Der Sohn des Apothekers (German Edition)
aufzuklären, dem zwei junge Mädchen zum Opfer fielen.
Diese Mädchen und ihre Hinterbliebenen haben ein Recht darauf, dass die Mörder
überführt und bestraft werden. Ich vermute sogar, dass ganz bewusst der
Verdacht auf Ihren Sohn gelenkt wurde und dass Ihr Sohn den Mörder kennt.«
Thiele kratzte sich am Kopf. »Sie meinen, ihm wurde das Kettchen
des Mädchens untergeschoben?«
»Ich meine, dass es sich lohnt, noch einmal mit Ihrem Sohn über
die Sache zu reden.«
»Ich dachte, die Mädchen wurden von einer Rockerbande nach
Dänemark verschleppt. So hieß es zumindest in den Zeitungen.«
»Sie sollten nicht alles glauben, was die Zeitungen schreiben.«
»Hören Sie, Herr … Herr …«
»Trevisan ist mein Name.«
»Okay, Herr Trevisan. Sven ist in einem Pflegeheim untergebracht,
er fühlt sich dort wohl und ich glaube, es würde ihn wieder um Jahre zurückwerfen,
wenn er in einen Gerichtssaal muss. Ich habe nach Ihrem letzten Besuch mit Frau
Sonntag gesprochen, Svens Betreuerin. Sie meinte, dass Svens Zustand noch immer
nicht zufriedenstellend sei. Obwohl jetzt schon beinahe drei Jahre vergangen
sind, ist er noch nicht über die Sache hinweg. Es wäre fatal, wenn er …«
»Dennoch haben Sie einem Treffen mit einem Journalisten
zugestimmt«, entgegnete Trevisan. »Und dieser Journalist wurde entführt. Ich
bin felsenfest davon überzeugt, dass es da einen Zusammenhang gibt.«
»Sie glauben gar nicht, wie es ist, mit diesem Makel zu leben«,
klagte der Apotheker. »Sven wurde damals aus Mangel an Beweisen wieder auf
freien Fuß gesetzt – Sie wissen, was das bedeutet. Ich sehe den Menschen hier
im Ort an, was sie denken, wenn sie den Kopf senken oder die Straßenseite
wechseln. Und ich weiß auch, was sie über mich denken. Ich möchte einfach nur,
dass endlich Schluss damit ist. Und ich will, dass es meinem Sohn gut geht.
Mehr ist mir nicht geblieben.«
»Ich verstehe Sie, Herr Thiele,
ich habe selbst eine Tochter. Ich denke, wir sollten eine einvernehmliche
Lösung finden. Ich könnte mir auch vorstellen, dass wir die Anhörung in seiner
gewohnten Umgebung und im Beisein seiner Betreuerin durchführen. Ich würde
jemanden mitbringen, der entsprechend geschult ist, eine Psychologin, die ihr
Handwerk versteht.«
Thiele überlegte eine Weile. »Wissen Sie, ich will nur das
Beste für meinen Jungen, es ist schon schlimm genug.«
»Sagen Sie mir, wie wir in dieser Angelegenheit zusammenkommen
können«, antwortete Trevisan. »Wenn es uns gelingt, die Tat aufzuklären, dann
wäre Ihr Sohn – und auch Sie – ein für alle Mal rehabilitiert.«
Thiele überlegte eine Weile, schließlich nickte er. »Gut, ich
rede mit Frau Sonntag. Aber nur Sie und Ihre Kollegin. Ich sage Ihnen aber
gleich, wenn dies nur eine Masche von Ihnen ist, dann gnade Ihnen Gott.«
Trevisan reichte Thiele die Hand. »Ich spiele mit offenen
Karten, das können Sie mir glauben. Sie können mir das Schreiben wiedergeben.
Und reden Sie mit niemandem darüber, auch mit dem Polizisten Klein nicht. Er
weiß nicht, dass ich hier bin und ich will auch noch nicht, dass er es
erfährt.«
»Klein, wieso Klein?«, fragte Thiele.
»Er hat mich draußen kontrolliert und ich bin ehrlich, solange
wir noch keine konkreten Spuren haben, ist erst einmal jeder verdächtig,
verstehen Sie?«
Thiele nickte. »Ich verstehe und glauben Sie mir, Klein wäre
der Letzte, mit dem ich darüber reden würde. Er war damals ganz schnell damit,
zu behaupten, dass Sven es getan haben könnte.«
Trevisan nickte. »Ich weiß, ich kenne die Akte.«
Er griff nach dem Schreiben und steckte es ein. Trevisan hatte
erreicht, was er wollte, wenn der Weg dahin auch nicht ganz legal gewesen war.
Als er die Rehburger Straße zu seinem Wagen entlangging, fuhr ein Streifenwagen
an ihm vorbei. Er wusste, wer darin saß.
Der heutige Abschnitt, den der Einsatzleiter zur Durchsuchung
festgelegt hatte, lag über sieben Kilometer von Tennweide entfernt und nördlich
der Einsatzzone. Das Gebiet um den Grindewald war nur in den Fokus der Ermittler
geraten, weil es einen beinahe gerade verlaufenden Verbindungsweg durch die
Torflandschaft vom Bannsee bis hin zu den Torfgebieten am Grindewald gab.
Zwei Züge der Bereitschaftspolizei sowie Hundeführer aus den
umliegenden Direktionen nahmen an dem Einsatz teil. Zusätzlich flogen Kollegen
der Polizeihubschrauberstaffel Hannover mit einer SA 365 Dauphine, einem
Eurocopter-Hubschrauber mit einer Wärmebildkamera an Bord,
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