Der Sohn des Donnergottes
zwangsläufig immer mal wieder auftauchten, mit den Gnomen und Wichtelmännchen bekannt zu machen. Erschien irgendein LKW-Fahrer oder ein Kommunalbeamter auf der Baustelle, stieß das wachhabende Wichtelmännchen im Graben neben dem Briefkasten einen schrillen Pfiff aus. Das war das Alarmsignal für die anderen Wichtelmännchen und Gnome: Sogleich schlüpfen sie in ihre Löcher. Wenn sich auch viele Außenstehende über den schnellen Fortgang der Arbeiten wunderten, so hatten sie doch keine Ahnung von dem wimmelnden Arbeitervolk, das gerade in sein Versteck gehuscht war. Hatte der fremde Besucher seinen Auftrag erledigt und war seiner Weg gegangen, kehrten die kleinen Arbeiter zurück. Die Wichtelmännchen sangen alte Arbeitslieder, an denen auch die Männer von Topi Juselius ihren Spaß hatten. Die Gnome hingegen begnügten sich damit, in die zementverschmierten Hände zu klatschen und zu johlen:
Ein Haus den Irren,
ein Irrenhaus,
hu, ha, heja hu!
Die Arbeiter schüttelten die Köpfe und bestätigten einander, noch nie auf einer so verrückten Baustelle gearbeitet zu haben. Viele hielten es für ein ziemliches Wunder, zusammen mit Erdgeistern und Wichtelmännchen an einem Irrenhaus zu bauen. Einer prahlte damit, einmal irgendwo am Rand von Moskau auf einer Molkereibaustelle gewesen zu sein, wo auch ganz schön was los gewesen sei. Die russischen Genossen waren mindestens genauso hervorragende Handlanger wie diese Gnome. Dann kam das Gespräch auf die arabischen Länder, wo viele von Juselius’ Männern als Zimmerleute gearbeitet hatten. Einer behauptete sogar, die Gnome seien ziemlich normale Gesellen, im Vergleich zu den Typen da unten mit ihren merkwürdigen Putzlumpen auf den Köpfen.
»Tagsüber durfte man keine Fahne haben, und wenn man abends mal ein Schlückchen trinken wollte – nix da, verdammt. Da gibt’s ein Gesetz, daß wenn du Schnaps trinkst, dir die Zunge am Gaumen festgetackert wird. Wenn du Europäer bist, kommt eine Woche später der Arzt und zieht dir die Klammern aus der Zunge, aber wenn du zufällig ein Muslim bist, der säuft, dann wechselt der Doktor bloß die Heftklammern aus und schneidet dir bei der Gelegenheit auch noch gleich das Zäpfchen raus. So geht’s da unten zu!«
Und so sangen die Gnome:
Zunge und Zäpfchen,
Putzlumpen, Prohibition,
hu, ha, heja hu!
Neben solchen Späßen erkundigten sich die Männern allerdings auch, ob die Gnome und Wichtelmännchen in der Gewerkschaft Bau, Steine, Erde waren, ob sie eigene Arbeitsverträge hatten, oder wie Rutja Ronkainen die Kerlchen sonst so behandelte. Insbesondere über die Anzahl der Gnome waren sie beunruhigt, – manche wollten wissen, daß es Hunderttausende davon in Finnland gab. Käme es im Land zu einem Streik im Baugewerbe, wie würden sich die Gnome und Wichtelmännchen dann verhalten? Würden sie Streikbrecher werden?
Rutja erklärte, den Gnomen würde kein Lohn gezahlt und sie würden auch nie bei von Streik betroffenen Arbeiten eingesetzt werden. Abgesehen davon ging es die Gewerkschaft nichts an, wie der Sohn des Donnergottes seine Erdgeister behandelte.
»Ihr habt wohl vergessen, daß Marx und Lenin Menschen waren. Ich bin immerhin der Sohn des Donnergottes.«
Maurer Sivakka und Installateur Hannula bestätigten, daß es sich so und nicht anders verhielt. Es war besser, Rutja nicht auf die Nerven zu fallen, falls man gut angesehen bleiben wollte. Als auch noch festgehalten wurde, daß die Arbeit der Gnome und Wichtelmännchen den Männern von Juselius gutgeschrieben werden sollte, kam niemand mehr auf die Idee, die Möglichkeit eines Sitzstreiks laut in Betracht zu ziehen.
Am Freitag kamen die Putz- und Küchenhilfen. Steuerprüferin Suvaskorpi erklärte ihnen, was zu ihrem Tätigkeitsbereich gehörte. Gemeinsam erstellten sie den Speiseplan und die Tagesordnung für die erste Pflegewoche.
Am Samstag wurde eine Fuhre Bett- und Tischwäsche, Reinigungsmittel, Geschirr und was man sonst noch so alles brauchte nach Ronkaila geliefert. Nachdem die Frauen, die Wichtelmännchen und die Gnome das ganze Wochenende geschuftet hatten, war am Sonntagabend alles für die ersten Hysteriker bereit.
Anelma und Sirkka protestierten, als Rutja ihnen befahl, aus dem neuen Gebäude in das sogenannte kleine Haus zu ziehen, ein altes Hofgebäude, daß früher als Gesindestube gedient hatte. Vor allem Anelma war wütend:
»Ich bin immerhin eine Tochter dieses Hauses, und so will ich behandelt werden. Wo soll ich
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