Der Sohn des Apothekers (German Edition)
ihren
Vater teilen.«
»Das heißt, wir gehen jetzt beide brav nach Hause.«
Sie zog ihn zu sich heran und küsste ihn leidenschaftlich auf
den Mund. »Das heißt, wir gehen heute zu dir. Ich möchte mal sehen, wie du
lebst.«
Eine kurze Nacht lag hinter Trevisan, als er gegen zehn Uhr
vor dem Klosterkrug in Tennweide zwischen dem Bulli der KTU und einem
Streifenwagen parkte. Er betrat die kleine Pension, durchquerte unter den
skeptischen Blicken der wenigen Anwesenden, die am Stammtisch saßen, den Gastraum
und ging ins Nebenzimmer. Kollege Schaarschmitt von der KTU saß neben einem
Kollegen an einem Tisch neben der Tür. Spanische Wände verwehrten den Blick in
den weiteren Raum.
»Hallo, Trevisan«, sagte Schaarschmitt. »Zweiundvierzig
bislang, mehr als erhofft. Es fehlen noch zehn, aber ich glaube, in einer
Stunde sind wir durch.«
Trevisan umrundete den provisorischen Schreibtisch und warf
einen Blick auf die Namensliste. Weder hinter dem Namen von Oberkommissar Klein
noch vor den seines Sohnes war ein Häkchen gesetzt. Dafür waren die Namen Mirko
Stolz, Sebastian Hermann und Carsten Rosenberg allesamt abgezeichnet.
Als Trevisan sich aufrichtete, klopfte es an der Tür, der
Kollege rief laut »Herein!«. Oberkommissar Klein betrat in Begleitung seines
Sohnes den Nebenraum. Er grüßte Schaarschmitt und dessen Mitarbeiter, während
er Trevisan keines Blickes würdigte.
Schweigend wartete Trevisan, bis die Formalitäten erledigt
worden waren und die Kleins einer Kabine zugewiesen wurden.
»Herr Klein!«, sagte Trevisan, als die beiden in Richtung der
spanischen Wand gingen.
Der Oberkommissar wandte sich um. »Was gibt es?«, fragte er
kalt.
»Ich meine Ihren Sohn«, stellte Trevisan klar.
Kevin Klein drehte sich zu Trevisan um. »Ja, was ist?«
Trevisan musterte den jungen Mann mit den nackenlangen Haaren,
in zerrissener Jeans und dunklem Kapuzenpulli, eingehend. Kevin war seinem
Vater wie aus dem Gesicht geschnitten. Er wirkte ein klein wenig
desinteressiert und Trevisan hatte den Eindruck, dass er nicht ganz freiwillig
hier erschienen war.
»Hätten Sie am Dienstag um zehn Uhr Zeit?«, fragte Trevisan
ihn.
»Wieso?«
»Ich würde gerne mit Ihnen über den Tag sprechen, an dem die
Mädchen verschwunden sind.«
»Ich habe doch schon gesagt, dass ich nichts weiß, wir waren in
Neustadt im Kino.«
Trevisan kratzte sich an der Stirn. »Ach ja, ich habe es
gelesen … Welcher Film war das noch mal?«
Der Junge grinste überheblich. » Der dreizehnte Krieger mit Antonio Banderas. War ein spannender Film, das Geld dafür hat sich
gelohnt.«
»Soweit ich mich erinnere, waren Sie mit Freunden dort?«
»Ja, stimmt.«
Trevisan nickte und klatschte in die Hände. »Gut, dann können
Sie das ja noch einmal zu Protokoll geben, wir sehen uns am Dienstag. Ihr Vater
weiß, wo meine Dienststelle ist.«
Der Junge wandte sich ohne weiteres Wort um und verschwand
hinter der Spanischen Wand. Oberkommissar Klein schüttelte den Kopf. »Das ist
nicht notwendig, Trevisan.«
»Das müssen Sie schon mir überlassen.«
Klein winkte ab und ging seinem Sohn hinterher.
»Das ist ein Kollege, oder?«, fragte Schaarschmitt, als beide
hinter dem Sichtschutz verschwunden waren.
Trevisan nickte.
»Scheint aber nicht gerade Ihr Freund zu sein.«
»Wenn zwei Mädchen hier verschwinden und nach drei Jahren noch
niemand etwas über ihr Schicksal herausgefunden hat, dann ist die Zeit der
Freundlichkeit vorbei«, entgegnete er und wandte sich zum Gehen.
»Ich dachte, Sie wollten uns helfen«, sagte Schaarschmitt.
»Ich habe noch etwas im Ort zu erledigen«, antwortete Trevisan.
31
Trevisan ließ seinen Dienstwagen vor dem Klosterkrug stehen und ging zu Fuß über den Kirchplatz in die Höhingstraße zu Rosi
Meierlings Haus. Unterwegs passierte er Stauferts Laden, wo drei ältere Damen
tuschelnd nebeneinander am Schaufenster standen und den Klosterkrug beobachteten. Ihre neugierigen Blicke folgten Trevisan, als er vorüberging und
in den Wiesenweg einbog. Unmittelbar vor Rosi Meierlings Haus stand ein
schwarzer Toyota mit Hamburger Kennzeichen. Offenbar hatte sie nun doch das
kleine Zimmer im Kellergeschoss vermietet.
Er ging die Treppe hinauf und klingelte. Es dauerte eine Weile,
bevor ihm geöffnet wurde. Rosi Meierling schien überrascht. »Herr Trevisan, ähm
… Martin, ich habe nicht mit dir gerechnet«, stotterte sie. »Ich habe … Alle
Zimmer sind belegt … Tut mir leid, ehrlich.«
Trevisan nickte. »Ich
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