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Der Sohn des Azteken

Der Sohn des Azteken

Titel: Der Sohn des Azteken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Jennings
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und gekielholt worden.« Ich verlangte keine Erklärung des Gänsegeschnatters, sondern gab ihnen nur ihre Anweisungen: »Dort drüben liegt Tonalá. Der Kundschafter wird euch hinführen. Ihr werdet meine berittenen Mäuse sein. Andere Späher umkreisen die Stadt, und ich will, daß ihr sie euch von innen genau anseht. Reitet nicht vor dem Dunkelwerden los und versucht, wie hochmütige spanische Soldaten zu wirken. Geht durch die Straßen, solange ihr könnt. Ich brauche eine möglichst genaue Beschreibung der Stadt und eine Schätzung der Einwohner, sowohl der Weißen als auch der anderer Hautfarbe. Am wichtigsten ist für mich die möglichst genaue Zahl der dort stationierten Soldaten.«
    »Aber was ist, wenn wir nach der Losung gefragt werden, Käptn?« fragte Uno. »Wir können auf spanisch kaum eine normale Antwort geben, von einer Parole ganz zu schweigen. Sollen wir ihnen dann eine Kostprobe unserer Schwerter geben?«
    »Nein. Wenn euch jemand anspricht, zwinkert ihr nur vielsagend und legt den Finger an die Lippen. Da es dunkel ist und ihr euch ruhig verhaltet, werden sie annehmen, daß ihr euch in ein Maátime schleicht.«
    »In ein was?«
    »Ein Freudenhaus für Soldaten.« Als sie mich noch immer verständnislos anstarrten, rief ich lachend: »Ein Haus mit Huren!«
    »Jawohl, Sir!« sagte Dos begeistert. »Können wir ein bißchen mit den Häschen spielen, wenn wir dort sind?«
    »Nein. Ihr dürft weder kämpfen noch huren. Ihr reitet nur in die Stadt, seht euch um und kommt wieder zurück. Eure Schwerter dürft ihr benutzen, wenn wir die Stadt angreifen. Und wenn wir sie eingenommen haben, werdet ihr genug Zeit für die Frauen haben.«
    Aus den Nachrichten, die meine Kundschafter zurückbrachten, und aus den Aussagen von Uno und Dos, die berichteten, ihre Anwesenheit habe kein Aufsehen erregt, konnte ich mir ein Bild von Tonalá machen. Die Stadt hatte ungefähr die Größe von Compostela und auch etwa ebenso viele Einwohner. Doch im Gegensatz zu Compostela hatte sie sich nicht um eine bereits bestehende Siedlung entwickelt, sondern war von Spaniern gegründet worden. In den Außenbezirken standen die üblichen Hütten der Domestiken, doch in der Stadt selbst hatten die Weißen große Häuser aus Lehmziegeln und Holz errichtet. Wie in Compostela gab es zwei massive Steingebäude: eine kleine Kirche, die noch nicht zur Kathedrale des Bischofs erweitert worden war, und einen bescheidenen Palast mit Amtsstuben der Regierung und Unterkünften für die Soldaten.
    »Es sind nur genug Bewaffnete in der Stadt, um die Ordnung aufrechtzuerhalten«, sagte Uno. »Polizisten, Büttel, Gerichtsdiener und so weiter. Sie tragen Arkebusen und Hellebarden, aber es sind keine richtigen Soldaten. Ich und Miles, wir haben nur drei Berittene gesehen. Artillerie war nirgends. Ich würde sagen, in der Stadt glaubt man, weit genug im Innern Neuspaniens zu liegen, um die Gefahr eines Angriffs auszuschließen.«
    »Insgesamt sind es vielleicht viertausend Menschen«, sagte Dos. »Die Hälfte davon schmierige Spanier. Sie sind so rund wie Tonnen und sehen wie Faulenzer aus.«
    »Die andere Hälfte sind ihre Sklaven und Domestiken«, sagte Uno. »Ein ziemlich bunter Haufen – Indios, Schwarze und Mischlinge.«
    »Danke, Señores«, sagte ich. »Die beiden gesattelten Pferde nehme ich wieder zurück. Ich bin sicher, wenn wir die Stadt angreifen, werdet ihr euch um eigene Sättel bemühen.«
    Ich saß eine Weile da und überlegte hin und her, bevor ich Nochéztli rufen ließ.
    »Wir werden nur einen kleinen Teil unserer Truppen brauchen, um Tonalá einzunehmen«, sagte ich. »Ich glaube, den Anfang machen die Yaki, denn ihre Roheit und Grausamkeit wird die Weißen am meisten in Angst und Schrecken versetzen. Außerdem werden wir alle Männer mit Arkebusen einsetzen sowie die Purémpe-Frauen mit Granaten und eine Abteilung unserer besten Aztéca-Krieger. Der größere Teil des Heeres bleibt für die Stadtbewohner unsichtbar und wird hier im Lager warten.«
    »Und wir, Tenamáxtzin, greifen wir denn überhaupt nicht an?«
    »Hör zu! Vor dem Angriff schickst du die Frauen mit ihren Granaten zu ihren Stellungen. Sie umgehen die Stadt unauffällig in sicherer Entfernung, suchen sich auf der anderen Seite ein gutes Versteck und warten ab. Der Angriff beginnt, wenn ich den Befehl gebe. Er gilt nur für die Yaki auf dieser Seite der Stadt. Sie stürmen los und machen möglichst viel furchterregenden Lärm. Daraufhin werden sich alle

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