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Der Sohn des Donnergottes

Der Sohn des Donnergottes

Titel: Der Sohn des Donnergottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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Ronkainen übernommen hatte – ein relativ klares Bild davon gab, wie man sich auf einer Toilette verhielt. An der Rückwand des kleinen Raums war eine Bank mit einem Loch von der Größe eines Hinterns. Rutja ließ die Hosen hinunter und setzte sich auf das Loch. Dann drückte er. Ronkainens Körper benahm sich wie erwartet. Im Grunde bereitete die Verrichtung sogar ein gewisses Wohlgefühl. Rutja erinnerte sich, daß Ägräs einmal behauptet hatte, die Christen hielten alles für eine Sünde, was Genuß bereitete. Offensichtlich war also auch das Geschäft auf der Toilette für die Christen eine Sünde, wo es sich doch so erleichternd anfühlte. Ein Wunder, daß davon in der christlichen Lehre nicht häufiger die Rede war. Womöglich wurde diese Sünde verheimlicht, wofür auch die Tatsache sprach, daß man seine Bedürfnisse alleine erledigte. Ein Fall von Doppelmoral, konstatierte Rutja.
    Nachdem er sein Bedürfnis verrichtet hatte, entdeckte Rutja vor sich eine Papierrolle, die an der Wand befestigt war. Er wußte, daß es sich um das sogenannte Toilettenpapier handelte. Er riß ein passendes Stück ab und wischte sich damit das Gesäß sauber. Einen Moment lang fragte er sich, wo man das Papier nach Gebrauch hinlegen sollte. Es roch schlecht, also konnte man es nicht bis zum nächsten Gebrauch in die Tasche stecken. Da er keinen anderen Platz für das schmutzige Papier fand, ließ er es schließlich ebenfalls in das Loch fallen. Dann schloß er den Deckel und zog die Hosen hoch. Alles war nun erledigt, dachte Rutja. Er war schon ein bißchen stolz auf seine Leistung. Ob Ägräs zum Beispiel alleine auch so gut auf einem Klo zurechtkäme, als Gott der Genüsse, für den er sich immer ausgab? Er würde Ägräs fragen, wenn er ihm wieder mal im Himmel begegnete.
    »Sampsa! Wo hast du dich gestern den ganzen Tag versteckt? Ich hab dir doch gesagt, du sollst die Einkäufe erledigen, war das nicht klar genug besprochen?«
    Rutja wußte nichts von einem Gartenfest. Anelma tobte: »Glaubst du vielleicht, ich könnte all den Wein und die Salate und das Stangenweißbrot und die Mettwürste hierher schleppen? Allmählich reicht es mir!«
    Rutja trat näher an sie heran. So eine Schwester war ihm also vergönnt worden! Er wußte das ein oder andere über Anelma, alles war in seinem Gedächtnis gespeichert, das er von Sampsa übernommen hatte. Aber als er das Weib nun zum ersten Mal sah, war er doch deprimiert. Ein bißchen besser hätte es schon sein dürfen. Mußte er ausgerechnet die Gestalt eines Menschen annehmen, der ein solches Ungetüm als Schwester hatte?
    »Was glotzt du mich so an? Sobald der Laden aufmacht, gehst du hin und anschließend noch Bier und Wein kaufen!«
    »Geh doch selbst!« erwiderte Rutja verärgert. Er war der Ansicht, daß der Sohn des Donnergottes besseres zu tun hatte, als sich von einer abgehalfterten Zahnärztin herumschicken zu lassen.
    Anelma geriet außer sich vor Wut. Das war das erste Mal, daß Sampsa die Stirn hatte, sich ihr so entschieden zu widersetzen. Sie brüllte auf Rutja ein wie eine Wahnsinnige. Rutja stellte fest, daß nicht mal in den tiefsten Höhlen des Totenreiches derartiges Krakeelen geduldet wurde. Benahm sich dort jemand so unverschämt, ließ Lempo den Gürtel auf dem nackten Hintern des Flegels tanzen, und wenn der Betreffende sich dadurch nicht beruhigen ließ, gingen die Klein- und Erdgeister auf ihn los, rissen ihn an Haaren und Ohren und stießen ihn mit kleinen Feuerhaken, bis wieder Frieden in der Unterwelt eingekehrt war. Rutja beschloß, Anelma eine kleine Lehre zu erteilen. Er packte sie an beiden Ohren und zog ziemlich unsanft daran. Auch wenn Anelma einiges einstecken konnte, mußte sie nachgeben und sich hinfallen lassen. Sie wäre fast erstickt vor Zorn und Empörung. Sampsa hatte es gewagt, sie anzurühren, sie, eine Frau!
    Rutja kehrte Anelma den Rücken zu und betrat die Stube. Der Vorfall wurmte ihn. Seine Aufgabe war es, die Finnen zum rechten Glauben zu bekehren und nicht, mit hysterischen Weibern zu streiten. Sampsa gegenüber äußerte er:
    »Du hast aber eine kratzbürstige Schwester. So etwas gibt es bei uns im Himmel nicht. Wir haben natürlich Rauni, aber nicht einmal die ist dermaßen giftig.«
    Sampsa gab zu bedenken, daß Rutjas Einstand in bezug auf Anelma nicht besonders gelungen war. Bei seiner Schwester konnte man nie wissen, was sie als nächstes im Schilde führte. Aber Rutja zerbrach sich darüber schon nicht mehr den Kopf,

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