Der Sohn des Apothekers (German Edition)
gehobener Küche. Auf was hast du Lust?«
Margot entschied sich für das Enrico Leone in der Königsstraße.
Nachdem dort versichert wurde, dass es noch warme Küche gab, setzten sie sich
an einen Fensterplatz mit Blick auf die Königstraße und studierten die
Speisekarte. Nach der Bestellung griff Margot in ihre große Handtasche und
legte die Akte auf den Tisch, die ihr Trevisan zugeschickt hatte.
»Zuerst mal, wie geht es dir und wie geht es Paula und Angela?«
»Wie du siehst, bin ich schon wieder mittendrin, aber es ging
mir in manchen Phasen nicht besonders gut, das kannst du mir glauben. Paula war
ebenfalls am Boden, aber diese PTBS-Gruppe hier in Langenhagen ist wirklich
super. Gerade machen sie Ferien in Irland. Ich hoffe, dass alles wieder gut
wird. Angela und ich haben uns endgültig getrennt. Aber ich dachte, das hätte
ich dir erzählt.«
»Du hast es angedeutet«, antwortete Margot. »Und um Paula mach
dir mal keine Sorgen, ich finde es gut, dass ihr diesen Schritt gegangen seid.
Mit posttraumatischen Störungen ist nicht zu spaßen. Es ist wie ein
überlasteter Speicherchip und jemand, der sich auskennt, muss helfen, diesen
Speicher wieder zu entleeren. Aber das hast du sicher schon ein paarmal
gehört.«
»Ja, da hast du recht«,
antwortete Trevisan. »Und ich bin ein vollgelaufenes Fass, bei dem das
Ablassventil verstopft war, aber ich glaube, den Korken hat man mir inzwischen
entfernt.«
»Du musst nur auf dich achten und die Zeichen frühzeitig
erkennen«, sagte Margot.
»Mir ist schon viel damit geholfen, dass Paula in guten Händen
ist. Das ist eine große Entlastung für mich. Und dieses ewige Hin und Her mit
Angela ist auch endgültig vorbei.«
»Du hast recht, man muss wissen, was gut für einen ist, und
sich von Dingen trennen, die einem schaden. Auch wenn es weh tut. Hast du denn
schon wieder jemanden gefunden, mit dem du zusammen bist?«
Trevisan wurde rot und es lag nicht am Chianti. Er griff zu
seinem Weinglas und prostete Margot zu.
»Gut, reden wir nicht davon«, fuhr Margot fort, die wohl an
seinem Gesichtsausdruck erkannte, dass ihm dieses Thema peinlich war. »Reden
wir von dem.« Sie zeigte auf den Ordner vor sich auf dem Tisch. »Gibt es
Fortschritte?«
»Es gibt ein Bild von Sven, das er kurz nach dem Verschwinden
der Mädchen gezeichnet hat. Da hatte man ihn noch nicht verhaftet. Es zeigt ihn
im Wald, seine damalige Betreuerin und so etwas wie einen Teufel mit einer
Warze, der sich bedrohlich auf die beiden stürzt. Ich zeige es dir, du wohnst
selbstverständlich bei mir.«
Margot schüttelte den Kopf. »In die Höhle eines gierigen
Löwenmännchens, du bist wohl verrückt. Außerdem werde ich fürstlich vom LKA
entlohnt, die übernehmen sogar mein Hotel zusammen mit der Minibar.«
»Welches Hotel?«, fragte Trevisan.
»Das Maritim am Friedrichswall«, antwortete sie. »Ich
finde es angemessen.«
Trevisan pfiff durch die Zähne. »Das Maritim , da kann
ich natürlich nicht mithalten.«
»Also, was hast du inzwischen herausgefunden?«
Trevisan berichtete ihr, dass man den verschwundenen
Journalisten lebendig, aber schwer verletzt aufgefunden hatte und dass er sich
sicher war, dass die Mädchen in der Nähe von Tennweide ihr kaltes Grab gefunden
hatten. Er berichtete von der jugendlichen Clique aus dem Ort und von der
Feuerstelle am Bannsee, die von den Jugendlichen zum Feiern genutzt wurde.
»Und diese Jungs sind deine Hauptverdächtigen?«, fragte Margot.
»Vor allem der Sohn des Polizisten«, antwortete er. »Ich habe
mir die Akte ein paarmal vorgenommen und mir fiel auf, dass sich der Vater des
Jungen damals maßgeblich in die Ermittlungen eingebracht hat. Und der damalige
Soko-Leiter hat sich offenbar auf den Polizisten verlassen. Auf mich wirkt es,
als hätte der die Ermittlungen im Dorf ganz bewusst blockiert. Dadurch sind
wertvolle Überprüfungen versäumt worden. Nur so kam es zu der Verwechslung von
einem der Opfer mit dem Mädchen aus Flensburg.«
»Ich habe davon gehört. Wie kommst du bei deinen Verdächtigen
voran?«
»Die Jungs geben sich gegenseitig ein Alibi und wollen zur
tatrelevanten Zeit im Kino gewesen sein. Das Kino ist inzwischen geschlossen,
da gibt es niemanden mehr, der ihr Alibi bestätigen könnte.«
»Gibt es nicht noch immer die alte Polizeitaktik, einen Keil
zwischen die Jungs zu treiben? Das hat doch bislang immer funktioniert, oder?«
»Wenn es so einfach wäre«, seufzte Trevisan. »Das sind Kids von
honorigen Bürgern.
Weitere Kostenlose Bücher