Der Sohn des Bannsängers
ganze Zeit über klebte das Boot hartnäckig an der Wasseroberfläche, klammerten sich seine Insassen an die Kabine, ans Ruder, ans Dollbord, an den Mast oder aneinander. Das einzige, was half, wie Buncan herausfand, war, die Augen fest zu schließen und sich darauf zu konzentrieren, gleichmäßig zu atmen. Gugelund hatte längst jeden Versuch zu steuern aufgegeben, denn er mußte seine ganze Aufmerksamkeit darauf verwenden, sich nicht zu übergeben. Die verlassene Ruderpinne polterte vorwurfsvoll gegen das Heck.
Während Mensch und Faultier sich verzweifelt sowohl an irgendwelchen Bootsteilen als auch an ihrem Mageninhalt festklammerten, vergnügten sich die unerschrockenen Otter damit, daß sie über Bord sprangen und in den tosenden Fluten umhertollten, die sie von allen Seiten umspülten. Unübersehbar genossen sie die wahnwitzige Verletzung der Naturgesetze und ignorierten Buncans Warnungen vor unerwarteten Strudeln oder abzweigenden Nebenarmen, welche die Otter mit sich hätten fortreißen können.
Wann gab es schon mal Gelegenheit, seitlich an einem Fluß emporzuschwimmen und auf das Boot und die Kameraden hinunter zu schauen, um sich dann abzustoßen, mitten durch die Luft hindurch zu hechten und unmittelbar neben ihnen wieder ins Wasser zu tauchen?
Als die Otter wieder an Bord kletterten, schlug Buncan vorsichtig vor, mit einem neuen Banngesang den Versuch zu unternehmen, sich aus der Umklammerung des Sprilashoone zu befreien. Doch obwohl die Otter voller Hingabe improvisierten und rappten, änderte dies nichts an ihrer Lage. Die Tatsache, daß Buncan jeden Versuch mit einem verzweifelten Sprung zur Reling unterbrach, machte ihren Banngesang auch nicht besser.
»Warum steigst du nich aus deinen Klamotten und schwimmst 'ne Runde mit uns?« schlug Squill vor. »Könnte dir guttun.«
»Ich schwimme nicht so gut wie ihr.« In seinem Gesichtsfeld gab es sechs Otter. »Das wißt ihr doch.«
»Wir passen schon auf dich auf, Bunklo«, versicherte ihm Neena. »Wir lassen dich schon nich ersaufen. Außerdem war das besser für dich, als nur 'ier rumzu'ängen und dabei zuzusehn, wie sich das verdammte Wasser um und um dreht, wie das Boot auf und nieder geht, auf und nieder, wie es sich dreht und wendet und stampft und...«
Buncan gab einen seltsamen Laut von sich und eilte zum Bug.
»Jetzt siehst du, was du da angerichtet 'ast«, meinte ihr Bruder.
»Ich?« Neena breitete die Arme aus, ihre Schnurrhaare hatten sich gesträubt. »Ich 'ab gar nichts gemacht, 'ab ich. Er war ja schon dabei, den höchsten Glockenwald-Kotzsong für Menschen zu komponieren.«
»Oi, und dabei 'at er deine 'ilfe wirklich nich gebraucht. Dieses ganze Gerede darüber, daß das Boot durch diesen beschissenen Korkenzieher 'och und runter geht, 'in und 'er und wieder 'och und runter...«
Gugelund vermochte dieser überzeugenden Analyse ihres gegenwärtigen Zustands nichts entgegen zu setzen und taumelte nach vorn, um seinem jungen menschlichen Kameraden in dessen Elend Gesellschaft zu leisten.
Der Sprilashoone hatte noch mehr Überraschungen auf Lager. Durch eine Korkenzieherwindung wurden sie in den blauen Himmel emporgeschleudert, nur um abermals in den Wassertunnel zu stürzen, der mittlerweile ihr Zuhause geworden war. Als dies zum zweitenmal geschah, waren sie auf das Phänomen vorbereitet, und gegen Ende der Schreckensnacht setzte sie der Fluß immer häufiger der Außenwelt aus.
In der Morgendämmerung des dritten Tages dieser wahnwitzigen Flußfahrt war der Tunnel vollständig in sich zusammengefallen. Keine Korkenzieher durchbohrten seine Tiefen, keine Wirbel wühlten seine Oberfläche auf. Sie stellten fest, daß sie mit mäßiger Geschwindigkeit einen breiten Strom hinunter trieben, der wie zum Ausgleich für das Martyrium, das sie in seinem Oberlauf durchgemacht hatten, entschlossen schien, sich so sanft wie nur möglich zu verhalten.
Bäume und grellblaue Büsche säumten beide Ufer, während aus dem ungebärdigen grünen Haar des Flachwassers Schilf hervorwuchs. Allmählich zeigten sich auch erste Anzeichen von Besiedlung und landwirtschaftlicher Nutzung.
Buncan nahm diese Information von seinen Kameraden mit bewundernswertem Gleichmut zur Kenntnis. Er war immer noch zu schwach, um sich von seiner Pritsche zu erheben und sich mit eigenen Augen zu vergewissern. Was Gugelund betraf, so schien sich der Händler schneller zu erholen, was Buncans durchweichtem Selbstwertgefühl ebenfalls nicht förderlich war.
Während ihre
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