Der Sohn des Apothekers (German Edition)
Gesicht.
Ȇber dreihundert Spuren und Hinweise, Zeugenaussagen und
Indizien, aber nichts wirklich Greifbares«, schlussfolgerte Margot endlich.
Trevisans Handy klingelte, Schaarschmitt war am Apparat.
»Hallo, Herr Kollege, dachte mir, dass ich dich gleich informiere,
auch wenn du bestimmt auf der Couch liegst – schließlich will ich nicht der
Einzige sein, der am Sonntag arbeitet.«
»Ich bin im Büro«, berichtigte Trevisan.
»Da hätte ich mir den Anruf ja sparen können«, entgegnete der
Kollege von der Kriminaltechnik. »Wir sind so weit. Bis auf vierzehn Personen,
die freiwillig keine Probe abgeben wollten, und die noch ausstehenden Proben
von Männern, die sich außerhalb der Region aufhalten, sind wir durch. Insgesamt
haben wir neun Institute, die auswerten. In drei Tagen können wir mit ersten
Ergebnissen rechnen, da die Trägerspur ja bereits in Form von codierten
DNA-Sequenzen vorliegt. Und die Computer vergleichen automatisch, das kann wie
gesagt schnell gehen.«
»Ich hoffe, dass wir einen Treffer landen.«
»Das hoffe ich auch, schließlich macht uns diese Reihenuntersuchung
ganz schön viel Arbeit. Ähm … für die vierzehn Verweigerer habe ich über die
Staatsanwaltschaft einen Antrag auf körperliche Untersuchung gestellt. Mal
sehen, ob der Richter mitspielt.«
»Da bin ich auch gespannt.«
»So, jetzt mache ich erst einmal Feierabend«, seufzte
Schaarschmitt. »Couching, verstehst du?«
Trevisan bedankte sich und wünschte dem Kollegen noch einen
geruhsamen Tag, ehe das Gespräch beendete. Er legte das Handy auf den Tisch und
schaute in zwei fragende Gesichter.
*
Sina streichelte Justin Belfort sanft über den Kopfverband,
während Monika Keppler in ihrer Handtasche kramte. Der Journalist lag in einem
Einzelzimmer der Chirurgischen Abteilung des Krankenhauses der medizinischen
Hochschule. Vor seinem Zimmer hatten auf Weisung von Trevisan zwei uniformierte
Polizisten Stellung bezogen.
Zehn Minuten hatte der Arzt den beiden Frauen als Besuchszeit
eingeräumt, denn Justin Belfort war noch immer sehr schwach, außerdem quälten
ihn entsetzliche Kopfschmerzen. Er lag im Bett und starrte an die Decke. »In
diesem Ort herrscht Kälte«, klagte er. »Ich glaube, dieser Ort ist verflucht.«
Monika Keppler schüttelte den Kopf. »Ist dir wirklich nichts
aufgefallen?«
»Ich sagte doch schon, wahrscheinlich hat das Schwein
mitbekommen, dass ich mit dem Jungen reden will. Wahrscheinlich ist er mir
nachgeschlichen.«
Monika Keppler spitzte schnippisch ihre Lippen. »Ich hätte
bemerkt, wenn mich jemand verfolgt hätte.«
Sina warf ihrer Vorgesetzten einen missbilligenden Blick zu.
»Was denn?«, fragte die zynisch. »Es muss doch einen Grund
geben, warum er überfallen wurde.«
Justin hasste es, wenn sie in seinem Beisein in dritter Person
über ihn redete.
»Ich sagte doch schon, der Junge ist der Grund, was sonst?«
»Was hast du in dem kleinen Ort gemacht, mit wem hast du
geredet?«, fragte Monika Keppler. »Es muss doch irgendeinen Anhaltspunkt geben,
an den du dich erinnerst?«
»Du benimmst dich wie ein Polizist«, stellte sich Sina
schützend vor Justin, der sich genervt auf die Lippen biss. »Man hat ihn
beinahe umgebracht und du machst ihm nur Vorwürfe. Schließlich hast du ihn in
diesen verfluchten Ort geschickt.«
»Das Auto stand am Bahnhof in Hannover?«, meldete sich Justin
krächzend zu Wort.
Monika Keppler nickte. »Der Schlüssel fehlt, aber sonst ist mit
dem Wagen alles in Ordnung.«
»Mein Laptop und der Fotoapparat?«, fragte Justin Belfort.
»Keine Ahnung.«
»War nichts davon im Wagen?«
»Nein«, antwortete sie. »Alles weg.«
»Verdammt!«, zischte Justin. »Sie müssen im Wagen gewesen sein,
ich hatte den Laptop und den Fotoapparat dabei, als ich in den Wald gefahren bin.
Da waren alle meine Daten drauf und die Bilder, die ich in der Umgebung gemacht
habe. Beinahe zweihundert. Das war es, was ich dort gemacht habe. Es gibt dort
unzählige Möglichkeiten, zwei Leichen zu verstecken. Und die Interviews mit
diesem Bauern und dem Apotheker fehlen ebenfalls. Dann war alles umsonst.«
»Du lebst«, flüsterte Sina und strich Justin sanft über die
Stirn.
»Hat die Polizei schon eine Spur?«, fragte er und schob Sinas
Hand beiseite.
»Die wissen wie immer nichts«, entgegnete Monika Keppler. »Sie
haben einen Massengentest im Ort durchgeführt. Ich habe mich schon damals
gefragt, warum das nicht gemacht wurde, wenn sie doch eine DNA-Spur
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