Der Sohn des Apothekers (German Edition)
zog die Stirne kraus. »Wie meinst du das? Wir stecken
mitten in Ermittlungen und ich brauche …«
»Ich habe nicht den Eindruck, dass du mich brauchst.«
Trevisan verstand die Welt nicht mehr. Entgeistert schaute er
sie an. »Ich dachte, du interessierst dich für den Fall! Oder ist es dir
inzwischen egal geworden, wer die beiden Mädchen umgebracht hat?!«
»Ich dachte, du arbeitest lieber mit Hanna zusammen und ich
störe euch nur.«
»Was ist bloß in dich gefahren?«, fuhr Trevisan seine junge
Kollegin an.
»Ich weiß doch, was hier läuft. Was war gestern?! Ihr habt euch
alle hier versammelt, aber mich braucht man da wohl nicht.«
Trevisan atmete tief ein.
Lisas Verbitterung stand ihr ins Gesicht geschrieben. »Als du
hier ankamst, da dachte ich … Na ja, ich meinte, ich fühlte mich akzeptiert und
ernst genommen. Ich weiß, ich bin … Ich habe … Ich war eben noch nie draußen,
ich habe noch nie echte Polizeiarbeit … Aber ich kann es lernen und man kann
sich auf mich verlassen, ich dachte das wüsstest du.«
Trevisan ging einen Schritt auf sie zu, legte den Arm um ihre
Schultern und zog sie an sich. »Lisa, verzeih mir. Es war nicht böse gemeint.
Ich weiß, dass ich mich hundertprozentig auf dich verlassen kann und ich habe
die Datenblätter gesehen, die an der Pinnwand hängen. Du hast dir sehr viel
Mühe gegeben. Ich wollte dir gestern eine Pause gönnen, schließlich wäre dies
das zweite Wochenende gewesen, an dem du arbeitest. Und das kann ich nicht von
dir verlangen.«
Lisas Gegenwehr erlahmte, sie hob den Kopf und sah zu Trevisan
auf. »Stimmt das wirklich?«
Trevisan nickte.
»Na, ihr Turteltäubchen, ich störe wohl?«, ertönte Hannas
Stimme hinter Trevisans Rücken.
Langsam ließ er Lisa los, ein klein wenig verlegen wandte er
sich um. »Du … du kommst spät.«
»Max ist krank«, antwortete Hanna. »Ich musste erst seine
Betreuung organisieren.«
»Schlimm?«
»Er hat sich gestern beim Fußball verletzt, die Bänder«,
antwortete Hanna. »Sein Onkel kümmert sich um ihn.«
»Gut«, sagte Trevisan. »Dann machen wir uns an die Arbeit. Ich
werde mich um elf Uhr mit Monika treffen und dann nach Langenhagen fahren.
Während ich weg bin, ladet ihr bitte diesen Kevin und die anderen Jungs für
morgen zur Vernehmung vor. Ich will, dass wir ein klein wenig Druck auf sie
ausüben. Und für dich, Lisa, habe ich einen Spezialauftrag.« Trevisan
verschwand kurz in seinem Büro und tauchte mit einer Liste wieder auf. »Darauf
stehen 36 Namen. Ich möchte, dass du alles über diese Leute herausfindest, was
unsere Computer hergeben.«
»Was sind das für Namen?«, fragte Hanna.
»Die männlichen Einwohner von Tennweide, die in das Täterprofil
passen«, antwortete Trevisan.
Lisa griff nach dem Papier. »Ist schon so gut wie erledigt.«
*
Trevisan fuhr kurz vor halb zwei mit dem Dienstwagen am Maritim -Hotel
vor, um Margot Martinson abzuholen. Er nahm in der Lobby gegenüber dem Eingang
Platz und musste beinahe zwanzig Minuten warten, bis sie schwer atmend das
Hotel durch die Glasschiebetüren betrat und ihn schuldbewusst ansah.
»Entschuldige, aber ich habe mich wirklich beeilt!« Sie trug
eine Plastiktüte in der Hand und ließ sich erst einmal neben ihm in den Sessel
fallen.
»Wir haben einen wichtigen Termin, ich dachte, das wäre klar«,
antwortete Trevisan säuerlich. »Ich dachte natürlich nicht, dass du noch
einkaufen gehst.«
»Ein paar wichtige Dinge.« Sie reichte Trevisan die Tüte. Er
schaute hinein und fand dort neben Süßigkeiten und ein paar Schmucksteinen zwei
kleine Spielzeugautos, einen Polizeiwagen und ein Feuerwehrauto.
»Hat jemand Geburtstag?«, fragte Trevisan verwirrt.
Margot lächelte und nahm die Tüte wieder an sich. »Mit Speck
fängt man Mäuse«, antwortete sie. »Warte hier, ich hole die Unterlagen.«
Trevisan warf einen besorgten Blick auf die Armbanduhr.
»Ach so, ja: Ich habe mit Frau Sonntag, Svens Betreuerin,
telefoniert«, erklärte Margot. »Der Termin verschiebt sich um eine halbe
Stunde, außerdem hatte ich noch ein paar Fragen.« Sie hob die Plastiktüte in
die Höhe.
Jetzt verstand Trevisan, die Dinge darin waren für Sven. Er
atmete auf. »Ich dachte, dass du all deine psychologische Erfahrung einsetzt,
aber das ist doch pure Bestechung.«
»Das gehört in diesem Fall ebenfalls zur Psychologie, oder hast
du noch nie vom Belohnungsprinzip gehört?«, scherzte Margot. »Der Junge hat den
Intellekt eines Sechsjährigen und da
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