Der Sohn des Apothekers (German Edition)
freundlich und verabschiedete sich.
»Trevisan wird zufrieden sein«, sagte sie zu Schaarschmitt.
Als sie zurück auf die Dienststelle kam, erwartete sie Engel
bereits ungeduldig. »Wo stecken Sie denn, in einer Stunde geht es los!«
»Was geht los?«
»Wir durchsuchen diese Kiesgrube, von der Trevisan sprach.« Der
Kriminaloberrat wedelte mit dem Kartenausschnitt der Kiesgrube in der Hand.
»Ich hoffe nur, dass sich Trevisan nicht schon wieder irrt.«
»Sollten wir nicht auf ihn warten?«
»Papperlapp, das können wir beide doch auch.« Engel grinste
breit. »Um eins, pünktlich!«
Hanna beeilte sich, ein Mittagessen zu organisieren, und fand
sich pünktlich in Engels Büro ein. Engel hatte inzwischen seinen Anzug gegen
einen dienstlichen Overall eingetauscht. Gummistiefel standen vor seinem
Schreibtisch.
Er betrachtete die junge Hauptkommissarin skeptisch, die in
Jeans, T-Shirt, einer leichten Sommerjacke und Turnschuhen vor ihm stand. »Wir
gehen ins Gelände, Frau Kowalski. Sie sollten sich entsprechende Kleidung mitnehmen.«
Hanna warf einen Blick zum Fenster. »Die Sonne scheint«, sagte
sie. »Außerdem sollten wir die Suche den Spezialisten überlassen.«
»Das wird was werden«, murmelte sie, während sie Engel hinaus
auf den Parkplatz folgte.
40
»Das ist ein ganz schönes Miststück«, seufzte Lisa, die sich
mehr von dem Gespräch erwartet hatte.
»Irgendetwas bedrückt dieses Mädchen und lässt Sarah kalt und
herzlos erscheinen, aber ich glaube, das ist nur Fassade«, antwortete Trevisan.
»Sie trägt etwas mit sich herum, das ihr schwer zugesetzt hat.« Er warf einen
Blick auf seine Armbanduhr. Es war kurz nach zwei. Sie saßen am Tisch ihres
bayerischen Kollegen, der sich die Wartezeit mit einem weiteren Weißbier
verkürzt hatte. Trevisan hatte sich einen Kaffee bestellt und Lisa nippte an
einer eiskalten Cola.
»Gehen wir alles noch einmal
durch«, sagte Trevisan, nachdem er sich Kaffee aus dem kleinen Kännchen eingeschenkt
hatte. »Die Mädchen verschwanden an einem Mittwoch im September. An diesem Tag
haben drei junge Männer eine Kiste Bier und Grillpaste in einer Tankstelle knappe
drei Kilometer vom späteren Tatort entfernt gekauft …«
»Die Jungs planen ein kleines Saufgelage und stoßen auf den
Grillplatz am Bannsee«, fiel ihm Lisa ins Wort. »Sie grillen und trinken und da
kommen die Mädchen mit ihren Rädern zufällig vorbei. Sie halten die Mädchen an,
dann eskaliert die Sache. Sie bringen sie um, verstecken die Räder und laden
die Leichen in ihren Wagen, um sie irgendwo zu verstecken. Dann fliehen sie.
Der Dorfpolizist findet die Reste des Gelages, nachdem er von dem Vermisstenfall
erfährt. Er hat Krach mit seinem Sohn, der außer Kontrolle geraten ist, und
denkt, dass der Filius etwas mit der Sache zu tun hat. Er beseitigt die Spuren,
schnappt sich den Rucksack eines der Opfer und wirft ihn sechzig Kilometer
entfernt auf einem Autobahnparkplatz ins Gebüsch, damit er dort gefunden wird.
Er will den Verdacht von seinem Sohn ablenken und prompt fällt die damalige
Soko auf den Schwindel herein. Doch dann kommt Sven ins Spiel, er ist im Besitz
einer Kette, die einem der Opfer gehörte. Er hütet das Kettchen wie einen
Schatz. Er gerät unter Verdacht, weil er in Tatortnähe gesehen wurde und bei
einer Durchsuchung finden die Kollegen die Kette und nehmen den Jungen fest.
Der Fall ist für die Soko abgeschlossen, aber nachdem der Rucksack wieder
auftaucht, müssen sie den Jungen freilassen. Und jetzt, drei Jahre später,
haben wir den Fall auf dem Tisch und müssen sehen, wie wir durch diesen
Dschungel zur Wahrheit vordringen.«
Trevisan lauschte interessiert Lisas Theorie, die sich mit
seiner deckte.
»Und die Kleine vom Empfang steckt da mit drunter?«, fragte der
bayerische Kollege ein und prostete Lisa zu.
»Lisas Geschichte klingt plausibel, aber da gibt es noch ein
paar Punkte, die unklar sind«, entgegnete Trevisan. »Diese Jungs von der Tankstelle
kennen sich im Ort aus, denn sie haben das Zeugs eingekauft, bevor sie an den
Bannsee gefahren sind.«
»Sie haben einfach einen geeigneten Platz gesucht und sind
zufällig auf den Grillplatz am Bannsee gestoßen«, erwiderte Lisa.
»Genau, Zufall«, meinte der Kollege aus Bayern.
Trevisan warf ihm einen missbilligenden Blick zu. »Und der
Journalist?«
Lisa biss sich auf die Lippen. »Stimmt!«
»Außerdem sagte Sven, dass die Kette einfach da war, das heißt,
er hat sie damals nicht gefunden, sondern sie wurde
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