Der Sohn des Donnergottes
der Sohn des Donnergottes die Versammlung, und jeder ging seiner Wege.
Werbeleiter Keltajuuri und Notar Mälkynen machten zu zweit einen Abstecher in eine nahegelegene Kneipe, um ein paar Bier zu trinken.
»Ich habe das Gefühl, daß dem finnischen Volk eine ganz gehörige Aufregung bevorsteht«, meinte Keltajuuri.
»Ja, ja. Wir leben in historischen Zeiten«, stimmte Notar Mälkynen zu.
17
Mit Hilfe von Mälkynen und Keltajuuri gelang es Rutja Ronkainen schnell, die Lagerbestände des Antiquitätenladens zu Geld zu machen. Alles wurde verkauft, außer Bauernmöbeln und einigen bäuerlichen Gegenständen, von denen man glaubte, sie im Zusammenhang mit den Opferritualen verwenden zu können. Auch die Aufsatzrocken, die Sampsa Ronkainen über Jahre hinweg gesammelt hatte, wurden nicht verkauft, denn Rutja vermutete, daß Sampsa sehr an ihnen hing.
Als Käufer trat Konalas Vereinigtes Antiquitäts- und Trödellager auf. Wie Werbeleiter Keltajuuri kalkuliert hatte, kamen bei dem Geschäft rund 200.000 Finnmark zusammen. Rutja dachte daran, Sampsa für die Auflösung des Lagers irgendwie zu entschädigen, aber das hatte keine Eile. Zuerst mußte das finnische Volk zum wahren Glauben bekehrt werden, und wenn das erledigt war, könnte Rutja zu seinem Vater in den Himmel zurückkehren. Von dort aus würde er sich dann um Sampsas Außenstände kümmern und sei es per Dienstreise auf dem Rücken eines Blitzes.
Steuerprüferin Suvaskorpi war eine große Hilfe bei der Suche nach einem Maurer, der imstande war, mitten im Salon eine Opferstelle von passender Größe und mit gutem Abzug zu errichten. Zufällig hatte Frau Suvaskorpi einen Bekannten, dessen Vetter so einen Mann kannte. Der Maurer hieß Sivakka und kannte seinerseits einen fleißigen, günstigen und sogar abstinenten Heizungs- und Lüftungsbauer, einen gewissen Hannula. Beide Männer waren strenge Kommunisten und überzeugte Mitglieder der Bauarbeiter-Gewerkschaft. Sie versprachen, die notwendigen Arbeiten, ihrer Gewohnheit entsprechend, schwarz zu machen. Während sie schufteten, pflegten sie sich Geschichten über Autos, Politik und Frauen zu erzählen. Besonders interessiert waren sie an der Linienführung von Autos, an der politischen Linie und an den weiblichen Linien. Beide waren um die fünfzig Jahre alt.
Notar Mälkynen besorgte die erforderliche Baugenehmigung, damit im Salon ein gesonderter Kamin hochgezogen werden konnte. Den Entwurf dafür skizzierte Hannula. Das System sah oberhalb des Opferofens einen Rauchfang aus Kupferblechen vor, über den der Opferrauch zur Decke geleitet wurde. Dort machte der Abzug einen Knick und lief an der Decke entlang bis zum Fenster auf der Hofseite. Dort sollte er durch die Mauer und dann an der Außenwand entlang aufs Dach hinaufgeführt werden. Für die Baugenehmigung zahlte Mälkynen an eine Bekannte, die in der Baubehörde beschäftigt war, 1500 Finnmark Bestechungsgeld sowie ein Abendessen im Restaurant. So konnten sich Sivakka und Hannula endlich ihrer Schwarzarbeit widmen.
Sivakka goß eine zwei Quadratmeter große Stahlbetonfläche auf den Fußboden, auf die er kunstvoll eine schöne, massive Opferstätte aus rotem Backstein mauerte. Sie erinnerte an einen runden Grill. Währenddessen bog und verlegte Installateur Hannula die Abzugsrohre an der Decke.
Die Männer erklärten Rutja, der ihnen bei der Arbeit zuschaute, wenn sie als Massenbewegung nur stark genug wären, würden sie den Herrschaften garantiert nicht beim Mauern von offenen Kaminen helfen. Dann dürfte der Herr Geschäftsführer Rutja die Kelle und die Blechschere selbst in die Hand nehmen, und sie würden zugucken. Aber weil die Sozis in ihrer Herrschsucht so einen kriminellen Gesellschaftsvertrag mit den Reaktionären geschlossen hatten, blieb einem vorerst nichts anderes übrig, als im alten Stil weiterzumachen: vormittags arbeiten, mittags zum Bier und den Rest vom Tag beim Schnapstrinken. Verdammt noch mal!
Rutja interessierte sich sehr für das marxistische Gedankengut, das die Männer vor ihm ausbreiteten. Er wußte, daß es sich um das Prinzip der Verteilung wirtschaftlicher Macht drehte. Kapital und Produktionsmittel sollten in den Händen der Gesellschaft liegen, damit es mit der Ungleichheit zwischen den Menschen ein Ende habe. So war man in der Sowjetunion vorgegangen, erzählten die Männer. Als Rutja fragte, ob die Arbeiter in der Sowjetunion reich waren, und ob sie die Möglichkeit hatten, das Arbeiten bleiben zu lassen, sahen
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