Der Sohn des Apothekers (German Edition)
Versteck
und ein optimaler Zugang, ohne gesehen zu werden oder die Gefahr, zufällig
jemandem zu begegnen.«
»Bokenloher Heide, sagen Sie?«
»Richtig!«, bestätigte Justin Belfort.
»Fällt Ihnen sonst noch etwas ein?«
Justin Belfort schüttelte den Kopf und bereute das offenbar
sofort, er stöhnte auf.
Trevisan wünschte ihm noch gute Besserung und hinterließ seine
Visitenkarte. »Falls Ihnen noch was einfällt.«
Auf dem Rückweg zur Dienststelle überlegte er, ob sich eine
Suchaktion in dieser Kiesgrube lohnen würde. Personenschutz für Sven war nicht
mehr notwendig, aber für Justin Belfort musste er zunächst noch bestehen
bleiben. Der Mann würde noch eine geraume Zeit im Krankenhaus verbringen
müssen.
Auf der Dienststelle informierte ihn der Wachhabende, dass die
Fahrt ins Allgäu genehmigt worden war. Zweiter Klasse und Hotel bis fünfzig
Euro pro Person. Die Buchung sei bereits erfolgt.
»Denken immer nur ans Sparen, diese Knauser«, murmelte
Trevisan. Der Kollege der Wache blickte ihn fragend an.
»Alles okay«, sagte Trevisan und ging in sein Büro. Er
schaltete seinen Computer ein, um eine Karte vom Steinhuder Meer aufzurufen und
diese Kiesgrube ausfindig zu machen. Sein Mailprogramm meldete sich mit einem
melodischen Dreiklang zu Wort. Schaarschmitt teilte mit, dass die
DNA-Überprüfung aller Tennweider Probanten negativ verlaufen war. Sprachlos
starrte Trevisan auf die Mail. Das konnte nicht sein, da musste ein Fehler
unterlaufen sein. Kleins DNA musste sich am Rucksack befinden, schließlich
hatte er zugegeben, dass er den Rucksack vom Tatort mitgenommen hatte. Es sei
denn …
39
Mittwoch
Sie waren um 05.30 Uhr vom Messebahnhof gestartet und dann
in den Intercity umgestiegen. Nachdem Trevisan am gestrigen Abend zurück auf
die Dienststelle gekommen war, hatten sie sich zusammengesetzt und ihre
Erkenntnisse ausgetauscht. Die Spur mit dem schwarzen Wagen klang
vielversprechend. Sie waren zu der Entscheidung gekommen, einen Polizeizeichner
zu dem Tankwart zu schicken. Ein Versuch konnte nicht schaden. Hanna würde sich
darum kümmern. Außerdem wollte Trevisan die Kiesgrube, von der Justin Belfort
gesprochen hatte, mit Leichenspürhunden durchsuchen lassen. Er bat Hanna, sich
in dieser Sache an Engel zu wenden. Es war an der Zeit, dass sich der
Kriminaloberrat selbst nützlich machte, statt die Ermittlungsarbeit ständig zu
kritisieren.
Lisa hatte noch am Abend ihren verschobenen Friseurtermin
wahrgenommen und sich ihre Haare schneiden und färben lassen. Nichts erinnerte
mehr an das schrille Mädchen, das Trevisan bei seinem ersten Besuch an seiner
neuen Wirkungsstätte kennengelernt hatte. Sie trug einen grauen, knielangen
Rock, eine weiße Bluse und eine schwarze Jacke. Mit ihrem Zopf wirkte sie sogar
streng.
»Ich dachte, wenn ich ins tiefste Bayern fahre, dann kann ich
dort nicht aussehen wie die Prinzessin auf der Erbse«, antwortete sie, als
Trevisan nach dem Grund für ihr neues Outfit fragte.
Die Fahrt dauerte über sechs Stunden und Trevisan döste ein
wenig. Er erwachte, als der Regioexpress, den sie in München bestiegen hatten,
beim Einfahren in den Kemptener Bahnhof lautstark bremste.
Vom Bahnhof aus fuhren sie mit dem Taxi direkt zum
Polizeipräsidium, wo ein Kollege der Kemptener Polizei sie bereits erwartete.
Engel hatte noch am gestrigen Abend um Amtshilfe ersucht. Nachdem sich Trevisan
vorgestellt und sein Anliegen dem Kollegen erklärt hatte, fuhren sie direkt in
das knapp zwölf Kilometer entfernte Sulzdorf, wo Sarah Meierling im Ferienhof
Winter arbeitete und nach Lisas Ermittlungen am heutigen Mittag Dienst am
Empfang aufnehmen sollte.
Der Gasthof entpuppte sich als kleines und gemütliches Hotel
mit angeschlossenem Gästehaus und Restaurant. Da weder Lisa noch Trevisan das
Angebot des Zugrestaurants im ICE in Anspruch genommen hatten, nutzten sie die
Gelegenheit. Den fülligen bayerischen Kollegen lud Trevisan kurzerhand ein und
der ließ sich nicht zweimal bitten. Trevisans Mittagsmahl war ähnlich rustikal
wie die Einrichtung des Gasthauses, die zum Großteil aus hellem Buchenholz
bestand.
Kurz vor ein Uhr gingen Lisa und Trevisan hinüber ins
Gästehaus, wo sich die Anmeldung befand, während der bayerische Kollege es
vorzog, bei einem kühlen Weizenbier im Gaststättenbereich zu warten. Noch bevor
Trevisan den Empfangstresen erreichte, erkannte er das braunhaarige Mädchen,
das ihrer Mutter wie aus dem Gesicht geschnitten war. Sarah trug ein Dirndl
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