Der Sohn des Bannsängers
läufig.
Die Wirkung der verführerischen Hundedamen auf die versammelten Jagdhunde war geradezu apokalyptisch. Buncan bemerkte, wie der erste das Schwert aus den erstarrten Fingern gleiten ließ. Mit fassungsloser Miene taumelte er in die offenen Arme der nächsten Hündin. Sie umarmte ihn mit der Gewandtheit der erfahrenen Professionellen.
Der Anführer bemühte sich, seine abgelenkten Genossen zu retten, er tobte zwischen ihnen hin und her und teilte Worte und Schläge aus. Dann näherte sich ihm mit aufreizendem Gang eine hochgewachsene, tadellos frisierte Afghanin und kraulte ihn sanft unterm Kinn. Er hob das Schwert, doch sein Blick wan- derte hinab. Seine Nase zuckte krampfhaft, und dann blieb ihm nichts anderes übrig, als die Waffen zu strecken.
»Fahren Sie weiter!« flüsterte Buncan dem wie hypnotisiert wirkenden Händler zu, ohne sein Spiel zu unterbrechen.
Gugelund machte erst ein verdutztes Gesicht, dann ließ er mit geziemender Inbrunst die Zügel klatschen. Das Geschirr knarrte und stöhnte, als sich die Echsen in Bewegung setzten. Der Wagen rollte schaukelnd los.
Niemand stellte sich ihnen in den Weg oder unternahm den Versuch, sie am Weiterfahren zu hindern.
Als er sich seitlich vom Kutschbock nach hinten beugte und zurückschaute, meinte Buncan zu sehen, wie sich der Hund von Baskerville aus der Orgie zu befreien versuchte. Dann ging der wildäugige Anführer unter dem Gewicht gleich zweier der exquisiten Damen-für-eine-Nacht, die Buncan und die Otter herauf beschworen hatten, zu Boden. Er tauchte nicht wieder auf.
Während sie ungehindert in die unermeßliche Weite der Wirrwarr-Moore entflohen, vernahmen die Reisenden ein letztes Mal das kollektive Gebell der Hunde, doch das ehedem kummervolle Echo klang nun eher lustvoll erregt als bedrohlich.
Erst in sicherer Entfernung legte Buncan die Duar weg und fragte sich, was wohl geschehen mochte, wenn die verführerischen Geister, die er zusammen mit den Ottern herbeigerufen hatte, ihre stürmischen Handreichungen plötzlich einstellen und eine Bezahlung für ihre Dienste einfordern würden. Er war sicher, daß sie das tun würden, denn der Text des Banngesangs war in dieser Beziehung eindeutig gewesen.
Squill versetzte ihm einen Schlag auf den Rücken. »Das war verflucht clever, Kumpel! ‘ast du ihre Gesichter gesehn? Ich will verdammt sein, wenn ich die nich beneiden tu!«
Neena schüttelte bloß angewidert den Kopf. »Ich wundere mich, daß du nicht gleich mitgemacht ‘ast, Bruder.«
Squill rümpfte die Nase. »War wohl kaum der passende Zeitpunkt. Wenn die fertig sind, werden sie noch 'ungriger sein als vor'er.«
»Ich hätte nicht gedacht, daß das klappt«, protestierte Buncan schwach. »Mit diesem kostenbezogenen Ergebnis hätte ich wirklich nicht gerechnet. Aber ein anderes Lied mit Hundebezug ist mir einfach nicht eingefallen.« Er zuckte die Achseln.
»Übrigens, ihr wart wirklich phantastisch.«
»Na ja, klar«, stimmte Neena ihm ohne Zögern zu.
»Es war bloß ein Kinderlied«, meinte Buncan.
»Kindliche Vorstellungen beinhalten eine große Macht«, bemerkte Gugelund. »Ich muß mich entschuldigen.«
»Wofür?« wollte Buncan wissen.
»Dafür, daß ich eure Bannsänger-Fähigkeiten jemals angezweifelt habe. Jetzt ist evident, daß eure Jugend keinen sonderlich meliorierenden Faktor darstellt.«
»Wie bitte?« fragte Squill. Seine Schwester knuffte ihn.
»Wir hatten Glück«, gestand Buncan. »Ebensogut hätten wir in einem Kochtopf enden können.«
»Macht eure Leistung nicht herunter. Eure Begabung läßt sich nicht leugnen.« Zum erstenmal, seit sie sich kannten, machte Gugelund auf Buncan einen nahezu glücklichen Eindruck.
»Recht 'at er, Buncoos.« Neena beugte sich vor und schlang ihm die kurzen Arme um die Brust. Ihre Schnurrhaare kitzelten ihn im Nacken. »Der alte Clodsahamp mag ja erfahrener und Jon-Tom raffinierter sein, aber wir drei sind das größte Bannsänger-Team aller Zeiten.«
»Wir wollen nach ein paar Zufalls erfolgen doch nicht gleich abheben«, neckte sie Buncan. Er mußte jedoch zugeben, daß er zuversichtlich war, was ihre Zukunftsaussichten anging.
»Dann 'aben wir dich also endlich überzeugt, Tropflippe?«
stichelte Neena den Händler.
»Wir stehen gerade erst am Anfang.« Gugelund versuchte, ihren neckenden Fingern auszuweichen. Buncan war bereits aufgefallen, daß er sich nicht gern anfassen ließ. »Zweifellos warten noch ganz andere Gefahren und Herausforderungen auf
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