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Der Sohn des Azteken

Der Sohn des Azteken

Titel: Der Sohn des Azteken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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Stillstand zu bringen, und sagte zu Nochéztli: »Rufe deine Ritter und Führungsoffiziere zusammen und folge mir.« Er sah meinen Gesichtsausdruck und machte wortlos kehrt, während ich zu der kleinen Siedlung hinunterritt. Dort angekommen, beugte ich mich vom Pferd und fragte einen der Kundschafter: »Wer sind diese Leute?« Mein Blick und mein Ton brachten ihn zum Stottern. »Nur … nur einfache Fischer, Tenamáxtzin.« Er winkte den ältesten Mann herbei.
    Der Alte fürchtete sich vor meinem Pferd und kam nur ängstlich näher. Er benahm sich so ehrerbietig, als sei ich ein berittener Spanier, aber er wandte sich in der Sprache der Kuanáhuata an mich, die dem Náhuatl so ähnlich ist, daß ich ihn verstehen konnte. »Herr, wie ich gerade dem Krieger erklärt habe, leben wir von den Fischen in diesem Teich. Wir sind nur wenige Familien und fischen, wie unsere Vorfahren es seit urdenklichen Zeiten getan haben.«
    »Wieso ihr? Und warum ausgerechnet hier?«
    »In diesem Teich gibt es einen kleinen, sehr gut schmeckenden Weißfisch, den man in keinem anderen Gewässer findet. Bis vor kurzem haben wir die Fische an andere Kuanáhuata-Siedlungen verkauft.« Er machte eine unbestimmte Handbewegung in Richtung Osten. »Aber jetzt sind im Süden, in Tonalá, Weiße. Sie schätzen diesen besonderen Fisch ebenfalls sehr, und wir können dafür wertvolle Waren eintauschen, die wir nie zuvor …« Er verstummte und blickte an mir vorbei, denn Nochéztli und seine Offiziere nahmen mit den Schwertern in der Hand im Kreis um die Hütten Aufstellung. Die Dorfbewohner drängten sich alle ängstlich zusammen, und die Männer legten schützend die Arme um Frauen und Kinder.
    Ich sagte über die Schulter: »Ritter Nochéztli, gib Befehl, die Kundschafter zu töten.«
    »Tenamáxtzin, es sind vier unserer besten …« Doch er verstummte wie zuvor der Fischer, als ich mich umdrehte. Ich sah ihn nur an, und er nickte gehorsam den Offizieren neben sich zu. Bevor die fassungslosen Kundschafter sich bewegen oder protestieren konnten, waren sie enthauptet. Der alte Mann und die Dorfbewohner starrten entsetzt auf die Körper, die zuckend im trockenen Gras lagen, und auf die abgetrennten Köpfe, in denen sich die Augenlider immer noch bewegten, als könnten sie nicht an ihr Schicksal glauben. Zu dem alten Mann sagte ich: »Es wird keine Weißen mehr geben, mit denen ihr in Zukunft Handel treiben könnt. Wir sind auf dem Weg nach Tonalá, um dafür zu sorgen. Jeder von euch, der mitkommen will und uns dabei hilft, die Weißen zu besiegen, ist herzlich dazu eingeladen. Alle, die das nicht wollen, werden auf der Stelle getötet.«
    »Herr«, sagte der alte Mann flehend, »wir haben keinen Streit mit den Weißen. Sie verhalten sich beim Handel mit uns anständig. Seit sie hier sind, geht es uns besser als …«
    »Das habe ich schon zu oft gehört«, unterbrach ich ihn. »Ich wiederhole noch einmal. Es wird keine Weißen geben, weder anständige Händler noch andere. Du hast gesehen, was mit meinen eigenen Männern geschehen ist, die meine Befehle nicht ernst genug genommen haben. Wer von euch mitkommt, dem schenke ich das Leben.«
    Der alte Mann wandte sich an die Dorfbewohner und breitete hilflos die Arme aus. Mehrere Männer und Halbwüchsige und zwei oder drei der kräftigeren Frauen, von denen eine einen kleinen Jungen an der Hand führte, traten vor und küßten symbolisch die Erde vor mir. Der alte Mann schüttelte traurig den Kopf und sagte: »Selbst wenn ich nicht zu alt wäre, um zu marschieren und zu kämpfen, Herr, würde ich den Ort meiner Väter und der Väter meiner Väter nicht verlassen. Tut was Ihr wollt.«
    Ich schlug ihm mit meinem Stahlschwert den Kopf ab. Das brachte die übrigen Männer und Jungen des Dorfes dazu, hastig vorzutreten und sich mir mit der Tlalqualiztli-Geste anzuschließen. Die meisten Frauen und Mädchen folgten ihrem Beispiel. Nur drei oder vier, die Säuglinge auf den Armen hielten oder kleine Kinder hatten, die sich an ihre Röcke klammerten, blieben zurück. »Tenamáxtzin«, sagte Schmetterling mit dem Kojotengesieht so besorgt, wie ich es nicht von ihr erwartet hätte, »das sind unschuldige Frauen und kleine Kinder.«
    »Du hast schon ganz andere als diese getötet«, erwiderte ich.
    »Aber das waren Spanier.«
    »Die Frauen können reden. Die Kinder können mit dem Finger zeigen. Ich will keine lebenden Zeugen.« Ich warf ihr mein zweites Schwert zu, ein obsidianbesetztes Maquáhuitl, das an einem

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