Der Sohn des Apothekers (German Edition)
Engel.
»Trevisan ist in Gefahr, ich spüre es, und wenn ihm etwas
passiert, dann … dann …«
»Gut, ich komme!«, antwortete Engel barsch.
Ungeduldig saß sie in dem geräumigen Konferenzzimmer und
überlegte, was sie tun konnte. Die Zeit schlich dahin. Sie fühlte sich schwach
und hilflos. Noch bevor Engel eintraf, rief Oberkommissar Klein zurück.
»Ich stehe in der Nähe von Rosis Haus«, berichtete er. »Im Haus
brennt Licht und der rote Audi, den ihr Kollege fuhr, steht direkt gegenüber.«
»Ist sonst etwas zu erkennen?«, fragte Hanna hastig.
»Nein, ich bin noch gut fünfzig Meter entfernt«, entgegnete
Klein. »Wenn ich näher rangehe, dann sieht man mich.«
»Bleiben Sie bitte dort, ich … ich rufe Verstärkung.«
»Weshalb glauben Sie, dass sich Ihre Kollegen in Gefahr
befinden?«, fragte Klein.
Hanna schilderte ihm, was sie über Rosi Meierling und ihren
unehelichen Sohn herausgefunden hatte.
»Davon hat niemand im Ort gewusst«, antwortet er überrascht.
»Bleiben Sie bitte dort und melden Sie sich, wenn sich etwas
tut, bitte.«
»Da ist noch was«, sagte Klein. »Ihr Kollege fragte mich nach
einem schwarzen Wagen.«
»Ja«, fragte Hanna ängstlich.
»Hinter dem Haus vor den Garagen steht ein schwarzer Toyota«,
berichtete Klein. »Das Kennzeichen lautet… Moment … HH-NK 2253.«
Hanna schrieb das Kennzeichen mit und verglich es mit ihren
Aufzeichnungen. HH-NK 2253, der Wagen, der auf Stefan Scheering zugelassen war.
»Ich schicke sofort Verstärkung!« Sie legte auf. Ihre Vermutung
war nun Gewissheit und Hanna zögerte keinen Augenblick. Sie wählte die Nummer
der Zentrale und verlangte nach dem Einsatzleiter vom Dienst. Sie schilderte
ihm die Lage.
»Wir brauchen das SEK und Zivilstreifen, die das Haus
observieren«, sagte sie bestimmt.
»Das SEK ist in etwa vierzig Minuten einsatzklar, wir müssen
von einer Geiselnahme ausgehen«, bestätigte der Einsatzleiter. »Zwei
Zivilstreifen sind auf dem Weg.«
Hanna legte auf und schlug die Hände vor das Gesicht. Sie griff
nach ihrem Handy und den Wagenschlüssel, doch noch bevor sie das
Konferenzzimmer verlassen hatte, kam Engel durch die Tür.
»Sie sind ja vollkommen aufgelöst«, sagte er, als er Hanna
musterte.
»Die Kerle sind in Tennweide und sie haben Trevisan und Lisa.
Ich habe den Einsatzleiter vom Dienst informiert, das SEK ist auf dem Weg.«
»Sie haben was?«, fragte Engel entgeistert. »Hätten wir nicht
erst …«
»Hören Sie, das sind eiskalte Mörder und sie haben Trevisan und
Lisa in ihrer Gewalt.«
»Das sind Vermutungen, Frau Kowalski«, entgegnete Engel. »Reine
Spekulation.«
»Wir sitzen hier nicht im
warmen Büro und können unsere Entscheidungen tausendmal überdenken! Das ist die
Realität der Straße, da müssen wir handeln, improvisieren, manchmal auch
intuitiv und ich weiß, dass sich Trevisan in großer Gefahr befindet, Herr
Kriminaloberrat«, antwortete sie bissig. Sie ließ Engel einfach stehen und ging
an ihm vorüber.
»Was machen Sie denn, wohin gehen Sie?«, rief er ihr hinterher.
»Nach Tennweide, wohin sonst!«
*
Sie hatten Lisa und Trevisan an die Heizung gefesselt und
sich versichert, dass die Schnüre auch halten würden, ehe sie die Küche
verließen.
»Pass auf sie auf!«, befahl Warmuth seiner Mutter. »Und wenn
sie sich rühren, dann ruf uns.«
»Was habt ihr vor?«, fragte Rosi Meierling.
»Wir packen alles zusammen und verschwinden von hier, solange
wir noch können«, antwortete ihr Sohn. »Raus aus dem Land. Ich habe keine Lust,
den Rest meines Lebens im Knast zu verbringen. Hast du Geld?«
»Zweihundert Euro vielleicht.«
»Mehr nicht?«
Rosi schüttelte den Kopf.
Peter Warmuth wandte sich Trevisan zu. »Aber ihr habt doch
sicherlich etwas Startkapital für mich?« Er ging einen Schritt auf Trevisan zu.
Er tastete ihn ab und anschließend durchsuchte er auch Lisas Taschen, doch er
fand nichts. »Keine Kohle, so eine Scheiße. Keiner geht ohne Kohle aus dem
Haus, noch nicht mal die Bullen – also, wo habt ihr euer Geld?« Er fuchtelte
bedrohlich mit der Pistole vor Lisas Gesicht herum.
»Draußen im Wagen«, antwortete Trevisan.
Peter Warmuth wandte sich ihm kalt lächelnd zu und griff ihm in
die Jackentasche, um den Autoschlüssel herauszuholen. »Na, geht doch«, sagte er
frech. Er sah den Anhänger der Firma Europcar. »Was ist das, müsst ihr Bullen
jetzt schon die Autos leihen?«
Trevisan schwieg.
»Hey Steve«, rief Warmuth seinem Komplizen zu. »Schau mal
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