Der Sohn des Apothekers (German Edition)
damit sagen, Trevisan?«, zeterte der
Kriminaldirektor.
»Ich glaube, dass die Mädchen in diesem kleinen Wäldchen bei
Tennweide ihren Mördern in die Hände fielen und noch immer dort im Umkreis
verscharrt in einem Erdloch liegen. Da gibt es unzählige Torfgruben.«
»Und Sie glauben, die Täter stammen aus dem Ort«, vollendete
Lansing Trevisans Gedanken.
»Ja«, bestätigte er. »Irgendjemand hat diesem Apothekersohn
damals die Beweise untergejubelt und ihn dadurch zum Hauptverdächtigen gemacht.
Außerdem ist in Tennweide vor ein paar Tagen ein Journalist verschwunden, der
zu dem Fall für eine Reportage recherchierte. Diese beiden Verbrechen hängen
zusammen, da bin ich mir sicher.«
»Sie glauben, der Journalist wurde ebenfalls ermordet?«
Trevisan nickte.
»Haben Sie dafür irgendwelche Anhaltspunkte?«
Trevisan griff nach einer weiteren Folie und legte sie auf.
Gespannt starrten Blessing, der Oberstaatsanwalt und Engel auf die Tabelle.
»Das ist der Einzelverbindungsnachweis des verschwundenen
Journalisten«, erklärte Trevisan. »Er wurde kurz vor seinem Verschwinden von
einem bestimmten Apparat zweimal angerufen. Vielleicht sogar von seinem
Mörder.«
»Dann lassen Sie doch einfach die Nummer feststellen«, blaffte
Blessing.
»Das hat Kollege Sobeck von der Kripo Hannover bereits
veranlasst. Die Nummer gehört zu der öffentlichen Telefonzelle neben der Kirche
in Tennweide.«
Blessing schaute Engel an. »Warum erfahre ich so etwas nicht?«,
tadelte der Direktor.
»Ich habe, ich weiß …«, stotterte Engel.
»Ich wurde erst heute darüber informiert«, erklärte Trevisan.
»Sobeck hat mich angerufen. Er ist übrigens wieder mit einem Suchtrupp in der
Umgebung von Tennweide unterwegs, um den Journalisten zu finden.«
»Haben Sie schon einen Verdacht?«, kam Lansing auf den Kern.
»Nur vage«, antwortete Trevisan. »Es gibt dort eine Clique
junger Leute, die ab und an im Wald auf der von den dänischen Zeugen
beschriebenen Lichtung feiert.«
»In Anbetracht der neuen Indizien sind natürlich weitere
strafprozessuale Maßnahmen denkbar. An was haben Sie gedacht, Herr Trevisan?«
»Der Speicheltest wäre ein Anfang, außerdem würde ich gerne mit
dem Apothekersohn reden. Der ist aber in einem Pflegeheim untergebracht und der
Vater ist nicht gut auf uns zu sprechen.«
Der Oberstaatsanwalt runzelte die Stirn. »Nachdem es jetzt ein
förmliches Gesetz zur Erhebung von genetischen Daten gibt, das es damals, als
die Mädchen entführt wurden, noch nicht gab, denke ich durchaus, dass wir mit
den Indizien ausreichend Verdachtsmomente haben, um eine DNA-Reihenuntersuchung
zu begründen. Ich würde es aber sehr begrüßen, wenn Sie künftig mit mir und
nicht mit der Presse darüber sprechen. Sie dürfen nicht vergessen, was es für
ein so kleines Dorf und die Menschen dort bedeutet, bei einem derartigen
Verbrechen unter Generalverdacht zu geraten. – Die Sache mit dem Apothekersohn
ist da schon etwas schwieriger … Wenn das Einverständnis des Vaters oder der Betreuungsperson
nicht vorliegt und er als Zeuge gehört werden soll, müssen wir einen
Sachverständigen hinzuziehen. Das kann dauern. Da wäre es besser, noch einmal
mit dem Vater zu sprechen und ihm darzustellen, wie wichtig es wäre, den Jungen
als Zeugen zu hören.«
Trevisan nickte.
Lansing erhob sich. »Ich werde mich persönlich des Falles
annehmen. Gibt es sonst noch etwas, das ich wissen sollte?«
Trevisan kratzte sich am Kinn. »Wenn es sich bewahrheiten
sollte, dass diese Jugendlichen etwas mit der Sache zu tun haben, dann sollten
Sie wissen, dass es sich um die Kinder honoriger Bürger handelt. Neben dem Sohn
des Gemeindevorstandes ist auch ein Polizistensohn darunter.«
Lansing fuhr sich über die Stirn. »Ich verstehe. Ich tue, was
ich kann, und ich gehe davon aus, dass auch diese Dienststelle Ihre
Ermittlungen entsprechend unterstützen wird.«
Der Staatsanwalt wandte sich Blessing zu und schaute ihn
fragend an. Man spürte, wie der Direktor mit sich rang, so fiel sein Nicken
auch ein wenig widerwillig aus.
»Wenn es Probleme gibt, dann lassen Sie es mich wissen«,
verabschiedete sich der Oberstaatsanwalt.
Blessing nickte den anderen nur kurz zu, ehe er wie ein
geprügelter Hund hinter dem Oberstaatsanwalt hertrottete. Engel warf dem Duo
einen langen Blick nach, ehe er Trevisan die Hand reichte. »Gute Arbeit,
Trevisan, gute Arbeit.«
Nachdem auch Engel den Raum verlassen hatte, tippte Hanna
Trevisan auf die Schulter.
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