Der Sohn des Apothekers (German Edition)
hatte Wort gehalten. Der freiwillige
Speicheltest sollte am Samstag im Gemeindehaus in Tennweide stattfinden. Ein
zweiter Termin für Nachzügler war eine Woche später geplant.
»Anforderungsantrag für die KTU, Probeverwertungsantrag,
Einwilligungserklärung der Betroffenen und jetzt auch noch der
Beweiserhebungsantrag«, klagte sie. »Und dabei habe ich noch nicht einmal meine
Steuererklärung für dieses Jahr gemacht.«
Lisa lachte. »Wollte unsere Regierung nicht in dieser Legislaturperiode
die bürokratischen Hürden aus dem Weg räumen?«
»Ich sehe es«, antwortete Hanna. »Jetzt muss ich mich noch mit
der Gemeindeverwaltung herumschlagen, damit wir am Samstag das
Dorfgemeinschaftshaus als Zentrale nutzen können. Und Trevisan fährt noch immer
irgendwo am Steinhuder Meer spazieren.«
»Nein, Trevisan ist hier«, tönte es in ihrem Rücken, so dass
sie zusammenzuckte.
Hanna nickte ihm zu. »Schönen Ausflug gehabt?«
»Kann man sagen«, entgegnete er im Vorbeigehen und verschwand
in seinem Büro.
»Ich gehe dann mal«, sagte Lisa und schaute auf die Uhr. »Mein
Yoga-Kurs beginnt in einer halben Stunde.«
»Okay«, antwortete Hanna. »Ich mach die Formulare noch fertig,
dann verschwinde ich ebenfalls.«
Lisa griff nach ihrer Jacke, nickte Hanna zu und ging. Eine
Viertelstunde später kam Trevisan wieder aus seinem Büro und setzte sich
rittlings auf den Stuhl neben Hanna.
»So, ich glaube, jetzt sind
wir so weit«, stöhnte er und warf den Briefumschlag in seiner Hand demonstrativ
in den Mülleimer. »Bald habe ich einen Termin mit einem wichtigen Zeugen. Sven
Thiele, dem Sohn des Apothekers von Mardorf.«
»Und du glaubst, das lohnt sich? Der Junge ist debil.«
»Einen Versuch ist es wert, der ist einfach nur wie ein kleines
Kind.«
»Soll ich dich begleiten?«
Trevisan schüttelte den Kopf. »Ich mach das mit einer guten
Freundin, die kennt sich darin aus.«
Hanna griff in den Postkorb und warf Trevisan ein Formular zu.
»Unterschreibe das bitte«, sagte sie kühl. »Wenigstens Formulare kann ich
richtig ausfüllen.«
Trevisans spürte, dass seine Antwort nicht gut bei ihr angekommen
war. Er blickte ihr in die Augen und legte den Kopf schräg, wie ein treu
ergebener Hund. »Tut mir leid, ich denke manchmal nicht richtig nach, wenn ich
was sage.«
Hanna hob abwehrend die Hände. »Schon gut, wir haben ja auch
keine Erfahrung, wir sind ja keine richtigen Ermittler, wir machen ja nur
Schreibtischarbeit, ich verstehe das schon.«
»Nein, ich habe mit Thiele abgemacht, dass mich eine
Psychologin begleiten wird. Sie arbeitet für das LKA in Hamburg, ich lernte sie
bei einem Fall kennen, den wir gemeinsam bearbeitet haben. Sie heißt Margot
Martinson und hat Erfahrung in solchen Dingen. »
»Wir müssen noch die Polizeikostennachweisung an die
Staatsanwaltschaft schreiben. Ich denke, dass du das machen solltest, es sind
schließlich auch deine Ermittlungen.«
Trevisan erhob sich, umrundete seinen Stuhl und legte Hanna die
Hand auf die Schulter. »Es tut mir wirklich leid, ich wollte dich nicht
verletzen. Ohne deine Ermittlungen in Braunschweig wären wir noch lange nicht
so weit. Und jetzt lass den Antrag liegen, ich lade dich zum Essen ein und ich
fahre dich danach auch nach Hause, versprochen.«
Hanna legte den Papierbogen auf den Schreibtisch zurück. »Ich
will aber kein Mitleid.«
»Das ist kein Mitleid. Ich sage manchmal Dinge, ohne vorher zu
überlegen, das ist einfach so. Dafür bin ich auch ein Mann, das ist die einzige
Entschuldigung, die ich habe.«
Hanna musterte Trevisan eindringlich. Schließlich musste sie
lachen. »Das ist auch wirklich die einzige Entschuldigung, die zählt«,
antwortete sie. »Ich esse aber gerne und viel und ich trinke nur Weißwein mit
Prädikat.«
»Ich bin Hauptkommissar und trinke vorwiegend Wasser – ich
glaube, ich kann mir ein Date mit dir leisten.«
28
Trevisan holte Hanna kurz vor acht Uhr ab, um mit ihr in das Zwölf Apostel am Pelikanplatz zu gehen, wo er einen Tisch für zwei
Personen reserviert hatte.
Trevisan hatte sich in seinen grauen Anzug gezwängt und
überrascht festgestellt, dass es nicht schaden würde, sich in nächster Zeit
wieder etwas sportlich zu betätigen. Wenigstens passte sein Hemd noch.
Von Davenstedt nach Burgwedel war er beinahe eine ganze Stunde
unterwegs gewesen, doch er war noch rechtzeitig eingetroffen. Er wollte Hanna
bei der ersten Verabredung auf keinen Fall warten lassen. Hanna gefiel ihm. Sie
erinnerte ihn an
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