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Der Sohn des Azteken

Der Sohn des Azteken

Titel: Der Sohn des Azteken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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Pozonáli, Herr, und bin nur ein Yaoquizqui-Rekrut.«
    »Nicht mehr, denn ab jetzt bist du ein lyac. Geh jetzt, lyac Pozonáli, iß und trink dich satt und schlafe dich aus. Dann nimm dir eine Frau … eine Purémpe, eine Sklavin, welche du willst … und sag ihr, ich habe es befohlen. Du hast die beste Stärkung verdient, die wir dir geben können.«
    Nochéztli studierte die Weinblätter und murmelte dabei vor sich hin. Schließlich sagte er: »Wenn die Zählung stimmt, Tenamáxtzin, und ich bürge für Pozonális Zuverlässigkeit, dann ist das wirklich unglaublich. Hier ist, was ich zusammengezählt habe: Außer Coronado und dem Mönch zweihundertfünfzig Berittene mit sechshundertzwanzig zusätzlichen Reitpferden, vierundsiebzig Fußsoldaten, ganze zehnhundert Packtiere, zehnhundert unbewaffnete Männer … Sklaven, Träger, Treiber, Köche, was auch immer … und vierhundertvierzig Rinder.« Mit leichter Wehmut fügte er hinzu: »Ich beneide die Spanier um all das viele frische, lebende Fleisch.« Ich sagte: »Nach unseren Informationen wissen wir, daß Coronado nur erfahrenste Offiziere und bestens ausgebildete Männer begleiten. Bestimmt hat er auch die besten Pferde und die stärksten und treuesten Sklaven und natürlich die neuesten und besten Arkebusen sowie Schwerter und Speere aus dem schärfsten Stahl mitgenommen. Bei vielen der Lasten handelt es sich um Schießpulver und Blei. Es bedeutet, daß er in den Garnisonen Neugaliciens, vielleicht im ganzen westlichen Teil Neuspaniens nur die ausgemusterten und untauglichen Soldaten zurückgelassen hat. Wahrscheinlich sind sie alle schlecht bewaffnet, haben nicht genug Munition und sind unzufrieden, weil sie unter dem Kommando unfähiger Offiziere stehen.« Mehr zu mir selbst fügte ich hinzu: »Die Frucht ist endlich reif.«
    Nochéztli murmelte: »Selbst eine überreife Frucht würde jetzt gut schmecken.«
    Ich lachte. »Du hast recht. Ich habe ebenso großen Hunger wie du. Wir werden nicht länger warten. Wenn sich das Ende der langen Kolonne bereits zwei Tage nördlich von uns befindet, können wir getrost nach Süden ziehen. Es ist nicht sehr wahrscheinlich, daß Coronado etwas von unserem Heer erfährt. Verbreitet die Nachricht in den Lagern. Wir marschieren morgen bei Tagesanbruch. Schick unseren Versorgungstrupp sofort voraus, damit wir morgen mit einem anständigen Abendessen rechnen können. Außerdem sollen alle deine Ritter und Führungsoffiziere zur Entgegennahme von Anweisungen sofort zu mir kommen.«
    Als sich diese Männer und Schmetterling, der einzige weibliche Offizier, eingefunden hatten, sagte ich zu ihnen: »Unser erstes Ziel ist eine Stadt namens Tonalá südöstlich von hier. Ich habe in Kenntnis gebracht, daß sie sehr schnell wächst und viele spanische Siedler anlockt. Es ist geplant, dort eine Kathedrale zu errichten.«
    »Entschuldigt, Tenamáxtzin«, sagte ein Offizier. »Was ist eine Kathedrale?«
    »Ein gewaltiger Tempel der Religion des weißen Mannes. So große Tempel werden nur an Orten errichtet, von denen man erwartet, daß sie sich zu wichtigen Städten entwickeln. Deshalb glaube ich, daß Tonalá einmal Compostela als spanische Hauptstadt von Neugalicien ablösen soll. Wir werden unser Möglichstes tun, die Spanier von diesem Vorhaben abzubringen, indem wir Tonalá angreifen, zerstören und dem Erdboden gleichmachen.« Die Offiziere nickten und sahen einander zufrieden an. »Wenn wir uns Tonalá nähern«, fuhr ich fort, »wird das Heer haltmachen, während Späher die Lage in der Stadt erkunden. Nach ihrem Bericht werde ich über die Verteilung unserer Kräfte beim Angriff entscheiden. Ich will außerdem Kundschafter haben, die uns vorausgehen – zehn flinke Aztéca-Krieger, die in ausreichendem Abstand vor unserem Zug ausschwärmen. Jede Siedlung, jeder Ort, selbst jede Hütte, die sie auf unserem Weg entdecken, ist mir sofort zu melden. Falls sie einem Menschen begegnen, ganz gleich, welcher Hautfarbe, und sei es ein Kind, das Pilze sucht, wird mir der Betreffende sofort vorgeführt. Überzeugt euch davon, daß alle diese Befehle verstanden haben.«
    Ich weiß nicht, wie viele Tage es gedauert hätte, bis unsere gesamte Kolonne, sobald sie sich in Marsch setzte, an einem bestimmten Punkt vorbeigezogen wäre. Wir waren etwa achtmal so viele Menschen wie das Heer unter Coronados Führung, aber wir hatten nicht seine Herden von Pferden, Maultieren und Rindern. Wir besaßen nur die beiden ungesattelten Pferde, die

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