Der Sohn des Bannsängers
segelten den Sprilashoone entlang, Boot und Körper waren wieder intakt, und der Fluß floß sanft unter ihnen dahin. Und auch zu beiden Seiten. Und über ihnen. Sie befanden sich in einer Wasserröhre oder einem Tunnel. Es war ebenso laut, wie die ganze Situation unmöglich war.
»Is dem Sloomaz ähnlicher, als wir dachten, wa?« Neena betrachtete nachdenklich den Wasserkanal.
Der Fluß war jedoch ganz anders als der sagenumwobene Strom, der die Nordgebiete von Zaryts Zahn durchzog, wie sie bald herausfanden, als das Boot auf einmal ins Schlingern geriet und dann seitlich am Tunnel hochsegelte, bis sie schließlich mit den Köpfen nach unten weiterfuhren, während die ursprüngliche Oberfläche des Flusses unter ihnen lag.
Buncan hielt sich unwillkürlich am Niedergang fest, dann, als er merkte, daß er keineswegs kopfüber ins Wasser stürzen würde, ließ er ihn wieder los.
»Davon, daß man mit dem Kopf nach unten segeln würde, hat mein Vater aber nichts gesagt.«
Squill schlenderte auf ihn zu, ohne sich irgendwo festzuhalten. »Na«, meinte er, »ganz der Alte bist du aber noch nich, Kumpel.«
Buncan mußte sich anstrengen, um ihn zu verstehen. Wasser in den Ohren, das war es. Stirnrunzelnd betrachtete er den Freund. »Genausowenig wie du.« Eigentlich galt das für sie alle.
Einmal entsprang Squills Kopf nicht dem Hals, sondern seiner linken Seite, unmittelbar unterhalb des Arms. Der andere Arm saß dort, wo sich eigentlich der Kopf hätte befinden sollen. Dann war da noch das kleinere Problem, daß sein linker Arm mit Neenas vertauscht worden war. Der geringfügige Längenunterschied war ein Fingerzeig, die unterschiedliche Fellfarbe ein deutlicher Beweis. Abgesehen davon, daß ein Fellvergleich schwergefallen wäre, denn zu ihrer Bestürzung war Neena unter ihrer Kleidung so kahl wie ein neugeborener menschlicher Säugling.
Auch Gugelund war der Verwirrung nicht entgangen. Haarlose, nackte Ohren von beträchtlicher Größe entsprangen seinem Kopf, während Buncan die Ohren des Faultiers abbekommen hatte: vergleichsweise kleine, graupelzige Hautlappen. Zweifellos war das die Erklärung für seine Hörprobleme.
Sie versammelten sich mit den Köpfen nach unten am Heck, um über das physiologische Durcheinander zu beraten. Offenbar waren sie ebenso fehlerhaft wiederhergestellt worden wie das Boot. Es lag auf der Hand, daß die beim Aufprall weitverstreuten Körperteile hin und wieder den Weg des kleinsten Widerstands eingeschlagen hatten. In mehreren Fällen war das nicht nur komisch, sondern geradezu peinlich.
»Anscheinend hatte der Banngesang ein paar Fehler«, murmelte Buncan.
»Was man vom Fluß auch behaupten kann«, fügte Gugelund hinzu.
»So kann das nicht bleiben.« Die Hand über Squills Kopf gestikulierte aufgeregt.
»Ganz meine Meinung.« Neena stand kurz davor, über ihren Zustand in Tränen auszubrechen. »Seht mich an. Seht mich doch bloß an!« Sie deutete auf ihre unbehaarten Gliedmaßen.
»Wenigstens is bei dir alles am richtigen Fleck«, bemerkte ihr Bruder unter seinem Arm hervor.
Gugelunds absurde Menschenohren zuckten krampfhaft. »Die Lösung liegt auf der Hand. Ihr müßt euren Banngesang berichtigen und ihn dann noch einmal singen.«
»Ich 'ab doch gewußt, daß der Schluß zu schwach war«, grummelte die tieftraurige Neena.
»Zum Glück haben wir wenigstens unsere Stimmen wieder.« Buncan schüttelte leicht die Duar. Wassertropfen fielen an seinem Kopf vorbei. Ein paar versuchsweise angeschlagene Akkorde zeigten, daß das Instrument den Sturz und die anschließende Rekonstruktion unbeschadet überstanden hatte.
»We'e, das klappt nich.« Als Squill sich an die Kabine lehnte, schlug er sich den Kopf an.
»Tu bloß nicht so, als war das meine Schuld.« Buncan beugte sich ein wenig vor und funkelte den Freund drohend an. »Ihr beide habt doch den Text gemacht.«
»Schon, aber du warst für die beschissene Begleitung zuständig.«
»Streiten hilft uns nicht weiter.« Gugelund hielt immer noch die Ruderpinne fest, allerdings mehr um sich abzustützen, als in der verwegenen Hoffnung, das auf dem Kopf stehende Boot steuern zu können. »Bitte konzentriert euch. Ich hätte gern meine Ohren wieder.«
»He, Ihre hab ich mir auch nicht ausgesucht.« Buncan klimperte leise auf seinem Instrument.
Die Otter konzentrierten sich kurz, dann sah Neena mit besorgter Miene auf. »Und wenn wir alles bloß noch schlimmer machen?«
»Kann's denn über'aupt noch schlimmer werden?« Ihr
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