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Der Sohn des Bannsängers

Der Sohn des Bannsängers

Titel: Der Sohn des Bannsängers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Dean Foster
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folgen, muß irgend wohin führen«, bemerkte ihr Bruder verständig, »auch wenn er wenig befahren ist.«
    Tatsächlich dauerte es keinen ganzen Tag, bis sie eine kleine Anhöhe zwischen Findlingen erklommen, die ihnen Ausblick auf ein grünes Tal bot. Zwei breite Flußläufe schlängelten sich zwischen gepflegten Feldern dahin, die eine Stadt von überraschenden Ausmaßen umgaben.
    Hinter einer glatten weißen, oben abgerundeten Mauer ragten drei- und vierstöckige Gebäude auf, alle verputzt und mit der gleichen reflektierenden weißen Farbe gestrichen. Unter der Mittagssonne leuchtete die Stadt so hell, daß die sich ihr nähernden Reisenden die Augen beschatten mußten. Gugelund machte die Helligkeit besonders schwer zu schaffen.
    Wie alles andere wirkte der Anblick anregend auf die Otter.
    »Wo sind wir hier, oder vielleicht sollte ich besser sagen, was is das hier?« Squills kurzer Schwanz zuckte aufgeregt.
    »Ich weiß es nicht«, räumte der Händler ein. »Wie ich bereits sagte, hier war ich noch nie.«
    »Jedenfalls macht alles einen gepflegten Eindruck«, meinte Buncan, während sie den Wagenspuren zum nächsten Stadttor folgten. Er merkte sehr wohl, daß die Otter sehnsüchtig die beiden Hauptwasserläufe beäugten. »Ich weiß nicht, wie's euch geht, aber ich könnte ein Bad vertragen.«
    Vorsichtig wie immer spitzte Gugelund die wulstigen Lippen und wog das Für und Wider gegeneinander ab. »Den einheimischen Bauern würde es vielleicht nicht gefallen, wenn ihr in dem Wasser badet, das zur Bewässerung dient.«
    »Immer mit der Ru'e«, riet ihm Squill. »Wir biegen vor der Stadtmauer vom Weg ab und springen irgendwo in den Fluß.
    Niemand wird uns se'en.«
    »Vielleicht haben sie ja nichts dagegen. Die Stadt wirkt recht wohlhabend«, mußte Gugelund einräumen.
    Wie Squill vermutet hatte, blieb ihr kurzes Bad unbemerkt. Alle waren in Hochstimmung, als sie sich von der Sonne trocknen ließen, während der Händler den Wagen wieder auf die Stadt zusteuerte. Mittlerweile gab es eine Vielzahl von Wagenspuren, denen sie folgen konnten. Bauernkarren, dachte Buncan.
    Als sie sich der Stadt weiter genähert hatten, sahen sie, daß auch andere Fahrzeuge hineinfuhren und herauskamen; mit Feldfrüchten oder Vorräten beladene Wagen, zweirädrige Karren sowie einzelne Reiter und geschäftige Fußgänger. Wie üblich war Buncan größer als sie alle. Seine ungewöhnliche Größe hatte er, wie er wußte, der anderweltlichen Abstammung seines Vaters zu verdanken.
    Squill bemerkte das Ungewöhnliche als erster.
    »Mann!« rief er überrascht aus, als sie so nahe her- angekommen waren, daß sie Einzelheiten erkennen konnten.
    »Das sind ja alles Nager!«
    Er hatte recht. Die Stadt wurde ausschließlich von Ratten, Mäusen, Eichhörnchen und deren Verwandten bewohnt. Es gab keine Hunde, Katzen, Primaten oder Huftiere; keinerlei Vertreter der anderen großen Warmblüterstämme. Einer solchen Artenreinheit waren sie bislang noch nicht begegnet. Es schien beinahe so, als hätten sich die Stadtbewohner absichtlich isoliert. Buncan wußte, daß eine dermaßen abgeschiedene Bevölkerung trotz ihres offensichtlichen Wohlstands unweiger- lich kulturelle Mangelerscheinungen aufweisen mußte.
    In der zivilisierten Welt hatte man auf die Nagetiere so lange herabgesehen, bis sie mitgeholfen hatten, bei der Schlacht am Jo-Troom-Paß das Blatt gegen die Gepanzerten zu wenden. Daher war es eine Überraschung, hier so viele auf einem Fleck versammelt zu finden, gänzlich abgesondert von der wunderbaren Vielfalt der weiten Welt.
    Neena hatte sich auf die Kissen hinter dem Kutschbock gestellt. »Seht sie euch an. Über'aupt keine Anzeichen von Individualität.«
    Ungeachtet der Artenzugehörigkeit waren alle in die gleichen weißen Tücher oder Gewänder gekleidet. Diese reichten nahtlos vom Kopf bis zu den Füßen, abgesehen von den Schlitzen für Ohren und Schwanz und einer ovalen Öffnung fürs Gesicht. Die Füße steckten in weißen Sandalen, ungeachtet ihrer Größe oder Form. In diesem allumfassenden Weiß gab es Platz für Variationen in Form von Knöpfen, Gürteln, Spitzenbesätzen und anderen modischen Details, die sich jedoch alle durch den Mangel an Farben auszeichneten. Zusätzlich zu den weiten Gewändern trugen manche Masken oder bestickte weiße Halstücher, vielleicht um bei der Feldarbeit den Staub abzuhalten, vermutete Buncan.
    Noch bemerkenswerter als das einheitliche Weiß war das makellose Erscheinungsbild der Stadt

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