Der Sohn des Apothekers (German Edition)
gefunden
haben.«
»Machen wir mit der Story weiter?«, fragte Justin.
Monika Keppler zuckte mit der Schulter. »Wie denn, wenn mein
Reporter schwer verletzt im Krankenhaus liegt und das Material zusammen mit dem
teuren Fotoapparat und dem Laptop verschwunden ist, wie du sagst. Wir haben
einen Bericht über dein Verschwinden gebracht, mehr hatten wir nicht. Und wer
weiß, wie lange du noch hierbleiben musst.«
Die Tür wurde geöffnet und eine Schwester schaute herein. »Sie
müssen sich jetzt verabschieden, der Patient braucht Ruhe«, sagte sie bestimmt.
Monika Keppler erhob sich und schob den Stuhl in die Ecke,
während Sina sich über Justin beugte und ihn auf die Wange küsste. »Ich schau
morgen wieder herein«, versprach sie.
Die Schwester trat ans Bett und überprüfte die Infusionslösung,
die über einen Schlauch in Justins Vene rann.
*
Trevisan stand nachdenklich vor der Tafel mit den Fotos vom
Bannsee. Draußen hatte der Regen nachgelassen und die Sonnenstrahlen bahnten
sich ihren Weg durch das dunkelblaue Wolkenfeld. Er kratzte sich am Kopf und
wandte sich um.
»Der Wald und die Umgebung wurde damals mehrfach von der Bereitschaftspolizei
durchsucht«, sagte er und wies auf das große Luftbild, das die Gemeinde, Teile
vom See und den nahen Wald zeigte. »Ein Hubschrauber mit Wärmebildkamera,
Leichenhunde und Taucher waren im Einsatz, aber es gibt genügend Torfgruben, wo
man die Leichen hätte verstecken können.«
Hanna erhob sich und trat neben ihn. Sie zeigte auf den
Bannsee. »Ich gehe davon aus, dass man sehr intensiv gesucht hat. Zwei Leichen
verschwinden zu lassen, spricht dafür, dass die Täter mobil waren.«
Trevisan wies auf das Bild von Mirko Stolz. »Er war der
einzige, der einen Führerschein hatte.«
»Es ist schade, dass es das Kino nicht mehr gibt, in dem sie
gewesen sein wollen.«
»Ich habe im Internet nachgeschaut, zumindest liegen sie mit
dem Film richtig«, antwortete Trevisan. »Filmstart war im September. Und da
laufen die Neuerscheinungen in jedem Kino …«
»… was aber nichts zu sagen hat«, fiel ihm Hanna ins Wort. »Sie
können auch ein paar Tage früher oder später in diesem Film gewesen sein. In
den Akten gibt es keine Aussage eines neutralen Zeugen, der diese Angaben
bestätigt. Man hat die Alibis nicht einmal überprüft.«
»Weil Klein die Angaben des Sohnes bestätigte«, sagte Trevisan.
Margot Martinson erhob sich und öffnete das Fenster. Tief zog
die frische Luft in ihre Lungen. Seit beinahe vier Stunden gingen sie gemeinsam
die Akten durch.
»Für mich liegt die Wahrscheinlichkeit, dass die Jungs etwas
mit der Sache zu tun haben, bei fünfzig Prozent«, sagte sie. »Es stimmt schon,
dass dieser Polizist aus Mardorf deutlich die Ermittlungen beeinflusst hat,
aber das alleine reicht nicht aus, um einen Verdacht zu begründen. Martin, du
hast dich auf diese Jungs eingeschossen – vielleicht begehst du jetzt den
gleichen Fehler, den Dittel damals bei Sven begangen hat.«
»Das Lagerfeuer brannte, die Feuerstelle am Bannsee ist ihr
Treffpunkt, sie alle kannten Sven und hätten ihm die Kette unterschieben
können«, sagte Trevisan. »Der Vater eines Jungen nimmt massiv Einfluss auf den
Fall und ein paar Wochen nach der Tat verschwinden beinahe alle und kehren dem
Dorf den Rücken. Ich finde, das sind ein paar ausgezeichnete Argumente, um den
Verdacht zu begründen.«
Margot hob abwehrend die Hände. »Richtig. Aber dieser Platz mitten
im Wald ist frei zugänglich, und in der Nähe ist ein Campingplatz, der in
dieser Zeit gut besucht war. Die Jungs behaupten, dass sie im Kino waren und du
kannst dieses Alibi nicht widerlegen. Außerdem war für die Jungs und Mädchen
die Schulzeit zu Ende, da ist es normal, dass manche studieren gehen oder
weiterführende Schulen besuchen.«
»Sie feiern dort, sind angetrunken, da kommen diese beiden
Mädchen vorbei«, überlegte Trevisan laut. »Zuerst ist ein Spaß, aber dann
passiert etwas und die Jungs rasten aus. Am Ende sind die beiden Mädchen tot.
Sie werfen die Leichen in den Wagen, verstecken die Räder, so gut es geht, und
verschwinden. Sie fahren nicht ins Dorf, sondern auf den Waldwegen Richtung
Norden und entledigen sich der Leichen. Dann bekommen sie es mit der Angst zu
tun und weihen ihre Väter ein. Einer davon ist Polizist und Blut ist dicker als
Wasser. Es sind alles Söhne honoriger Bürger. Ein Bauunternehmer, ein Arzt, ein
Polizist und der Gemeindevorsteher. Die beschließen, ihre Kids zu
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