Der Sohn des Bannsängers
Tor erscheinen.«
»Wir werden schon noch rechtzeitig in Erscheinung treten.« Buncan musterte den Steilhang an der Stelle, wo Berg und Mauer aneinanderstießen. »Aber nicht unbedingt am Tor.«
XXII
»Hier lang« Mowara verschwand immer wieder in der Dunkelheit, dann kam er zurückgeflitzt und hetzte sie weiter.
»Sieht gar nicht so schlecht aus.«
Unser zweiter nächtlicher Einsatz, dachte Buncan, während er den zunehmend steiler werdenden Hang empor kletterte. Er traute sich nicht hinunter zu schauen. Ganz in der Nähe hörte er die beiden behenden, aber kurzbeinigen Otter ausdauernd fluchen.
Das hier, dachte er bei sich, während er über seinem Kopf nach einem Halt suchte, war schon ein bißchen schwieriger, als sanft auf dem Landsitz des Barons abgesetzt zu werden.
Sie hatten vor, so weit zu klettern, bis sie sich hoch über der gut bewachten Stelle befanden, wo die Mauer gegen den Berg stieß, dann ein Stück weiter vorzudringen und sich hinunter zu schleichen, bis sie ins Innere des Klosters gelangten. Eine große Klettergruppe wäre bestimmt aufgefallen, aber da sie nur zu viert waren und sich ganz langsam vorwärtsbewegten, würden sie von den Wachposten vielleicht nicht bemerkt werden. Diese achteten wohl vor allem auf den lärmenden Mob aufgebrachter Bauern und Stadtbewohner, die dabei waren, im Wald ihr Lager aufzuschlagen.
»Wir sind hoch genug.« Mowara flatterte wenige Zentimeter vor Buncans Gesicht, schwenkte in der Luft herum und zeigte mit der Flügelspitze nach unten. »Leise jetzt.« Sie arbeiteten sich in seinem Gefolge langsam zu den unter ihnen liegenden schattenhaften Gebäuden vor. Die meisten waren unbeleuchtet, doch in ein paar hohen, schmalen Fenstern lockten Lichter. Zu Buncans Erleichterung war der Hang, der zum Kloster hinunterführte, weit weniger steil als der, den sie zuvor erklommen hatten. Wachposten waren nicht zu sehen. Er hoffte, die Verteidigung des Klosters würde sich ganz auf die Mauer konzentrieren.
Als Neena einen Stein lostrat, der eine kleine Lawine auslöste, duckten sie sich alle. Die Kiesel klackerten noch eine Weile geräuschvoll gegeneinander, dann versiegte der Steinrutsch. Auf dem Hang kehrte wieder Stille ein. Keine Rufe drangen zu ihnen herauf, keine Fackeln wurden in ihre Richtung geschwenkt. Buncan atmete tief durch und kletterte weiter nach unten.
»Ich kann's einfach nich glauben, daß die nich mal 'erschauen.« Squill versuchte, auf Zehenspitzen einer Geröllhalde auszuweichen. »Wir stellen unser Glück auf eine 'arte Probe.«
»Kein Glück, nein, kein Glück.« Mowara stieß herab und flitzte über ihren Köpfen herum. »Die verlassen sich bloß auf ihre Zauberei und die Einfallslosigkeit der anderen. Glauben wohl, außer ihnen hätte keiner Verstand.« Er erlaubte sich ein leises, abfälliges Krächzen. »Machen wir sie fertig, diese Schufte.«
Buncan wich sorgsam einem steilen Gefalle aus. »Vergiß nicht, daß wir keine Flügel haben, Mowara.«
»Keine Sorge, Kumpel«, knarzte der betagte Galah. »Wird schon klappen, bestimmt.« Er flog wieder auf Erkundung voraus.
Schließlich führte er sie zu einer Stelle, wo das dritte Stockwerk eines großen Steingebäudes auf den kahlen Fels traf. Im Licht des abnehmenden Mondes folgten sie dem Galah an unbekannten Topfpflanzen mit schlafenden Blüten vorbei über das schiefergedeckte Dach zu einem merkwürdigen überwölbten Durchgang. Als sie sich im Schatten zusammendrängten, sah Buncan, daß das Portal von zahlreichen Basreliefs umrahmt wurde. Die Darstellungen ließen ihm die Haare zu Berge stehen.
In beruhigend weiter Ferne sahen sie die Innenseite der Mauer. Muskulöse, schrecklich anzusehende Gestalten gesellten sich nun zu den Mönchen auf der Brustwehr. Buncan war heilfroh, daß er ihre Gesichter nicht erkennen konnte.
Er schaute zum Himmel empor. Erst wenn es dämmerte, konnten sie ihre Störmanöver starten, um von Wurragarrs Angriff abzulenken. Dieser Angriff würde stattfinden, ganz gleich, ob das heimlich eingedrungene Bannsängertrio nun erfolgreich war oder nicht. Wurragars Leute waren schon zu weit gegangen, um jetzt noch einen Rückzieher zu machen.
Wir sollten besser etwas unternehmen, dachte er grimmig. Ohne unsere Unterstützung werden sie nie eine Bresche in diese Mauer schlagen. Nicht einmal mit Snaugenhutt in vorderster Front. Die Frage war bloß: Was genau sollten sie tun?
Improvisieren, hatte Jon-Tom ihm immer geraten. Wenn man nicht weiter weiß, muß man
Weitere Kostenlose Bücher