Der Sohn des Bannsängers
improvisieren. Die Duar stupste ihn beinahe erwartungsvoll an und scheuerte an seinem Rücken. Auf einmal stellte er fest, daß er wissen wollte, was es mit den mysteriösen Beschwörungen der Mönche auf sich hatte.
»Leise jetzt, erdgebundene Freunde.« Mowara landete sanft auf Buncans Schulter. »Ihr könnt schon mal einen Blick hinter die erste Ecke werfen. Und dann sagt mir, ob ich euch zuviel versprochen habe.«
Buncan trat durch den Torbogen und spähte den von Lampen erhellten Gang entlang. Mowaras Schilderungen hatten sie zwar vorbereitet, doch manchmal reichten Worte eben nicht aus.
An der nächsten Abzweigung stand ein Wesen mit den Beinen eines Wallabys und dem gedrungenen Körper eines Wombats Wache. Im Profil sah man das Gesicht eines Dingos im letzten Stadium einer grauenhaften Degenerationserkrankung. Aus den Schultern traten verkümmerte, stumpfe grüne Augen wie Wucherungen hervor. Seine Schwertklinge war so breit wie ein Henkerbeil.
»Wie sollen wir denn bloß an diesem Monster vorbeikommen?« flüsterte Squill.
»Überlaß das mir.« Neena schob sich nach vorne. »Ich werde ihm mit meinen Reizen den Kopf verdrehen, und ihr schleicht euch 'inter ihm vorbei.«
»He, warte!« Buncan wollte sie festhalten, doch es war schon zu spät. Sie schlenderte bereits den Korridor entlang, als wäre sie hier zu Hause, für den Wächter und jeden anderen, der unvermutet auftauchen mochte, nicht zu übersehen.
»Mist«, murmelte Squill. »'altet euch bereit.«
Neena blieb unmittelbar vor dem Wächter stehen, der sie mit offenem Mund anglotzte, »'allo, 'übscher. Wie kommt's, daß du 'ier rum'ängst, während draußen die ganze Äktschn is?«
Schmale, gelbe, blutunterlaufene Augen richteten sich auf sie. Die Stimme klang völlig entstellt. »Töten«, grollte das Wesen und schwang die überdimensionale Klinge in einem weiten, absteigenden Bogen.
Sie prallte an der Stelle auf den Boden, wo eben noch Neena gestanden hatte. »Jetzt aber mal langsam! Für wen 'ältst du mich eigentlich, für 'nen Rowdie etwa?«
»Töten«, fauchte das grauenhafte Wesen und taumelte ihr hinterher.
»Soviel dazu, den mit ihren unwiderstehlichen Reizen betören zu wollen.« Mit gezogenem Schwert rannte Squill den Gang entlang. Buncan und Mowara blieb nichts anderes übrig, als ihm zu folgen.
Das Wesen sah sie kommen und wirbelte die Klinge in einem horizontalen Bogen herum. Buncan kam stolpernd zum Stehen, froh darüber, daß das zufällig zusammengesetzte Wesen nicht die Arme eines Gibbons abbekommen hatte. Squill duckte sich behende und trieb dem Oger sein Schwert in den Bauch, während Neena ihn von hinten niederschlug. Der Oger gab ein leises Gurgeln von sich, als er sich an seinem eigenen Blut verschluckte, dann schlug er mit letzter Kraft nach dem umherflatternden Mowara, der ihm jedoch mühelos auswich. Die Klinge fiel klirrend zu Boden, und der Wächter faßte sich an den Hals. Krampfhaft mit den Beinen schlagend, fiel er um. Das Zappern wurde alsbald schwächer, und dann lag er still.
Die atemlosen Otter blickten auf den Leichnam hinunter. Mowara flatterte anerkennend um sie herum. »Ich hoffe nur, daß ihr mit eurer Magie ebenso gut seid wie mit euren Schwertern.«
»Das war aber nur einer.« Squill wischte sich die Klinge am Gewand des gefallenen Soldaten ab und grinste seine Schwester an. »Ich 'offe nur, wir müssen uns bei unseren nächsten Gegnern nicht auf dein gutes Aussehen verlassen.«
»Ach, 'alt doch die Klappe«, fauchte sie. »Den Versuch war's wert. Wenigstens 'abe ich ihn abgelenkt.«
Seinen Abscheu überwindend, betrachtete Buncan den toten Wächter. »Unglaublich. Ich frage mich, wer er wohl ursprünglich gewesen sein mag.«
»Das ist nur ein schwacher Vorgeschmack auf die Ungeheuerlichkeiten, welche die Dunklen begangen haben.« Mowara behielt den vor ihnen liegenden Gang im Auge. »Es gibt noch viel Schlimmeres.«
»Mann, du machst einem vielleicht Mut.« Squill steckte die Waffe in die Scheide.
In Wahrheit hatten sie Glück. Einmal marschierte vor ihnen ein grotesk zusammengesetzter Pulk Soldaten mit gewaltigen Streitäxten vorbei, und sie mußten in einem Alkoven warten, bis die Gestalten auf einem tiefergelegenen Stockwerk verschwunden waren, doch ansonsten kamen sie ungehindert voran.
»Wohin führst du uns?« erkundigte sich Buncan vorsichtig bei Mowara, während sie behutsam eine weitere steinerne Wendeltreppe hinunterstiegen.
»Ins Zentrum des Bösen«, antwortete der Galah.
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