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Der Sohn des Azteken

Der Sohn des Azteken

Titel: Der Sohn des Azteken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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Nachdenken fügte ich hinzu: »Da ich der einzige Mensch in diesem Heer bin, der euch wenn auch mit großer Mühe versteht, und den ihr verstehen könnt …«
    »Verzeiht noch einmal, John, der Brite. Eine ganze Reihe von diesen Sklaven, Schwarzen, Indios und Mischlingen sprechen besser Spanisch als wir. Ein kleines Halbblutmädchen kann sogar lesen und schreiben.«
    »Danke, daß ihr mir das sagt. Sie mag nützlich sein, wenn ich einer spanischen Stadt die Belagerung erkläre oder die Übergabebedingungen festsetze. Aber da ich der einzige Offizier bin, der mit euch sprechen kann, bleibt ihr beide in meiner Nähe, wenn wir in die Schlacht ziehen.« Sie nickten eifrig, und ich mußte unwillkürlich lachen. Es ging mir wie den Weißen mit den Indios, es fiel mir offen gestanden schwer, die beiden auseinanderzuhalten.
    »Ich kann eure Namen schlecht aussprechen«, sagte ich deshalb, »und da man sich beim Kampf unter Umständen blitzschnell verständigen muß, werde ich euch einfach Uno und Dos nennen.«
    »Man hat uns schon schlimmere Namen gegeben«, sagte Dos. »Eine Bitte, Sir, dürfen wir Euch Käptn John nennen? Das gibt uns irgendwie das Gefühl, zu Hause zu sein.«
     
     

28
     
    »Dieser Coronado … ist vor … sechs Tagen mit seinen Leuten an mir vorbeigezogen …«, keuchte der Läufer und sank erschöpft auf Knien und Ellbogen vor mir nieder. Sein Brustkorb hob und senkte sich krampfhaft, sein Körper war schweißüberströmt.
    »Wieso«, fragte ich zornig, »hast du so lange gebraucht, um dich hier zu melden?«
    »Ihr wolltet … eine Zählung … Herr«, japste er. »Vier Tage lang … zählen … und zwei Tage lang laufen …«
    »Bei Huitztlil« murmelte ich mitfühlend und klopfte dem Mann auf die nasse, bebende Schulter. »Komm erst einmal zu Atem, bevor du weitersprichst. Nochéztli, laß für den Krieger Wasser und etwas zu essen bringen. Er hat sechs Tage und Nächte hart gearbeitet und seine Pflicht erfüllt.«
    Der Mann trank dankbar von dem Wasser, doch als erfahrener Läufer zunächst nur wenig. Dann machte er sich gierig über das zähe Hirschfleisch her. Sobald er zusammenhängend sprechen konnte, ohne zu keuchen, fuhr er fort: »An der Spitze kam dieser Coronado und neben ihm ein Mann im schwarzen Priestergewand. Sie saßen beide auf großen Pferden. Hinter ihnen folgten viele berittene Soldaten, in Viererreihen, wenn der Weg breit genug war, zumeist aber in Zweierreihen, denn Coronado hat einen Weg gewählt, der nicht häufig benutzt wird und deshalb auch nicht besonders gut von Gestrüpp freigehalten ist. Jeder Reiter, mit Ausnahme eines einzigen, der schwarze Haut hatte, trug einen Eisenhelm und eine schwere Rüstung aus Eisen und Leder. Jeder einzelne war zudem mit Donnerstöcken und Schwertern aus Stahl bewaffnet und führte ein oder zwei zusätzliche Pferde mit sich. Dann kamen ähnlich bewaffnete Soldaten zu Fuß mit Donnerstöcken und langen Speeren mit breiten Klingen. Hier, Herr, ist die Aufstellung aller Soldaten.«
    Er zog drei oder vier Weinblätter aus einem Bündel hervor, das er in der Hand hielt. Darauf hatte er mit einem spitzen Zweig weiße Zeichen eingeritzt. Zu meiner Erleichterung sah ich, daß der Läufer wußte, wie man richtig zählt – Punkte für Einer, Fähnchen für Zwanziger, Bäumchen für Vierhunderter. Ich reichte die Blätter an Nochéztli weiter und sagte: »Zähl sie für mich zusammen.«
    Der Läufer berichtete weiter, das Heer, das sich nur mit Schrittgeschwindigkeit vorwärts bewegte, sei so lang gewesen, daß es vier Tage gedauert habe, bis es an seinem Versteck vorübergezogen war. Abends wurde der Marsch unterbrochen und ein Lager aufgeschlagen, doch er wagte nicht zu schlafen, weil er fürchtete, es könnte ihm etwas entgehen, was auf Coronados Befehl vielleicht im Schutz der Dunkelheit transportiert wurde. Während seines Berichts reichte mir der Läufer in Abständen immer neue Weinblätter. »Hier ist die Liste der Reitpferde, Herr, und das ist die Liste der Pferde und anderen Tiere mit Traglasten. Hier ist die Aufstellung der unbewaffneten Männer, von denen einige Weiße, andere Schwarze und Indios sind, und die Tiere treiben oder ebenfalls Lasten tragen.« Und schließlich: »Das ist die Liste der Tiere mit Hörnern, die Rinder genannt werden und die den Schluß bildeten.«
    Ich gab diese Aufstellungen alle an Nochéztli weiter und sagte zu dem Mann: »Das hast du sehr gut gemacht. Wie heißt du, und welchen Rang hast du?«
    »Ich heiße

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