Der Sohn des Bannsängers
blickte sich über die Schulter um. »Ich glaube, er wollte mich verschlingen.«
»Das ist der Instinkt. Solltest du ihm nicht übelnehmen. Es ist eine höchst wirksame und vor allem ökologisch unbedenkliche Reinigungsmethode, zumal für die schwer zugänglichen Stellen.«
»Was bedeutet ›ökologisch‹ ?«
»Dieser Ausdruck stammt von deinem Vater. Etwas, worüber sich die Zauberkunst mehr Gedanken machen sollte, fürchte ich.
Muß endlich aufhören, giftigen Abfall im dritten kosmischen Interstitium abzuladen, so was halt. Ein heller Kopf, dein Vater, wenn auch ein wenig aufbrausend. Aber schließlich ist er ja ein Mensch. Solltest du nicht in der Schule sein?«
Irgendwie erschien es ihm zwecklos, vor dem größten Hexer der Welt etwas verbergen zu wollen. »Ich weiß. Ich habe Probleme.«
Im Studierzimmer geleitete Clodsahamp seinen Besucher zum Sofa unter dem großen Aussichtsfenster, dann setzte er sich ihm gegenüber auf den geradlehnigen Stuhl. »Du bist achtzehn. Selbstverständlich hast du Probleme. Sämtliche Übel der Welt ruhen ausschließlich auf deinen Schultern, und du hast nicht die leiseste Ahnung, wie du damit fertig werden sollst.« Der Hexer schaute nach rechts. »Mulwit!«
Der Eulerich erschien in Sekundenschnelle. Die Federn über den Augen hatte er mit einem wildgemusterten Stirnband gebändigt. Der Besen und die Kehrschaufel waren verschwunden und hatten einem Lappen und einer Flasche mit einer bernsteinfarbenen Flüssigkeit Platz gemacht.
»Reinrindentee für meinen Gast und mich«, kommandierte der Hexer. »Kalt oder heiß?« fragte er Buncan.
Wie kommt es bloß, dachte er, daß man mir jedesmal Tee anbietet, wenn ich über meine Probleme reden will?
»Verschwinde!« befahl Clodsahamp.
Der Eulerich warf Buncan einen bemerkenswert gehässigen Blick zu, flog aber folgsam davon. Kurze Zeit später kehrte er zurück.
»Also, mein Junge.« Der Hexer schlug einen milden Ton an, während er sich eine Tasse des kochendheißen Getränks einschenkte und einen Teelöffel Sorgenfreihonig darin verrührte. »Und jetzt erzähl mir von deinen Problemen.«
»Also, zum einen wissen meine Mitschüler, daß mein Vater Bannsänger ist, und hänseln mich deswegen ständig. Das ging schon los, als ich in die Schule kam. Das Lernen habe ich sowieso satt.«
»Dein Vater hat mir davon erzählt. Offenbar glaubt er, als Lehrling bei einem tüchtigen Handwerker wärst du besser aufgehoben. Oder, solltest du dich für die Musik entscheiden, als Mitglied einer größeren Gruppe. Für jemanden deines Alters scheinen mir das erstrebenswerte Ziele zu sein.«
»Aber ich will ein richtiger Bannsänger wie Jon-Tom werden.«
»Schön und gut«, wandte der Hexer ein. Er nippte am Tee und schlug seine kurzen, dickhäutigen Beine übereinander. »Aber nicht jeder kann Bannsänger werden, weißt du. Das ist erheblich schwieriger, als sagen wir mal - mit Gemüse zu handeln. Dein Vater bildet eine Ausnahme. Dazu ist angeborenes Talent nötig, ein besonderer Funken.«
Buncan tippte auf die Duar, die er auf dem Rücken festgeschnallt hatte. »Ich habe sein Talent geerbt. Das weiß ich genau!«
»Ich weiß nicht, ob eine solche Fähigkeit vererbbar ist.«
»Ich kann bereits zaubern. Na ja, ich kriege nicht immer das hin, was ich eigentlich will.«
»Deinem Vater zufolge kriegst du es nie so hin, wie du willst.«
»Mein Vater hatte anfangs die gleichen Probleme.«
»Es war weniger extrem als bei dir. Seine Stimme war wirklich schlecht, und er hat bereits vorkomponierte Texte aus seiner Heimatwelt benutzt. Da dir seine Musik nicht besonders gefällt, improvisierst du, und wie ich höre, scheint es so, als ob du es musikalisch mit ihm durchaus aufnehmen könntest, während dein Gesang wirklich schauderhaft ist.«
Buncan zuckte zusammen. Diese Kritik wurde allmählich ein Teil von ihm. Ein unangenehmer Teil. »Ich werde bestimmt noch besser.«
»Mag sein. Wenn du in der Zwischenzeit nicht jemanden umbringst.«
»Ich habe die Küche ein bißchen durcheinandergebracht. Na und?«
»Wie ich gehört habe, hast du mit deiner Möchtegern- Bannsängerei deine Mutter in arge Bedrängnis gebracht.«
»Meine Mutter in Bedrängnis?« Buncan versuchte ernst zu bleiben. »Meine Mutter konnte den drei besten Schwertkämpfern von Polastrindu den Bauch aufschlitzen, ehe die sie auch nur mit der Klinge berührt hatten. Wobei sie den Balancearm auf dem Rücken festgebunden hatte.«
Clodsahamp schwenkte einen Wurstfinger vor
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