Der Sohn des Azteken
Galopp auf Pferden – und sammelten sich am Schauplatz des mörderischen Geschehens. Manche legten noch im Laufen ihre Rüstung an, doch alle waren bewaffnet. Die Yaki wichen, ebenfalls wie befohlen, vor ihnen auf das freie Gelände vor der Stadt zurück. Doch sie taten es tanzend und hüpfend. Sie drehten sich nach den Soldaten um, verhöhnten sie und schwangen drohend die Waffen.
Die unüberlegte Prahlerei kostete einigen von ihnen das Leben, denn die Spanier waren schließlich Soldaten, auch wenn unser Angriff überraschend kam und sie keine Zeit gehabt hatten, sich darauf vorzubereiten. Sie nahmen in Reihen Aufstellung, gingen auf die Knie, zielten sorgfältig und schossen mit ihren Arkebusen so genau, daß sie ein paar Yaki töteten, bevor die anderen mit ihren Possen aufhörten, davonrannten und sich in Sicherheit brachten.
Das Feld war jetzt frei für meine eigenen Schützen, und wir sahen, wie sie sich plötzlich alle aus ihren Verstecken erhoben, zielten und auf ein Wort ihres Offiziers gleichzeitig feuerten.
Die Salve war sehr wirkungsvoll. Eine beachtliche Zahl spanischer Fußsoldaten ging zu Boden, und ein paar Reiter fielen aus den Sätteln. Selbst aus der Ferne sah ich, daß die bestürzten Spanier, die den Bleihagel überlebt hatten, verwirrt und erschrocken durcheinanderliefen. Doch jetzt kam es zu der bösen Überraschung, die ich bereits erwähnt habe. Meine Schützen hatten ihre Arkebusen so wirkungsvoll benutzt, wie spanische Soldaten es nicht besser hätten tun können. Aber da sie alle zur gleichen Zeit gefeuert hatten, mußten sie auch alle die Waffen neu laden. Wie ich wußte, braucht selbst der geschickteste und geübteste Mann dafür einige Zeit, und das hätte ich bedenken müssen.
Die Spanier dagegen hatten ihre Waffen nicht alle gleichzeitig abgefeuert, sondern vereinzelt, je nachdem, wie sich ihnen ein Ziel oder eine Gelegenheit bot. Deshalb war die Mehrzahl ihrer Arkebusen im Augenblick unseres Angriffs noch geladen. Während meine Schützen waffenlos und gut sichtbar dastanden und das Pulver, die Stoffstückchen und Bleikugeln in die Rohre stopften, Pulver auf die Pfannen streuten, die Federn der Schlösser und die Katzenpfoten spannten, fanden die Spanier wieder zu ihrer Ruhe und Disziplin zurück und begannen von neuem vereinzelt, aber mit tödlichem Erfolg zu schießen.
Viele meiner Schützen wurden getroffen, und beinahe alle anderen kauerten sich zusammen oder warfen sich flach auf die Erde. In dieser Haltung verzögerte sich das Laden ihrer Waffen noch mehr.
Ich fluchte in mehreren Sprachen und schrie Nochéztli zu: »Schick deine Yaki wieder vor!« Er machte eine weit ausholende Geste, und die Yaki, die auf sein Zeichen gewartet hatten, stürmten von neuem an der Reihe unserer bedrängten Schützen vorbei. Die Yaki dürsteten nach Rache, da sie ihre Kameraden beim ersten Vorstoß hatten fallen sehen, und verschwendeten so auch keine Zeit mit Kriegsgeschrei. Auf ihrem Weg forderten die spanischen Kugeln weitere Opfer, doch es blieben immer noch genug Yaki am Leben, die mit Hauen und Stechen über die Spanier herfielen.
Ich wollte gerade den Befehl für den Angriff der Reiter mit den Azteca im Gefolge geben, als Uno sich auf seinem Pferd zur Seite beugte und mich an der Schulter faßte. »Verzeiht, Käptn, wenn ich mir anmaße, Euch einen kleinen Rat zu geben.«
»Bei Huitztli, Mann!« brüllte ich. »Das ist nicht der Augenblick für …«
Er unterbrach mich unbeeindruckt. »Am besten sag ich es jetzt, Käptn, solange ich noch lebe und reden kann und Ihr mir zuhören könnt.«
»Dann sagt es!«
»Ich kann das eine Ende einer Arkebuse nicht vom anderen unterscheiden. Aber ich habe ein- oder zweimal auf Kriegsschiffen Ihrer Majestät gedient und gesehen, wie es dort gemacht wird. Was ich meine, ist, sie feuern nicht alle gleichzeitig, wie Eure Männer. Sie nehmen in drei Reihen hintereinander Aufstellung. Die erste Reihe feuert und tritt zurück, während die zweite Reihe anlegt. Die zweite Reihe feuert und tritt zurück, während die dritte Reihe anlegt. Bis die dritte Reihe feuert, hat die erste wieder geladen und ist bereit anzulegen.« Seine Rede enthielt wieder einmal viele Gänseworte, doch ich begriff sofort ihren Sinn und sagte: »Ich bitte dich um Verzeihung, Señor Uno. Vergib mir, daß ich dich angefahren habe. Das ist ein guter und willkommener Rat. Ich werde ihn ab heute befolgen. Darauf küsse ich die Erde. Jetzt, Señores, Nochéztli …« Ich machte eine
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