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Der Sohn des Donnergottes

Der Sohn des Donnergottes

Titel: Der Sohn des Donnergottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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und legten sich hin, denn Rutja mußte am nächsten Tag bei Kräften sein. Seine Arbeit als Landwirt und Antiquitätenhändler würde beginnen, und gleichzeitig seine Mission als himmlischer Spion und Ukko Obergotts Agitator.

6
    Götter schlafen nicht. Trotz der Anstrengungen des Personentauschs fand Sampsa keinen Schlaf, obwohl es bereits Mitternacht war. Dafür gähnte Rutja herzhaft. Kaum hatten sie das Haus betreten, legte er sich ins Bett.
    »Bin ich etwa krank, weil es mir dauernd den Kiefer so aufsperrt?« fragte Rutja in Anbetracht seines Gähnens besorgt. Sampsa beruhigte ihn, indem er ihm erklärte, daß die Menschen ein Drittel ihres Lebens zu verschlafen pflegten. Das Schlafen geschah des Nachts, weil es dann in der Regel dunkel war und man nichts Wichtiges zu erledigen hatte. Man sammelte auf diese Weise Kraft für den nächsten Tag. Der menschliche Organismus verlangte nach Schlaf.
    Rutja dachte darüber nach. Kräfte sammelte man also, indem man schlief. Doch es schien ein Trick dabei zu sein, denn bis jetzt hatten sich noch keine Kräfte angesammelt, obwohl er unwahrscheinlich schläfrig war. Sampsa gab zu, daß seine körperliche Verfassung nicht die allerbeste war, er hatte es versäumt, sich darum zu kümmern.
    »Du kannst ja anfangen, Gewichte zu stemmen und zu joggen, wenn du mehr Kraft haben willst. Aber jetzt schläfst du lieber, damit du morgen früh in Form bist.«
    Am nächsten Morgen bereitete Sampsa in der Wohnküche des alten Hauses ein schmackhaftes Frühstück zu. Er selbst hatte keinen Appetit, was er auf seinen neuen göttlichen Körper zurückführte. Offenbar war es im Himmel überhaupt nicht üblich, Mahlzeiten einzunehmen. Man lebte eben mehr im Geiste.
    Skeptisch kostete Rutja das Frühstück. Sampsa erläuterte ihm, daß es sich um Essen handelte. Die Menschen benötigten es wie den Schlaf als Treibstoff für ihren Organismus. Später würde Rutja auch die Toilette aufsuchen müssen, um feste Schlackstoffe und die flüssigen Überreste auszuscheiden.
    »Das hört sich vielleicht ein bißchen umständlich an, aber man gewöhnt sich daran.«
    Rutja biß ein ordentliches Stück von einem Schinkenbrot ab und begann zu kauen.
    »Das ist also das Essen der Menschen. Woraus setzt es sich eigentlich zusammen? Hier ist offensichtlich Fleisch oder so etwas drauf.«
    Sampsa erklärte Rutja, er halte ein aus Weizenmehl gebackenes Stück Brot in der Hand, welches mit aus Kuhmilch hergestellter Butter bestrichen worden sei, auf der eine ebenfalls aus Milch hergestellte Scheibe Käse läge und auf dem Käse noch zwei Scheiben Schinken, also kaltgeräuchertes Schweinefleisch. Auf dem Tisch standen außerdem ein weich gekochtes Hühnerei und Obst sowie natürlich Tee. Das Getränk war aus Wasser gekocht worden, in das getrocknete Blätter des Teebusches und Zucker eingerührt worden waren. Den Zucker wiederum gewann man aus langen Rohrhalmen, und in den Tee habe er, Sampsa, noch ein paar Tropfen frisch-gepreßten Zitronensaft hineingegeben; an den Zweigen des Zitronenbaums wuchsen Zitronen, von ihnen stammte der Saft. Zitronensaft enthielt Vitamine, nach denen der menschliche Körper verlangte, zusätzlich zu Essen und Schlaf.
    »Nicht übel. Falls ich es schaffe, die Finnen zu ihrem früheren Glauben zu bekehren, bestimme ich als erstes, daß an den Kultstätten künftig Frühstücke geopfert werden und keine blutigen Eingeweide von wilden Rentieren oder stinkende Fischabfälle. Die soll der Teufel holen!«
    Rutja aß alles auf, was auf dem Tisch stand. Dann rülpste er, streckte sich und fragte, woher die Menschen wüßten, wann sie zum Ausscheiden auf die Toilette mußten.
    Sampsa schilderte, wie man im Bauch eine Art Drücken spürte. Der Dickdarm vollführte unbewußte Bewegungen, doch, doch, das merke man schon, wenn man nur ein wenig in sich hineinhorche. Der Harndrang machte sich dadurch bemerkbar, daß sich die Blase voll anfühlte und den anderen Organen ebenfalls Zeichen gab.
    »Ich glaube, ich muß jetzt auf die Toilette«, meinte Rutja. Sampsa erklärte ihm, wo er hinzugehen hatte. Falls es zu Problemen käme, sollte Rutja laut rufen. Sampsa versprach, für alle Fälle das Fenster in der Bibliothek geöffnet zu halten. Rutja hatte nie zuvor ein finnisches Klohäuschen betreten. Tausende von Jahren hatte er nicht das geringste Bedürfnis gespürt, sich zu entleeren. Er betrachte das Klo und stellte fest, daß es in seiner Erinnerung – also in der Erinnerung, die er von Sampsa

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