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Der Sohn des Bannsängers

Der Sohn des Bannsängers

Titel: Der Sohn des Bannsängers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Dean Foster
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teilhaftig werden zu lassen.
    Wer immer das Bett hatte bauen lassen, er war kein Riese. Das Bett war niedrig, und sie glitt mühelos herunter, näherte sich dem einzigen Fenster im Raum. Das bunte Glas lag knapp außer Reichweite. Wenn sie ein paar Gegenstände aufeinanderstapelte, würde sie den schmalen Fenstersims erreichen können.
    Als sie sich auf die Suche nach geeigneten Gegenständen machte, erblickte sie sich plötzlich in einem großen ovalen, freistehenden Spiegel. Ihr lebhaftes, grelles Makeup war ausschließlich in Pink- und Rosatönen erneuert worden, die Zierstreifen führten von Augen- und Mundwinkeln in Wellen bis zum Hinterkopf. Gemahlener Cuprit und Granat, der über einer Grundierung aus schwarzem Glanzeisenerz aufgetragen war, erzeugten eine verblüffende Wirkung. Als sie sich von hinten betrachtete, bemerkte sie, daß sie auf dem Rücken einen tiefen V-Ausschnitt hatte, der bis zum Schwanz hinunterreichte.
    Scheiße, dachte sie, als sie ihr Spiegelbild anstarrte, ich seh ja richtig toll aus. Schade nur, daß alle Mühe umsonst gewesen war. Sie wollte lieber vorher gefragt werden.
    Die Leuchtkugel illuminierte die ganze Decke, ihr Licht wurde ergänzt von zwei großen Öllampen, welche das Bett flankierten. Neena vermutete, daß ihr trüber Schein Absicht war, nicht die Folge einer Schwächung des Zaubers, der sie zum Leuchten brachte. Irgend jemand gab sich hier verdammt viel Mühe, eine bestimmte Atmosphäre zu erzeugen, zu der sie ebenso dazugehörte wie das gedämpfte Licht, die obszöne Glasmalerei und das Bett.
    Sie fand einen Stuhl und stellte ihn unter das Fenster. Bei ihrer weiteren Suche kam sie abermals am Spiegel vorbei und blieb unwillkürlich stehen, um eins ihrer kurzen Beine hervorzustrecken. Irgend jemand hatte sich bei diesem Kleid selbst übertroffen. Es war schwierig, für Otter mit ihren kurzen Taillen und Gliedmaßen und ihren langen, geschmeidigen Körpern etwas Passendes zu schneidern. Die Falten aus edlem Satin waren höchst schmeichelhaft.
    »Ein solches Kunstwerk sollte besser jemand anders bewundern.«
    Sie fuhr herum, als der Sprecher gerade die Tür runter sich schloß. Der Nerz war nicht größer als sie und ein wenig schlanker. Sein Pelz war zarter und dunkler. Er trug juwelenbesetzte Sandalen, eine Hose und eine metallischrote Weste mit schwarzem Lederbesatz. Die Weste hatte einen hohen, steifen Kragen, der seinen wohlgeformten Kopf umschloß. Hinter dem Hüftband steckte ein juwelenbesetzter Dolch, mehr Schmuck als Drohung. Von seinem linken Ohr baumelte ein doppelter Ohrring.
    Im Gegensatz zu seinem schmeichelnden Tonfall hatte er ein ausgesprochen gieriges Gesicht. Nicht daß die Situation weitere Erklärungen nötig gemacht hätte. Neena war zwar jung, aber gewiß nicht naiv. Ihr eleganter Aufzug diente nicht ihrem eigenen Vergnügen, sondern dem ihres Entführers.
    Ihre Pupillen verengten sich zu Punkten. »Ich kenne dich. Du bist der arrogante Mistkerl vom Markt. Du ‘ast mich entführt.«
    »Zweimal ins Schwarze getroffen.« Der Nerz bediente sich einer schroffen, abgehackten Redeweise. »Ich bin der Baron Koliac Krasvin, zu Diensten, die ich in Kürze aus zu führen gedenke.«
    »Was das ›in Kürze‹ betrifft, wäre ich mir nich so sicher.«
    Sein überhebliches Lächeln verflüchtigte sich. »Deine Späße sind hier fehl am Platze. Ich schlage vor, du änderst dein Verhalten, das wäre besser für dich. Du darfst mich Koliac nennen.«
    »Wie war's statt dessen mit Kolik? Oder, wenn du's lieber intimer ‘ast, mit Scheißkopf?«
    Eines mußte man dem Baron lassen: Er ließ sich nicht so leicht aus der Ruhe bringen. »Bitte keine derben Kraftausdrücke. Wenn du mich beschimpfen willst, laß dir wenigstens etwas einfallen.«
    Das brachte sie auf eine Idee. Nichts Tolles, denn ihre Möglichkeiten waren recht beschränkt. »Willst du was Originelles se'en? Warte, ich zeig dir was.« Sie straffte sich.
    »Du solltest besser auf der Stelle die Tür öffnen, sonst kann ich nich garantieren, daß nich was Furchtbares passiert.«
    Krasvin tat einen zierlichen, gemessenen Schritt nach vorn, ein unangenehmes Grinsen im Gesicht. »Schon gut. Werd ich.«
    Sie entfernte sich vom Spiegel. »Ich warne dich; ich bin eine Bannsängerin, bin ich.«
    Sein Grinsen wurde breiter. »Aber gewiß doch. Und du wirst mich gleich in einen Wassermolch verwandeln.«
    »Ich mein's ernst. Ich tu's.«
    »Das wirst du bestimmt«, versicherte ihr Krasvin, »entweder freiwillig oder

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