Der Sohn des Apothekers (German Edition)
dankbar.
»Sebastian Hermann«, fuhr Hanna fort, »zwanzig, Sohn des
Gemeindevorstehers, unbescholten und noch nicht polizeilich in Erscheinung
getreten. Aber der Sohn des Landarztes Rosenberg, Carsten Rosenberg,
einundzwanzig Jahre alt, ist mehrfach wegen Alkoholdelikten im Straßenverkehr
aufgefallen. Er wohnt derzeit in Marburg, wo er Medizin studiert. Dann gibt es
noch den zweiundzwanzigjährigen Mirko, der ebenfalls zu der Clique gehörte. Er
ist bei den Kollegen aus Oldenburg nicht unbekannt. Hat mehrere
Körperverletzungsdelikte in Zusammenhang mit Alkohol in seiner Akte, aber noch
keine Vorstrafen. Ein paar Wochen nach dem Verschwinden der Mädchen wurde er
nach Oldenburg auf eine Berufsakademie geschickt. Er soll dort seinen Abschluss
nachmachen und dann in die Fußstapfen seines Vaters treten und die Firma übernehmen.«
Lisa kehrte zurück und stellte eine dampfende Tasse Kaffee vor
Trevisan auf den Tisch, ehe sie sich wieder setzte.
Hanna räusperte sich. »Da sind dann noch drei Mädchen im
ähnlichen Alter, die ebenfalls zu dieser Jugendgang gehörten. Eine gewisse
Sarah Meierling – die macht gerade eine Ausbildung als Hotelfachangestellte in
Kempten im Allgäu. Dann noch die Tochter der Besitzerin des Klosterkrug es,
Annika Töngens. Die wohnt nicht mehr in Tennweide und ist inzwischen
verheiratet mit einem Bundeswehrsoldaten aus Bad Bramstedt. Zu guter Letzt wäre
da noch Friederike Neuss, die ist aber seit einem Jahr in Australien. Studiert
Lehramt und macht da ein Auslandspraktikum. Die Mädels sind allesamt noch nicht
mit dem Gesetz in Konflikt geraten. Aber zur Tatzeit lebten alle im Ort.«
»Woher hast du diese Daten?«, fragte Trevisan beeindruckt.
»Ich habe beim zuständigen Polizeirevier recherchiert und wir
waren in Tennweide bei dem Ladenbesitzer Staufert«, antwortete Hanna. »Ich
dachte mir, wenn es nur einen Laden im Ort gibt, wo man Bier kaufen kann, auch
wenn es offiziell ein Elektrogeschäft ist, dann frage ich dort einfach mal
nach, der Mann kennt die Bedürfnisse seiner Kunden genau. Und was hast du in
der Zeit gemacht?«
»Ich hatte eine nette Unterhaltung mit einem Kollegen.«
»Klein«, antwortete Lisa. »Den haben wir extra aus den
Ermittlungen herausgehalten.«
»Wir können aber nicht garantieren, dass seine Kollegen nicht
über unsere Anfrage mit ihm reden«, fügte Hanna hinzu. »Wir sagten, dass wir
ihn raushalten wollen, weil sein Sohn ja auch aus dem Ort ist und wir in dieser
Sache objektiv bleiben müssen.«
Trevisan machte eine wegwerfende Handbewegung. »Und wenn schon,
er soll ruhig wissen, dass wir ihn im Auge haben. Ich traue ihm nämlich nicht.«
»Glaubst du, er hat etwas
mit der Sache zu tun?«, fragte Lisa.
»Zwei Mädchen verschwinden in einem kleinen Ort«, sagte
Trevisan und legte Svens Bildermappe auf den Schreibtisch. »Ganz in der Nähe
des Tatortes pflegt sein Sohn mit Freunden ab und an zu feiern. Und in der Akte
steht kein einziges Wort darüber. Ich finde das eben merkwürdig.«
Trevisan öffnete die Bildermappe und zog das Bild hervor, das
Sven nach dem Verschwinden der Mädchen gezeichnet hatte.
»Der sieht ja aus wie ein Monster.« Lisa zeigte auf die
übergroße schwarze Figur.
»Und darunter steht Sven mit einem Mädchen – Sarah Meierling,
wenn ich mich nicht irre«, antwortete Trevisan. »Wir sollten mal mit ihr über
diese Zeichnung reden.«
*
Samstag
Trevisan hatte nach Büroschluss auf dem Parkplatz gewartet,
bis Hanna zu ihm in den Wagen gestiegen war.
»Was war das mit Lisa heute?«, fragte er.
»Sie ahnt etwas«, entgegnete Hanna.
»Ist das ein Problem für dich?«
Hanna schüttelte den Kopf. »Für dich?«
»Ich weiß nicht, ich … Es ist irgendwie wie damals in der
Schule … der Hauch des Verbotenen.« Trevisan beugte sich zu ihr hinüber und
streichelte ihr über die Wange. »Du bist eine sehr schöne Frau, Hanna, und ich
weiß gar nicht, ob ich jemanden wie dich verdient habe. Wir sind zwar frei,
aber irgendwie doch nicht. Ich für meinen Teil würde gerne versuchen, ob daraus
mehr entstehen kann.«
»Martin, ich weiß immer noch nicht, ob das eine gute Idee ist.
Ich bin vielleicht schon viel zu lange alleine und weiß verdammt nicht, wie da
ein Mann in mein Leben passen soll. Noch dazu ein Mann, mit dem ich zusammenarbeite
und der auch noch eine Tochter hat.«
»Du meinst, Paula ist ein Problem für dich?«, fragte Trevisan
entgeistert.
»Nicht für mich, aber ich vielleicht für sie, sie müsste
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