Der Sohn des Apothekers (German Edition)
habe den Wagen unten gesehen. Ich bin
nicht hier wegen einer Übernachtung, ich muss mit dir reden, Rosi.«
»Reden?«
Trevisan zückte seinen Dienstausweis.
»Du bist Polizist?«, fragte sie entgeistert.
»Ja, ich ermittle im Fall der beiden verschwundenen
Radfahrerinnen.«
»Du bist Polizist und hast dich bei mir als Tourist eingenistet,
um uns besser ausspionieren zu können«, antwortete sie barsch.
»Können wir uns drinnen weiter unterhalten?«
Rosi Meierling zog die Tür
zu sich heran. »Du hast mich ausgenutzt und mir dein Schmierentheater von einem
gestressten Beamten vorgespielt, nur um mich aushorchen zu können! Du hast mich
die ganze Zeit über angelogen und jetzt willst du, dass ich mit dir rede? Das
kannst du vergessen, verschwinde!« Rosi trat einen Schritt zurück und warf die
Tür zu.
»Sind dir die beiden verschwundenen Mädchen gleichgültig?«,
rief Trevisan.
Rosi öffnete einen kleinen Spalt. »Darum geht es nicht! Du hast
mich belogen und mir etwas vorgegaukelt und einen Augenblick dachte ich sogar
…« Sie verstummte.
»Rosi, ich bin hier, weil es da draußen Eltern und Angehörige
gibt, die wissen wollen, was mit ihren Kindern passiert ist. Und ich finde, sie
haben ein Recht darauf.«
»Was willst du?«
Trevisan seufzte. »Können wir das drinnen besprechen?«
Rosi überlegte einen
Augenblick, schließlich ließ sie ihn herein. Wortlos ging sie in Richtung Küche
den Gang entlang. Trevisan folgte ihr. Als er an der offenen Badezimmertür
vorbeiging, fiel sein Blick auf einen gefüllten Wäschekorb und eine schwarze
Sporttasche neben der Waschmaschine.
»Sag, was du von mir willst und dann geh und lass mich in
Ruhe!«, fauchte Rosi Meierling, die vor der Küchentür stehengeblieben war und
Trevisan feindselig betrachtete.
»Deine Tochter Sarah hat sich um Sven Thiele gekümmert«,
stellte Trevisan in den Raum. »War sie auch mit ihm unterwegs, als die beiden
Mädchen verschwanden?«
»Was willst du damit andeuten?«
»Nichts, ich will es nur wissen.«
»Sie hat sich etwas Geld nebenbei verdient, ich konnte ihr ja
nichts bieten. Ich muss selbst sehen, wie ich über die Runden komme. Die kleine
Witwenrente reicht hinten und vorne nicht und sie hat sich ganz gut mit Sven
verstanden. Thieles Frau war ja krank, die konnte sich nicht mehr um Sven
kümmern und ein Heim kam nicht in Frage.«
»Ist Sarah hier?«
Rosi schüttelte den Kopf. »Wie kommst du darauf?«
»Die Wäsche im Bad.«
»Die gehört mir«, antwortete Rosi hastig.
»Ich muss mit Sarah reden. Wann kommt sie wieder nach
Tennweide?«
»Was willst du von ihr?«
»Ich will wissen, ob sie mit Sven im Wald unterwegs war, als
die beiden Mädchen verschwanden.«
»Sie hat nichts damit zu tun und Sven auch nicht, der tut
niemandem was!«
»Ich weiß, aber sie könnte etwas beobachtet haben, was für
unsere Ermittlungen von Wert ist.«
»Sie hat nichts gesehen!«
»Wo genau arbeitet sie?«
»Sie ist nicht hier, sie arbeitet in Kempten und macht dort
eine Ausbildung.«
»Und wo in Kempten?«
»Das weiß ich nicht.«
Trevisan lächelte. »Komm, du wirst doch wissen, wo deine
Tochter arbeitet und wie du sie erreichst. Eine Telefonnummer zumindest.«
Eine Träne lief über Rosi Meierlings Wange. »Sie hat … Sie ist
… Sie war im Jägerhof , aber sie ist jetzt … Wir haben … Der Kontakt
ist abgebrochen, wir haben uns gestritten.«
»Aber sie ist immer noch in Kempten?«
Rosi zuckte mit der Schulter. »Das letzte Mal haben wir etwa vor
einem halben Jahr miteinander telefoniert, da haben wir uns gestritten. Sie
wollte die Stelle aufgeben, weil sie einen jungen Mann kennengelernt hat. Ich
habe ihr verboten … Ich will nicht, dass es ihr so ergeht wie mir. Sie soll
einen anständigen Beruf lernen, damit sie etwas in der Hand hat. Ich habe
diesen Fehler gemacht und als Johannes überfahren wurde, da stand ich mit
leeren Händen da. Der Lastwagenfahrer wurde damals freigesprochen. Johannes war
am Unfall selbst schuld und die Versicherungen haben nichts gezahlt.«
Trevisan nickte verständnisvoll. »Hatte er keine Lebensversicherung?«,
rutschte ihm heraus.
Rosi fuhr sich über die Wange. »Die hatten wir schon beliehen,
als er seinen ersten Unfall hatte, bei dem er seine Beine verlor. Da war nichts
mehr übrig. Es gibt manche im Ort, die behaupten, Johannes hätte sich selbst
das Leben genommen, aber das ist gelogen, er hätte mich nie im Stich gelassen.
Er hat … Er war ein guter Mensch.«
»Verzeih mir,
Weitere Kostenlose Bücher