ich wartete direkt vor dem Unterschlupf, weil ich einfach nicht widerstehen konnte.
    »Was hat dich zurückgehalten?«, fragte Evan. »Als du gesehen hast, was von mir übrig war – was hat dich aufgehalten?«
    Stille.
    »Ich werde dich nicht belügen, Evan«, sagte Bran schließlich leise. »Ich hätte es getan. Und ich bin noch nicht ganz davon überzeugt, dass es richtig war, es nicht zu tun.«
    Wieder Schweigen. Der Schmied wurde müde.
    »Ein dreistes kleines Mädchen, nicht wahr?«, sagte er schließlich und brachte den Geist eines Kicherns hervor. »Kommandiert Leute gerne herum. Hat mich mit ihrem Gerede durchgebracht. Ich hätte nicht sagen können, ob ich wach war oder schlief, aber ich habe sie gehört. Und sie hat mir die Wahrheit gesagt. Der Arm ist ab, hat sie gesagt, aber das ist nicht das Ende der Welt. Sie hat mir erzählt, was ich ohne Arm machen kann. Hat mir ein paar Ideen in den Kopf gesetzt, Sachen, von denen ich zuvor nicht geträumt hätte. Wenn du mich gestern gefragt hättest, hätte ich dich verflucht, weil du mir nicht auf der Stelle ein Ende gemacht hast. Aber jetzt bin ich nicht mehr so sicher.«
    »Du solltest dich lieber ausruhen«, meinte Bran. »Oder sie wird noch behaupten, dass ich ihre Pläne störe.«
    »Sie hat ihren eigenen Kopf. Genau wie du, Hauptmann. Und sie ist auch hübsch anzuschauen.«
    Es dauerte eine Weile, bevor Bran antwortete. Als er es schließlich tat, war die Wärme aus seiner Stimme gewichen. »Du solltest mich besser kennen als das, Schmied.«
    »Mhm.«
    Jetzt kam er heraus. Plötzlich beschäftigte ich mich hektisch damit, die nassen Kleider zum Trocknen auf die Weißdornbüsche in der Nähe zu hängen. Er blieb im Eingang stehen.
    »Wo ist Hund?«, fragte ich, ohne mich umzudrehen.
    »Nicht weit weg. Ich bleibe hier, bis er wiederkommt.«
    »Das ist nicht nötig«, sagte ich. »Schlange ist immer noch da. Ein Wachtposten genügt. Du kannst mir vertrauen, dass ich meinen Schutzbefohlenen nicht verlasse. Ich hätte nicht zugestimmt, das zu tun, was ich getan habe, wenn ich vorgehabt hätte, bei der

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