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Der Sohn des Alchemisten

Der Sohn des Alchemisten

Titel: Der Sohn des Alchemisten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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nichts für dich«, rief eine junge Frau aus der hintersten Ecke der Küche. »Viel zu fein, der trug ja einen schwarzen Mantel mit Goldfäden! Hast du den Schwarzhaarigen mit dem Dudelsack gesehen – den mit den Warzen?! Mit dem kannst du tanzen!!« Vor lauter Begeisterung über ihren Witz spritzte sie die Wurstfüllung, die sie eigentlich in die Schweinedärme drücken wollte, quer durch den Raum.
    »Passt doch auf, ihr verliebten Hennen!«, kreischte die Alte von vorhin und wischte sich den Wurstbrei aus den Haaren.
    Marie fing einen Blick von Gil auf, der fleißig in seiner Blutsuppe rührte.
    »Jakobs Vater!«, formte er mit den Lippen.
    Marie nickte zurück.
    »Vielleicht führt er ja ein Kunststück auf, dieser Magier!«, überlegte Martha laut. »Was meint ihr, warum hätte der Graf ihn sonst in die Burg kommen lassen?«
    »Vielleicht kann er dich in ein Huhn verwandeln?«, rief die junge Frau und lachte laut.
    »So ein Blödsinn«, murmelte Jakob halblaut. »Es geht doch um den Stein der Weisen! Und freiwillig ist er auch nicht hier. Au!«
    Marie trat ihm unsanft gegen das Bein, um ihn zum Schweigen zu bringen. Im selben Moment steckte ein zahnloser Kerl den Kopf in die Küche und rief: »Weiber, gebt acht! Der Graf kommt!«
    Augenblicklich verstummte das fröhliche Gegacker der Frauen und eifrig beugte sich jede über ihre Arbeit. Marie drückte Jakob unter den Tisch, hinein in den Haufen Hühnerfedern.
    »Hmpf!«, machte er erstaunt und spuckte ein paar Federn aus. »Was soll das?«
    »Sei still und bleib da unten«, zischte Marie. »Der Graf hat dich in Ponferrada gesehen, als du dich vor seinem Pferd auf dem Boden gewälzt hast. Er darf dich nicht wiedererkennen!«
    Kaum hatte Jakob den Kopf unter den Tisch gesteckt, als der Graf in einem wallend roten Mantel die Küche betrat. Alle Frauen senkten ehrerbietig den Kopf und knicksten, aber er beachtete sie gar nicht. Er war in ein Gespräch mit einem stattlichen, weißhaarigen Mann vertieft, der die Tracht der Santiagoritter trug.
    ». . . darauf bin ich sehr gespannt«, hörte Marie den weißhaarigen Mann sagen. »Obwohl ich nicht glaube, dass du damit etwas ausrichten kannst!«
    Der Ritter ließ den Blick durch die Küche schweifen. Marie duckte sich unwillkürlich. Der Mann hatte stechend blaue Augen, mit denen er all die angerichteten Leckereien förmlich zu verschlingen schien. »Ah! Hühner! Enten! Und dort die Fische! Mein Guter! Was dasEssen angeht, wirst du dich heuer selbst übertreffen, da bin ich gewiss!«
    Der Graf nickte kühl. »Komm mit!« Er führte den Ritter zum vierten Kamin. »Das hier ist die neue Apparatur!«
    »Das glaubst du doch selbst nicht!« Der Ritter senkte die Stimme und Marie konnte nichts mehr verstehen. Sie bemerkte, wie ihr Jakob unter dem Tisch aufgeregt Zeichen machte. »Los, hinterher!«
    Natürlich! Ausnahmsweise hatte er einmal eine vernünftige Idee! Mit zwei halb gerupften Hühnern in der Hand durchquerte sie langsam die Küche und blieb scheinbar absichtslos in der Nähe der beiden stehen.
    ». . . du solltest es dir besser aus dem Kopf schlagen!«, sagte der Ritter gerade leise. »Dafür braucht es mehr Verstand und Gelehrsamkeit, als du aufbringen kannst. Da helfen auch keine Apparaturen. Die großen Alchemisten gehen anders vor. Erst gestern ist bei mir eine Gruppe Pilger aus Straßburg eingekehrt. Einer hat mir doch tatsächlich von einem gewissen Flamel aus Paris berichtet, dem es schon gelungen sein soll, Blei in Gold zu verwandeln. Wir haben im Kloster einen unserer Mönche, dem ich es zutraue, es ihm bald gleichzutun – aber du, verzeih, du musst einsehen, dass du noch nicht weit gekommen bist!«
    Marie horchte auf. Sie sprachen über Jakobs Vater!
    Der Graf verzog das Gesicht. »Meinst du? Rui, ich werde der Welt zeigen, welche Gelehrsamkeit ich an meinem Hof versammeln kann! Du wirst dich noch umschauen! Ich brauche auf keinen sabbernden Mönch zu hoffen. Ich,Graf Gonzalo, ich habe Flamel selbst an meinem Hof! Ich muss nur winken, dann beweist er, dass die letzten Geheimnisse der Alchemie gelöst sind! Er hat es mir selbst gesagt, dass er Gold herstellen kann!«
    Der Ritter verzog spöttisch das Gesicht. »Flamel an deinem Hof? Flamel wohnt in Paris. Sei vernünftig und hör auf, anzugeben. Ich bewundere deine feine Apparatur ja trotzdem!«
    »Meinst du, ich lüge dich an?!« Der Graf wurde lauter. »Ich stehe vor dem Durchbruch zu unermesslichem Reichtum und ausgerechnet du, Rui, glaubst mir nicht!

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